Eine Brauerin über ihr Leben auf der Walz
Auf ihrem Weg besucht die Gesellin auch Landrat Stefan Bär
(pm) Was für viele wie eine weitentfernte Phantasie klingt, wurde für die Münchenerin Lisa zur Realität. Vor rund zwei Jahren erfüllte sie sich den Traum und machte sich als gelernte Brauerin auf den Weg der Walz.
Der Begriff der Walz bezeichnet die Wanderschaft eines Handwerksgesellen nach Abschluss seiner Gesellenprüfung und der Freisprechung durch seinen Meister.
Wer auf die Walz gehen will, hat zwei Möglichkeiten. Entweder er schließt sich einer der Schächte - also Handwerkervereinigungen - an oder geht als Freireisender auf Wanderschaft. Jeder Schacht hat seine eigenen Riten und Regeln, dazu gehört auch die Kleidung, die während der Walz getragen wird. Dass Frauen auf der Walz sind ist ein noch relativ junges Phänomen. Frauen sind in den alten traditionellen Schächten nicht zugelassen. Und so reist Lisa als Angehörige des Schachts „Die vereinigten Löwenbrüder und Schwestern Europas“.
Ihre Kluft schützt sie, erklärt Lisa nicht ohne Stolz, denn weltweit genießen Gesellen auf Wanderschaft einen sehr guten Ruf. Damit das auch so bleibt, achten Wandergesellen untereinander darauf, dass Traditionen gepflegt und Regeln eingehalten werden. Fünf Kriterien müssen bereits erfüllt sein, bevor es losgehen kann. Wandernde Gesellen müssen jünger als 30 sein, unverheiratet, kinderlos, schuldenfrei und sie dürfen nicht vorbestraft sein. Auch die Nutzung eines Handys ist verboten. Das stört Lisa nicht. Im Gegenteil. Sie empfindet es als Bereicherung, dass sich ihr Leben seither entschleunigt hat und sie in Momenten der Begegnung ihre Gesprächspartner viel intensiver wahrnehmen kann. „Der Moment und die Begegnung ist gut wie sie ist und man vermittelt seinem Gegenüber nicht mit dem Blick aufs Handy, dass es eigentlich noch eine andere, bessere Option gäbe.“
So wie diese Regeln steht auch die Kluft der Wandergesellen in einer langen Tradition. Echte Kenner können anhand der Farben bereits erkennen, um welches Gewerk es sich handelt. So tragen beispielsweise Reisende der Lebensmittelhandwerke das sogenannte Hahnentrittmuster, Schneider reisen in Rot, die Bauhandwerke in grau und die Zimmerer in schwarz – der gängigen und bekanntesten Kluft.
Als Frau hatte Lisa das Bedürfnis, in einem Rock zu reisen, den sie sich für ihre Wanderjahre hat extra anfertigen lassen. Auch darf ein schwarzer Hut, zum Beispiel eine Melone oder ein Koks, nicht fehlen. Der Wanderstock, der als Stenz bezeichnet wird, und das Charlottenburger – ein Bündel für das Hab und Gut– komplettieren die Kluft.
Doch was hat Lisa motiviert, einen so außergewöhnlichen Beruf, wie den des Bierbrauens zu erlernen? Drauf gekommen ist die heute 26-Jährige nach mehreren Auslandsaufenthalten, unter anderem in den USA und Neuseeland. Während ihrer Schulzeit wohnte sie unweit der Paulaner-Brauerei in München und bei einem Schüleraustausch in den USA musste sie ein Referat halten über etwas, das typisch deutsch ist. „So habe ich mich das erste Mal sehr intensiv mit der Materie des Bierbrauens beschäftigt und habe festgestellt, wie komplex das Ganze ist“, erklärt die Brauerin. Ziemlich schnell war ihr dann klar, dass sie auf keinen Fall studieren würde. Lisa hat im Brauereihandwerk ihre Berufung gefunden. Gelernt hat sie in Freisingen, in der Forschungsbrauerei.
In Tuttlingen gefällt es ihr gut. Hier hat sich ihr dann auch eine neue Wandergesellin angeschlossen – eine Winzerin. Lisa wird sich als „Exportgesellin“die ersten Monate um die Winzerin kümmern und sie in die Gepflogenheiten des reisenden Handwerks einweisen. Derzeit trifft sie alle Vorbereitungen, um den Start in das neue Leben zu gestalten.
Mehr Informationen zum Thema Walz gibt es auch auf der Homepage des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH)