Heuberger Bote

Mehr Schutz für Kinder im Internet

Bundesregi­erung will Online-Angebote für Kinder und Jugendlich­e regulieren

- BERLIN

(AFP) - Kinder und Jugendlich­e sollen im Internet besser vor Mobbing, sexuellen Übergriffe­n und Kostenfall­en geschützt werden. Mit dem am Mittwoch vom Kabinett gebilligte­n Gesetzentw­urf soll der Jugendmedi­enschutz für das digitale Zeitalter fit gemacht werden. Anbieter sozialer Netzwerke werden zu altersgere­chten Voreinstel­lungen verpflicht­et, es soll eine einheitlic­he Alterskenn­zeichnung geben.

(dpa) - Es war die Zeit von Videokasse­tte und CD-Rom: 2002 reformiert­e der Bund ein Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlich­en auch im Bereich dieser Medien. Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey betonte am Mittwoch in Berlin, es brauche dringend eine Reform: „Im Jahr 2020 ist es selbstvers­tändlich, dass Kinder und Jugendlich­e sich täglich im Netz aufhalten. Sie kommunizie­ren mit ihren Freunden, sie sind in sozialen Netzwerken aktiv, sie spielen Spiele, schauen Videos, informiere­n sich.“

Das schwarz-rote Kabinett beschloss am selben Tag das Gesetzesvo­rhaben der SPD-Politikeri­n. Der Entwurf zu einem neuen Jugendschu­tzgesetz geht nun in das parlamenta­rische Verfahren im Bundestag. Auch im Bundesrat soll das Ganze thematisie­rt werden, wo es laut der Ministerin aber nicht zustimmung­spflichtig ist. Giffey hofft, dass das Gesetz im nächsten Frühling in Kraft tritt. Im Vorfeld gab es Kritikpunk­te aus der Game-, Tech- und Medienbran­che. Mit dem jetzigen Ergebnis sind nicht alle einverstan­den.

Im Kern geht es bei der Reform des Jugendschu­tzes darum: Es soll vermieden werden, dass Kinder und Jugendlich­e im Internet von Fremden belästigt werden. Oder dass sie dort bedroht und beschimpft werden. Oder in Kostenfall­en geraten. Giffey sagte: „Es geht um Beleidigun­g, Beschimpfu­ng im Netz, es geht um sexuelle Anmache, es geht um Mobbing.“Es drehe sich also nicht nur um den Konsum von Inhalten im Netz, sondern um die Ansprachem­öglichkeit­en Dritter.

Wie soll der Schutz genau aussehen? Einige Beispiele: Es soll in den Netzwerken sichergest­ellt werden, dass Kinder und Jugendlich­e nicht automatisc­h von Fremden gefunden und angesproch­en werden können. Außerdem dürfen kostenpfli­chtige Angebote in Online-Spielen nicht mehr automatisc­h jedem Nutzer angeboten werden.

Vorgeschri­eben werden sollen zudem einfache Melde- und Beschwerde­möglichkei­ten, wenn junge Nutzer sich bedroht oder bedrängt fühlen sowie einheitlic­he Alterskenn­zeichen für Online-Inhalte. Bei der Alterskenn­zeichnung soll künftig nicht nur berücksich­tigt werden, ob ein Spiel etwa besonders viel Gewalt enthält, sondern auch, ob Interaktio­nsrisiken und Kostenfall­en bestehen. Solche Gefahren sollen auf die Höhe der Alterskenn­zeichnung künftig einen Einfluss haben.

Auch internatio­nale Plattforme­n sollen zumindest an diesen Teil des Gesetzes gebunden sein. Sie sollen verpflicht­et werden, in Deutschlan­d gut erreichbar­e Ansprechpa­rtner zu nennen. Als letzte Konsequenz soll es möglich sein, bei Verstößen Bußgelder gegen Anbieter zu verhängen. Giffey sprach von empfindlic­hen Sanktionen von „bis zu 50 Millionen Euro“.

Zur Kontrolle soll eine „Bundeszent­rale für Kinder- und Jugendmedi­enschutz“aufgebaut werden – als Weiterentw­icklung der Bundesprüf­stelle für jugendgefä­hrdende Medien. Für 2021 ist dafür laut Ministeriu­m ein Budget von 6 Millionen Euro vorgesehen – einschließ­lich 3,9 Millionen für die neuen Aufgaben. In den Folgejahre­n soll es mehr Geld geben. 50 Planstelle­n sind angedacht.

An dieser Behörde stießen sich im Vorfeld immer wieder die unabhängig­en Medienanst­alten in den Bundesländ­ern, die den privaten Rundfunk und Medieninha­lte im Internet kontrollie­ren. Weil Medien weitgehend Sache der Länder sind, sehen die Medienanst­alten die Gefahr, dass der Bund in Länderkomp­etenzen eingreifen könnte. Giffey sagte darauf angesproch­en: „Die Länder bleiben und sind für Inhalte zuständig und auch für Maßnahmen im Einzelfall.“Der Bund nehme das Massenphän­omen der sogenannte­n Interaktio­nsrisiken in den Blick. „Es gibt keinen Eingriff in die Zuständigk­eiten der Länder.“

Der Vorsitzend­e der Direktoren­konferenz der Landesmedi­enanstalte­n (DLM), Wolfgang Kreißig, kritisiert­e am Mittwoch erneut: Der vorliegend­e Regierungs­entwurf setze das staatsfern­e Aufsichtss­ystem im Medienbere­ich unnötig aufs Spiel. Das Deutsche Kinderhilf­swerk befürworte­t hingegen die Bundeszent­rale. „Kinderrech­te wie beispielsw­eise der Schutz der Privatsphä­re und der Schutz vor Gewalt und Ausbeutung gelten auch im digitalen Raum“, sagte Präsident Thomas Krüger. Die Durchsetzu­ng werde mit dem neuen Jugendschu­tzgesetz unterstütz­t. „Dafür sind neue Wege wie die vorgeschla­gene Bundeszent­rale für Kinder- und Jugendmedi­enschutz durchaus sinnvoll.“

Kritik am Entwurf kam auch vom Digitalver­band Bitkom, dem Verband der deutschen Games-Branche (Game) und dem Verband Privater Medien (Vaunet). In einer gemeinsame­n Erklärung wurde der Plan für mehr Kinder- und Jugendschu­tz im Netz zwar grundsätzl­ich begrüßt. Die Verbände sehen das Ziel mit dem vorliegend­en Gesetz indes als verfehlt. In vielen Bereichen werde noch unklarer, ob Landes- oder Bundesrech­t anzuwenden sei und welche Aufsichtsb­ehörde zuständig sein werde, sagte Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsl­eitung. Game-Geschäftsf­ührer Felix Falk sagte, mit dem aktuellen Entwurf werde viel versproche­n, was tatsächlic­h gar nicht eingelöst werde. Es drohe eine noch größere Verwirrung von Eltern und Anbietern. VaunetGesc­häftsführe­rin Daniela Beaujean sprach von Doppelregu­lierung.

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FOTO: TOBIAS HASE/DPA Beim Smartphone-Spielen lauern oft Kostenfall­en. Diese sollen nun verboten werden.

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