Heuberger Bote

Singende Soldatenfr­auen

„Mrs. Taylor’s Singing Club“ist ein Wohlfühlfi­lm, bei dem der Ernst mitläuft

- Von Stefan Rother Mrs. Taylor’s Singing Club.

Eine bunt zusammenge­würfelte Gruppe setzt sich ein ambitionie­rtes Ziel, für das sie nicht gerade übermäßig qualifizie­rt ist – und erreicht es dann gegen große Widerständ­e: Auf dieser Ausgangsid­ee basieren zahlreiche, vorzugswei­se britische Wohlfühlko­mödien. Eine der bekanntest­en davon ist „The Full Monty – Ganz oder gar nicht“aus dem Jahr 1997 von Peter Cattaneo. Der Regisseur drehte darauf noch drei weniger bekannte Filme und widmete sich nach 2008 nur noch dem Fernsehen. Jetzt markiert „Mrs. Taylor's Singing Club” seine Rückkehr auf die große Leinwand. Auf den ersten Blick erinnert hier einiges an seine oscarnomin­ierte Geschichte über eine Gruppe männlicher Arbeitslos­er, die sich als Stripper versucht – bietet im Vergleich aber doch deutlich ernstere Elemente.

Im Original heißt der Film „Military Wives“und basiert auf der realen Geschichte der „Military Wives Choirs“, die seit 2010 auf britischen Militärbas­en aus dem Boden geschossen sind. Recht eindrückli­ch zeigt der Film die Herausford­erungen des Lebens der Soldatenfr­auen: Ihre Männer sind teils Monate im Einsatz, immer wieder gibt es in der Zeit aus Sicherheit­sgründen Kontaktspe­rren. Jedes Telefonkli­ngeln weckt zudem die Sorge, dass es Neuigkeite­n von einer Verwundung gibt; und wenn zwei Männer mit ernstem Gesichtsau­sdruck vor der Haustür stehen, ist die Wahrschein­lichkeit groß, dass der Ehepartner in einem Sarg nach Hause kommt.

Auch wenn die im Film gezeigte Basis nicht im Ausland, sondern in Großbritan­nien steht, haben die meisten Frauen keine volle Beschäftig­ung außerhalb – sie übernehmen Aufgaben auf der Basis und kümmern sich um die Kinder. Ablenkung verschaffe­n Home-Shopping-Fernsehkan­äle sowie ein oder mehrere Gläser Wein. Auch Kate Taylor (Kristin Scott Thomas), die Frau des Colonels (Greg Wise), schlägt so die Zeit tot.

Für die Frauen der Basis hat die ebenso steife wie dominante Frau aber ein anspruchsv­olleres Programm im Angebot – was bei der lockeren Lisa (Sharon Horgan), die sich bislang um die Freizeitge­staltung kümmerte, nicht gerade auf Begeisteru­ng stößt. Einen gemeinsame­n Nenner findet man dann aber schließlic­h doch: Ein Chor soll gegründet werden und möglichst irgendwann auch einmal öffentlich auftreten. Bei der Umsetzung dieses Vorhabens gehen die Meinungen dann aber schon wieder stark auseinande­r …

Das Aufeinande­rprallen dieser unterschie­dlichen Charaktere ist es dann auch, was den Film trotz vieler wohlbekann­ter Versatzstü­cke über den Durchschni­tt hebt. Gerade Scott Thomas gibt ihrer nicht immer sympathisc­hen Figur einiges an Tiefe. Zudem sorgen die Wortgefech­te der beiden sowie einige amüsante Nebenchara­ktere für die humorvolle­n Aspekte des Films.

Eine reine Komödie sollte man aber nicht erwarten, da dem Thema angemessen auch Tod und Verlust eine Rolle spielen. Für die mitreißend­en Momente sorgt schließlic­h die Musik, die überwiegen­d aus gut abgehangen­en 80er-Jahre-Hits wie „Shout“oder „Only You“besteht. Die Chorversio­n des Cindy-LauperSong­s „Time after Time“und eine selbst geschriebe­ne Nummer geraten zudem durchaus emotional.

Manchem mag eine Einordnung des Kriegsgesc­hehens und der im Kern doch sehr konservati­ven Vorstellun­g des Daseins als Soldatenfr­au fehlen. Die resolute Lisa wischt das Thema beiseite, als ein Gegner des Afghanista­n-Einsatzes ihr ein Flugblatt in die Hand drückt: Gegen den Krieg zu sein, sei ein Privileg, das man sich nicht leisten könne – schließlic­h sei man „mit ihm verheirate­t“.

Regie: Peter Cattaneo. Mit Kristin Scott Thomas, Sharon Horgan, Greg Wise. Großbritan­nien 2019. 112 Minuten. FSK ab 6 Jahre

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FOTO: LEONINE/DPA Da wo man singt, da lass dich ruhig nieder: Die resolute Kate (Kristin Scott Thomas, links) zieht mit Lisa (Sharon Horgan) einen Chor der Soldatenfr­auen auf.

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