Revision gegen „Todespfleger“-Urteil
SPAICHINGEN (dk) - Im Münchner „Todespfleger“-Prozess haben die Angehörigen der verstorbenen Spaichingerin Gisela A. Revision gegen das Urteil des Landgerichts München I eingelegt. Damit wird sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall beschäftigen. Das Landgericht hatte den Angeklagten Grzegorz W. in der vergangenen Woche zu einer lebenslangen Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.
Das „Lebenslang“bezog sich aber nur auf drei der angeklagten sechs Mordfälle; in drei weiteren Fällen hat die Kammer den Täter freigesprochen – darunter den Fall Spaichingen. Im Fall von Gisela A., die 2018 starb, sah das Gericht die Schuld des Hilfspflegers als nicht zweifelsfrei erwiesen an. Bereits die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer einen Freispruch in diesem Fall gefordert; dem folgte die Kammer aus drei Berufsrichtern und zwei Schöffen dann auch.
In den drei Fällen des Freispruchs hatte eine der Nebenklägerinnen bereits in ihrem Schlussvortrag Kritik an einem möglichen Freispruch geübt und eine Revision angekündigt; sie und der Tuttlinger Rechtsanwalt Bernhard Mussgnug, der die Familie von Gisela A. vertritt, haben die Revision nun fristgerecht eingelegt, so ein Sprecher des Gerichts. Beide werden sie begründen, wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt. Zudem wird die Staatsanwaltschaft die Revision prüfen und überlegen, ihr beizutreten; die nächste Instanz ist dann der Bundesgerichtshof. Der Karlsruher BGH wird den Fall nicht neu verhandeln, sondern nach Aktenlage auf Sach- und Formfehler überprüfen.
Unterdessen wurde bekannt, dass jetzt auch die Chefin der Agentur von Grzegorz W. ins Visier der Justiz geraten ist. Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren wegen falscher uneidlicher Aussage vor Gericht gegen sie eingeleitet. Sie soll als Zeugin im Prozess gegen den Hilfspfleger falsch ausgesagt haben. Auch die Nebenkläger sehen die Agentur, die den Polen als Haushaltshilfe vermittelte, in der Verantwortung – unter anderem, weil die Chefin die Vorstrafen des Mannes verschwiegen haben soll.