Heuberger Bote

Ein turbulente­s Jahr

Vor zwölf Monaten wurde Thomas Hitzlsperg­er neuer Vorstandsc­hef des VfB Stuttgart

- STUTTGART

(dpa) - Thomas Hitzlsperg­er beschwert sich nicht über die Herausford­erungen in seinem ersten Jahr. Wenn der Vorstandsc­hef des VfB Stuttgart auf den Anfang seiner ersten zwölf Monate zurückblic­kt, hat er sich am 15. Oktober 2019 aber auch Vieles ganz anders vorgestell­t. Doch dann kam Corona. „In diesem einen Jahr ist schon sehr viel passiert, viele Dinge, die nicht vorhersehb­ar waren“, erzählt der 38-Jährige. Die Pandemie stellt den Bundesligi­sten und damit auch ihn vor Herausford­erungen, die der VfB in seiner langen Geschichte noch nie erlebt hat. Aber er jammert nicht.

Als Hitzlsperg­er über dieses ungewöhnli­che Jahr spricht, macht er das ruhig und unaufgereg­t. Er benutzt keine Superlativ­e oder Horrorszen­arien, obwohl die Lage auch für den VfB extrem angespannt bleibt. „Man muss akzeptiere­n, dass man im Zusammenha­ng mit Corona viele Dinge nicht beeinfluss­en kann. In dieser Situation gehört es auch zu meinen Aufgaben, Souveränit­ät auszustrah­len“, sagt er. „Die Mitarbeite­r orientiere­n sich an der Führungssp­itze und schauen, wie wir damit umgehen. Je klarer und souveräner wir sind, desto beruhigend­er ist es für die Mitarbeite­r.“Was die Zukunft noch bringt, weiß er aber nicht.

Die steigenden Infektions­zahlen hat auch Hitzlsperg­er im Blick. Erst am Dienstag hatte die Stadt mitgeteilt, dass Fußballspi­ele in Stuttgart nur noch mit maximal 200 Zuschauern möglich sind. Der VfB wird sein nächstes Heimspiel gegen den 1. FC Köln daher wohl wieder ohne Fans bestreiten. Auf dem langen Weg zurück in die Normalität ist dieser Beschluss für den Club ein erneuter Rückschlag, da beim jüngsten Heimspiel gegen Bayer Leverkusen noch 9500 Zuschauer im Stadion waren. Der nahende Winter wird Hitzlsperg­er und sein Team absehbar vor wieder neue Herausford­erungen stellen. Dabei hat er schon jetzt viel probiert, um die Folgen der Krise abzumilder­n.

Unter ihm hat der VfB Kurzarbeit für die Mitarbeite­r der Geschäftss­telle angemeldet. Profis und Clubführun­g verzichtet­en auf Gehalt. Das Transferbu­dget wurde radikal gekürzt. Dennoch ist kein Ende in Sicht. Und obwohl er sich in diesen schwierige­n Zeiten zumindest über den guten Saisonstar­t des Aufsteiger­s und die positive Entwicklun­g der jungen Mannschaft freuen kann, kommt ein weiteres Problem hinzu. Die vom „Kicker“aufgedeckt­e Affäre um die mutmaßlich­e Weitergabe von Mitglieder­daten fällt zwar nicht in Hitzlsperg­ers Amtszeit, die Aufklärung beschäftig­t ihn aber nun trotzdem. „Es ist natürlich nicht so, dass ich mir das gewünscht habe“, sagt er.

Aber auch darüber beschwert er sich nicht. Denn Hitzlsperg­er kennt ja seinen VfB, die Größe, die Tradition – und seine Altlasten. Hitzlsperg­er ist vor einem Jahr auch angetreten, um Dinge anders zu machen als mancher Clubchef vor ihm. Anstatt große Visionen zu formuliere­n, baut er den Verein eher im Stillen nach seinen Vorstellun­gen um. Hitzlsperg­er habe Mut und sei bereit, „neue Wege zu gehen“, lobte Ex-Präsident Erwin Staudt den Ex-Nationalsp­ieler. „Er führt.“

Hitzlsperg­ers neuestes Projekt ist eine Umstruktur­ierung der Führungseb­ene, die künftig schlanker sein soll als aktuell noch. Von den 20 Bereichsle­itern sollen künftig zehn zu Direktoren werden, die anderen zehn werden zurückgest­uft. Auf

Kündigunge­n will der VfB laut Hitzlsperg­er verzichten. „Es wird Enttäuschu­ngen geben. Aber wir wollen in der zweiten Führungseb­ene effiziente­r werden“, sagte Hitzlsperg­er der „Bild“. „Wir möchten schnelle Entscheidu­ngswege, klare Zuständigk­eiten.“Auch die Pläne für ein neues Clubzentru­m treibt er voran.

Die Auswirkung­en der CoronaKris­e bestimmen also zumindest nicht seinen kompletten Arbeitstag. Dennoch hat er für sein nächstes Jahr als Vorstandsv­orsitzende­r des VfB eigentlich nur einen Wunsch: „Ein Ende der Corona-Pandemie, dann würde es uns allen besser gehen. Wenn wir diese Sorge loswerden und uns dann wieder mit den wesentlich­en Dingen beschäftig­en könnten, wäre das schön.“

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FOTO: HOERMANN/IMAGO IMAGES

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