FDP fordert Offenlegung von Schülerzahlen
FDP möchte Offenlegung von Anmeldedaten an einzelnen Schulen
(kab) - Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, das die Anmeldezahlen an konkreten Schulen geheim hält. Das kritisiert die oppositionelle FDP schon lange. Am Donnerstag debattiert nun der Stuttgarter Landtag über einen Gesetzentwurf der Liberalen, der mit der Geheimhaltung Schluss machen soll. Rückenwind für diesen Vorstoß gibt es etwa vom Landesbeauftragten für Informationsfreiheit, vom Schüler- und vom Elternbeirat. Viele andere schlagen sich indes auf die Seite von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), die eine solche Änderung ablehnt.
- Wie viele Eltern haben ihre Kinder auf welcher Schule angemeldet? Wer in Baden-Württemberg hierfür Zahlen sucht, sucht vergeblich. Ein Zustand, den die FDP im Stuttgarter Landtag mit einer Gesetzesinitiative nun ändern will.
Vor einem Jahr haben sich die Liberalen einen Schlagabtausch mit Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) geliefert, den die CDU im Bodenseekreis ausgelöst hatte. Diese hatte auf Facebook veröffentlicht, wie viele Anmeldungen einzelne Schulen im Kreis verzeichneten. Das durfte sie nicht, so Eisenmann. Für die FDP war es indes der Anstoß, mehr Transparenz im Umgang mit solchen Daten einzufordern.
Ihr Mauern erklärt Eisenmann damit, dass sie die Schulen schützen wolle. Würde sie die Anmeldezahlen veröffentlichen, könnte das zu einem „Schulranking“führen. „Hier geht es schlicht darum, zu verhindern, dass Ranglisten entstehen, die eine verzerrte Darstellung der schulischen Realität abbilden und einzelnen Schulen in der öffentlichen Wahrnehmung schaden“, hatte sie erklärt.
Zudem verwies Eisenmann auf geltendes Recht, konkret auf das Landesinformationsfreiheitsgesetz, das Grün-Rot in der vorigen Legislaturperiode verabschiedet hat. Der Paragraf 4 darin regelt, in welchen Bereichen der Informationsfluss eingeschränkt werden kann. Etwa dann, wenn sich diese Informationen negativ auswirken können auf „die Vertraulichkeit von leistungsbezogenen Daten einzelner öffentlicher Schulen.“So heißt es in Absatz 11. Diesen Absatz will die FDP ersatzlos streichen. Über einen entsprechenden Gesetzentwurf der Fraktion berät der Landtag am Donnerstag.
„Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir eine Misstrauens-Maßnahme der Landesregierung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern beseitigen“, betont FDP-Bildungsexperte Timm Kern. „Diese haben nach unserer Auffassung beispielsweise ein Recht zu erfahren, wie viele Schülerinnen und Schüler an den einzelnen weiterführenden Schulen zum jeweiligen Schuljahr angemeldet wurden.“Gleiches gelte auch für schulscharfe Zahlen zum Unterrichtsausfall.
Nico Weinmann, Datenschutzexperte der Fraktion, verweist auf die Sonderregelung für Baden-Württemberg.
In keinem anderen Bundesland würden Informationen zu Anmeldezahlen eingeschränkt – zumal es nicht um personenbezogene Daten gehe. „Das Landesinformationsfreiheitsgesetz dient dazu, den Bürgern Informationsrechte zu sichern. Das Kultusministerium nutzt es aber als Vorwand, um ihr unliebsame öffentliche Debatten zu unterdrücken“, sagt Weinmann.
Rückendeckung bekommen die Liberalen von Stefan Brink. Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hatte das Gesetz als „handwerklich schlecht und unverständlich“kritisiert und mehr Transparenz gefordert. Es sei Aufgabe der Ministerin, schlechte Anmeldezahlen zu erklären statt sie zu verschweigen. „Diese Regelung dient weder dem Schutz der Schulen noch dem Schutz deren Erziehungs- und Bildungsauftrags“, schreibt er nun in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf – den er befürwortet. Damit ist er nicht allein. Viele Stellungnahmen unterschiedlichster Gruppierungen begrüßen den Drang nach mehr Transparenz. Zu den Unterstützern gehört der Landesschülerbeirat. Auch der Landeselternbeirat votierte dafür – aber mit knapper Mehrheit, wie der Vorsitzende Michael Mittelstaedt erklärt. Er selbst hat sich vorab kritisch geäußert. „Wenn die Ministerin sagt, ich möchte nicht, dass daraus falsche Schlüsse gezogen werden, kann ich das verstehen. Zahlen sagen zunächst nichts aus.“Er plädierte indes für mehr inhaltliche Vergleichbarkeit, „ähnlich wie beim Kauf eines Fernsehers“. Gibt es Sozialarbeiter? Wie ist die Lehrerversorgung? Wie viel Platz haben die Schüler? „Das böte einen nachvollziehbaren Vergleich“, so Mittelstaedt.
Gegen die Veröffentlichung der Daten positionieren sich unter anderem die kommunalen Spitzenverbände als Sprachrohre der Schulträger, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie Vertreter unterschiedlicher Schularten. Der Beamtenbund, zu dem auch der Verband Bildung und Erziehung gehört, schlägt einen Kompromiss vor: Leistungsbezogenen Daten wie Notendurchschnitte sollten weiter geheim bleiben. Allgemeine Zahlen etwa zu den Anmeldungen an einer Schule könnten derweil öffentlich werden.
Als Oppositionsfraktion hat die FDP kaum Chancen, ihren Wunsch nach Reform durchzusetzen. Grüne und CDU unterstützen diese nicht.
„Diese Regelung dient weder dem Schutz der Schulen noch dem Schutz deren Bildungsauftrags“
Stefan Brink, Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit