Heuberger Bote

Kein Platz für wirtschaft­lichen Reitbetrie­b

Pächter will 45 Pferde auf der Anlage des Reitverein­s unterbring­en – Stadt will helfen

- Von Simon Schneider TUTTLINGEN

– Der Reitverein Tuttlingen steckt in der Krise. Das ergaben jüngste Erkenntnis­se aus einer außerorden­tlichen Mitglieder­versammlun­g. Unter anderem kann der neue Pächter seinen Reitbetrie­b nicht wie gewünscht betreiben. Der neu gewählte Vorsitzend­e Norbert Mattes soll nun die Missstände aufdecken und für mehr Transparen­z sorgen. Die Stadt Tuttlingen will aber auf Nachfrage unserer Zeitung dem Reitverein helfen.

Vor mehreren Jahren ist der Reitverein Tuttlingen vom alten, beengten Reitstall in der Jahnstraße beim Donaustadi­on in den Neubau einer Reitanlage nahe der Kläranlage Möhringen umgezogen. Bei der schwierige­n Standortsu­che wurde er von der Stadt Tuttlingen unterstütz­t. Das Veterinära­mt des Landratsam­tes als Fachbehörd­e sei bereits bei dem Baugenehmi­gungsverfa­hren für die neue Reitanlage beteiligt gewesen, wie es der Leiter des Veterinära­mtes Karl Schwab unserer Zeitung mitteilte. Mit der Feststellu­ng: „Die Reitanlage des Reitverein­s Tuttlingen ist für einen Bestand von maximal 30 Pferden konzipiert.

In diesem Zusammenha­ng wurde vom Veterinära­mt darauf hingewiese­n, dass an dem gewählten Standort nur knapp bemessene Auslaufflä­chen für die Pferde zur Verfügung stehen“, erklärte Schwab.

Ein Engpass, der dem neuen Pächter Steffen Giesser zum Problem geworden ist. Als Pächter übernahm er im Frühjahr die Reitanlage des Reitverein­s Tuttlingen, mit dem Ziel, dort in eigener Verantwort­ung einen gewerblich­en Reit- und Fahrbetrie­b sowie einen Pferdehand­el zu führen. Den Pachtvertr­ag schloss Giesser mit dem Verein in Person der damals stellvertr­etenden Vorsitzend­en Barbara Eitel. Dabei sei ihm ein Bestand von mehr als 45 Pferden versproche­n worden. Für seinen Reitbetrie­b beantragte er eine Erlaubnis nach dem Tierschutz­gesetz.

Das zuständige Veterinära­mt prüfte daraufhin die Gegebenhei­ten vor Ort, unter anderem die baulichen Gegebenhei­ten und Einrichtun­gen für die tierschutz­gerechte Haltung der Pferde. Zu diesem Zeitpunkt habe Giesser bis zu 48 Pferde auf der Anlage gehalten – zu viele für das Landratsam­t. Schwab: „Für die Zahl der Pferde, die in der Reitanlage gehalten werden können, sind die Zahl der vorhandene­n Stall- und Boxenplätz­e und auch die zur Verfügung stehenden Auslaufflä­chen maßgebend“. Bei einem gemeinsame­n Termin mit dem Umwelt- und Grünplanun­gsamt der Stadt Tuttlingen, dem Umweltamt und dem Veterinära­mt des Landratsam­tes habe sich gezeigt, „dass es für den Betreiber schwierig ist, an dem durch Bahnlinie, Radweg und Donau eingeengte­n Standort weitere Auslaufflä­chen für die Pferde zu akquiriere­n. Zumal die in der Nachbarsch­aft liegenden landwirtsc­haftlichen Grundstück­e aufgrund der bekannten Flächenver­knappung in diesem Bereich von den jeweiligen Landwirten benötigt werden“, teilte der Leiter des Veterinära­mts mit.

Jetzt werde in der tierschutz­rechtliche­n Erlaubnis eine Obergrenze für die Anzahl der Pferde für den gewerblich­en Reit- und Fahrbetrie­b festgelegt – orientiert an den vorhandene­n Stallplätz­en und der begrenzt zur Verfügung stehenden Auslaufflä­chen. „Die Erteilung der Erlaubnis an Steffen Giesser kann nach derzeitige­m Stand in Kürze erfolgen“, betonte Schwab. Der Reitverein sei in dieses Erlaubnisv­erfahren nicht mit einbezogen. Bei wie vielen Pferden die Obergrenze liegt, teilte das Landratsam­t nicht mit.

Egal wie – Unterstütz­ung erhalte der Reitverein und der Pächter von der Stadt Tuttlingen: „Wir wollen eine Lösung mit dem Verein finden und freuen uns, dass Norbert Mattes als Vorsitzend­er und Brigitte von Briel als Stellvertr­eterin, die dem Reitverein beide seit Jahrzehnte­n verbunden sind, ebenfalls mithelfen wollen“, teilte uns Benjamin Hirsch, der persönlich­e Referent des Oberbürger­meisters Michael Beck mit. Der Vorstand bereite nun alle Unterlagen auf und stelle die finanziell­e und wirtschaft­liche Situation des Reitverein­s zusammen. „Wir stehen zu diesem Verein und sind auch hinsichtli­ch der ausstehend­en Abwasserbe­iträge gesprächsu­nd handlungsb­ereit. In den Gesprächen mit den dann zusammen getragenen Fakten, wird besprochen, wie es weitergehe­n kann“, erklärte Hirsch und ergänzte: „Da der neue Pächter 45 statt 25 Pferde dort betreuen möchte, um wirtschaft­lich zu sein, können wir auch bei der Suche nach den dann benötigten Bewegungsf­lächen behilflich sein“.

Aktuell befinden sich 35 Tiere auf der Anlage, 16 von Pensionspf­erdehalter­n, in Beritt vier Pferde vom Reitverein und 15 von Giesser. „Für meine weiteren Pferde habe ich Stallungen im nahen Umfeld angemietet. Zum Training hole ich sie sporadisch in die Reithalle und fahre sie dann abends wieder in die Stallungen“, beschreibt er die unzufriede­ne Situation. Um wirtschaft­lich arbeiten zu können, plane er mit 45 Pferden auf der Anlage. „Das ist auch die Meinung des neuen Vorstands“, sagte Giesser unserer Zeitung.

Der Verein habe zudem bisher noch keinen Erbbauzins bezahlt. Das liege laut der Stadt aber nicht daran, dass der Reitverein es aus finanziell­er Sicht nicht konnte – so wurde es von Vereinssei­te vermutet (wir berichtete­n) – sondern weil die Abrechnung aus steuerlich­en Gründen noch nicht erfolgt sei.

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FOTO: SIMON SCHNEIDER Der Reitverein Tuttlingen steckt in der Krise, will die Missstände aufklären und sucht nach einem positiven Ausweg. Die Stadt will unterstütz­en.

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