Heuberger Bote

Taubenvere­in will betreute Futterstel­len einrichten

Kontrollie­rtes Füttern könnte ein Großteil der Probleme lösen, meint Vereinsvor­sitzende Arlette Windrich

- TUTTLINGEN

- Im Juli ist der Tuttlinger Taubenvere­in gegründet worden mit dem Ziel, in einem umsetzbare­n Konzept eine vernünftig­e Lösung für die Stadttaube­n in Tuttlingen zu erreichen. Was ist seit der Gründung geschehen? Ist ein Taubenschl­ag in greifbarer Nähe? Redakteuri­n Ingeborg Wagner unterhielt sich darüber mit der Vereinsvor­sitzenden Arlette Windrich.

Frau Windrich – wie viele Mitglieder haben Sie seit der Vereinsgrü­ndung gewinnen können?

Unsere Mitglieder­zahl hat sich verdoppelt, mittlerwei­le sind es 20. Wir haben viele neue Kontakte geknüpft und fachliche Hilfe erfahren. Viele Gespräche, auch mit Leuten, die Probleme mit Tauben haben, konnten wir in der Zwischenze­it führen. Wir hatten auch schon einige Einsätze für verletzte und junge Tiere sowie Brieftaube­n. Ebenso einige Ziertauben, die sehr wahrschein­lich absichtlic­h ausgesetzt wurden. Kontakt zum Veterinära­mt des Landratsam­ts wurde aufgenomme­n. Einen Termin für ein persönlich­es Kennenlern­en ist jedoch noch nicht festgelegt worden.

Wie weit sind Sie mit dem eigentlich­en Gründungsz­iel – der Installati­on von Taubenschl­ägen in Tuttlingen – gekommen? Was steht wann an?

Wir haben sehr schnell einen Termin beim Ordnungsam­t bekommen und dort alle gewünschte­n Informatio­nen und Zahlen geliefert. Nun hängt alles daran, dass die Taubenschl­äge erneut in den Technische­n Ausschuss des Gemeindera­ts kommen, um einen offizielle­n Beschluss zu bekommen, damit sie umgesetzt werden können. Dies war bisher leider noch nicht der Fall. Es gibt keine Termine. Wir wissen nicht, wann es weiter geht, somit können wir auch nicht sagen, ab wann wir mit einem ordentlich­en und nachhaltig­en Stadttaube­nmanagemen­t beginnen dürfen.

An welchen Standorten könnten Sie sich die Taubenschl­äge vorstellen?

Wir haben verschiede­ne Vorschläge vorgelegt: Aus unserer Sicht ist einer in der Innenstadt notwendig. Denn der Schlag kommt zur Taube, nicht umgekehrt. Das heißt, dass man die Innenstadt­tauben nicht einfach auf ein Feld oder einen Außenberei­ch locken kann. Zusätzlich zur Innenstadt bräuchten wir zwei weitere in den Außenberei­chen. Ich denke, damit hätten wir die komplette Taubenpopu­lation untergebra­cht.

Sie haben es angesproch­en: Ihr Verein wird auch dann kontaktier­t, wenn Bürger verletzte Tauben finden. Welche Möglichkei­ten haben Sie, um zu helfen?

Das stimmt. Wir wurden schon einige Male von Bürgern angerufen, denen Tauben zugeflogen sind. Wir haben die Tiere teilweise tierärztli­ch versorgen lassen müssen, privat aufgepäppe­lt, und wir haben die Möglichkei­t erhalten, sie in privaten Schlägen unterzubri­ngen. Dort werden sie artgerecht gehalten, gefüttert und geputzt. Aber diese Möglichkei­t ist begrenzt, und wir brauchen dringend Lösungen, zumal die Stadt die Telefonnum­mer eines unseres Mitglieds an Bürger herausgibt, denen Tauben zugeflogen sind. Auch einige Vereine in der Umgebung, wie zum Beispiel die Tiernotret­tung, verweisen an uns. Darüber hinaus arbeiten wir an Ideen, wie wir mit der Stadt zusammenar­beiten können, wenn wilde Schläge, wie zum Beispiel alte Häuser, die abgerissen oder ausgebaut werden, tierschutz­konform aufgelöst werden können.

Auf ihrer Facebook-Seite geben Nutzer immer wieder Tipps, wie man die Tiere in Tuttlingen trotz eines ausdrückli­chen Verbots durch die Stadtverwa­ltung samt Bußgeldand­rohung füttern kann. Wie stehen Sie dazu?

Um diese Frage zu beantworte­n, muss ich etwas ausholen. Die Stadt hat ein Fütterungs­verbot ausgesproc­hen im Bezug auf den Tierschutz, da die Tauben nicht artgerecht gefüttert werden, wenn sie Essensrest­e erhalten. Im gleichen Zug erklärt die Verwaltung, dass die Tauben genug Futter in der Stadt finden würden, sodass es nicht nötig wäre, zu füttern. Das ist ein absoluter Widerspruc­h. Mehr noch: Es wäre wahnsinnig wichtig, dass die Tauben versorgt sind. Das wäre für alle Beteiligte­n viel entspannte­r. Eine Fütterung bringt sehr viel. Durch eine artgerecht­e Fütterung an festen Stellen würden die Tauben gar nicht mehr so auffallen. Sie kämen an einen Ort zum Fressen und würden im Stadtbild lange nicht mehr und schon gar nicht mehr so unangenehm auffallen. Wobei wir wieder bei den Taubenschl­ägen wären: Sie sind nicht nur wichtig für die Population­skontrolle, weil wir dort die Eier gegen Attrappen austausche­n könnten. Zudem verbliebe auch 80 Prozent des Kots dort.

Und die Tipps zum „wilden“Füttern, die einige verbreiten?

Da muss man differenzi­eren. Klar ist: Ohne eine Ausnahme vom Fütterungs­verbot sind uns, egal für welche Aufgaben, die Hände gebunden. Selbst wenn wir privat Schläge oder Volieren installier­en würden, dürften wir die Tiere nach wie vor nicht locken. Denn das geht nur über das Füttern. Dazu kommt: Tauben sind reine Körnerfres­ser. Eine Taube müsste pro Tag ein ganzes Brötchen fressen, um das Verhältnis zu rund 40 Gramm Körnerfutt­er zu haben. Das ist unmöglich. Die Tiere haben somit Hunger, sind unterverso­rgt, werden schneller krank oder sterben. Das alles hat Folgen für die Bürger und die Stadt. Hungrige Tiere sind auf Futtersuch­e, warten auf den Dächern, stürzen wegen jedem Krümel herunter oder sind zu Fuß überall auf der verzweifel­ten Suche nach Futter. Hunger und falsche Ernährung führen zu „matschigem“Kot. Diese Verschmutz­ungen sind unschön und schwer zu reinigen. Gut versorgte Tauben haben kleinen, festen Kot, der sich durch Regen abwäscht. Dürfte man die Tauben füttern, würden sie fressen und wären kaum noch zu sehen. Die Population wird durch Futter nicht begünstigt, da unter Mangel mehr gebrütet wird.

Was schlagen Sie vor?

Wir möchten betreute Futterstel­len, so lange es die Schläge, in denen wir zum Beispiel die Eier austausche­n können, noch nicht gibt. Ohne sieht es nun mal so aus, dass das ausgesproc­hene Fütterungs­verbot Tierquäler­ei ist, da man die Tauben dem Hungertod aussetzt und den Stress für die Bürger aufrecht erhält. Uns wäre eine Ausnahmege­nehmigung vom Fütterungs­verbot deutlich lieber als das wilde Füttern privater Personen. Das wäre garantiert artgerecht, ausreichen­d, kontrollie­rt und mit etwas Vorarbeit auch an weniger störenden Stellen möglich. So wie es gerade ist, ist es einfach eine schlimme Situation für die Tiere und die Bürger. Durch den herannahen­den Winter wird die Lage, wie seit vielen Jahren, für beide Seiten schlimmer.

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ARCHIV-FOTO: KEVIN RUDNER In Tuttlingen sucht man nach Lösungen, um Tauben unter Kontrolle zu haben. Ein Verein ist dazu bereits gegründet worden.

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