Knast-Schmuggel per Drohne
Bayern schießt die Flugobjekte ab – Baden-Württemberg setzt auf andere Maßnahmen
- Sie können Gefängnisse anfliegen, dort Häftlinge filmen oder sogar Handys, Drogen und Waffen schmuggeln: Drohnen werden für Justizvollzugsanstalten (JVA) zunehmend zum Problem. Bayerns Gefängnisse wappnen sich deshalb gegen die Fluggeräte. Der Freistaat testet mit einem Pilotprojekt an acht Gefängnissen ein System zum Abschießen der kleinen, unerwünschten Flugobjekte. Dabei wird mit einer Spezialwaffe ein Netz auf eine Drohne gefeuert, die sich in dem Geflecht verfangen und abstürzen soll. Ein Vorbild auch für Baden-Württemberg?
Auch an Gefängnissen im Südwesten gibt es immer mehr Vorfälle mit Drohnen: „Die Berichte erstreckten sich bislang von Drohnensichtungen über dem Anstaltsbereich, Informationen von Gefangenen zu geplanten Schmuggelversuchen mittels Drohnen bis hin zu einzelnen Funden von abgestürzten Drohnen“, teilt das baden-württembergische Justizministerium auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit. Begonnen habe das Problem 2015 – damals seien zwei Flugobjekte im Jahr gesichtet worden. 2018 stieg die Zahl bereits auf den bisherigen Höchststand von 14 Sichtungen. Im aktuellen Jahr ist es laut Justizministerium bisher zu fünf Vorkommnissen mit Drohnen gekommen.
„In der überwiegenden Anzahl der Fälle handelte es sich dabei lediglich um Überflüge über den Anstaltsbereich“, erklärt die Sprecherin des Justizministeriums. Allerdings habe man vier Drohnen sichergestellt, die für den Transport von Mobiltelefonen oder Betäubungsmitteln präpariert waren.
In Bayern verhält es sich ähnlich: Hier wurden laut bayerischem Justizministerium seit 2015 auf dem Gelände oder in unmittelbarer Nähe von Gefängnissen 57 Drohnen gesichtet – zwei davon waren mit Schmuggelware beladen. Deshalb hat sich der Freistaat 15 Netzpistolen zugelegt. „Wenn der Pilotversuch gut läuft, werden wir mehr besorgen“, sagt Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Die Waffen wurden von einer Schweizer Firma entwickelt und sind dort schon seit Jahren im Einsatz, wie Christian Gauer, Gesellschafter der Firma Droptec, sagt. „Mit dem Aufkommen und der rasanten Verbreitung von Drohnen entstand eine große Sicherheitslücke“, teilt das Unternehmen mit. Drohnen seien heute leistungsfähiger denn je, ein günstiges Exemplar könne schon 500 Gramm transportieren, etwas größere sogar mehrere Kilogramm. Und das bedeutet, dass damit im Zweifel nicht nur Handys und Drogen den Weg über die Gefängnismauern schaffen können – sondern auch Waffen.
In Österreich ist die Drohnenabwehr ebenfalls schon in Gefängnissen im Einsatz – allerdings bislang „nur im Rahmen von Übungen und Trainings“. Die Erfahrungen damit seien durchaus positiv, sagt eine Sprecherin des österreichischen Justizministeriums. Für Baden-Württemberg kommt das „Dropster “genannte Drohnenabwehrsystem allerdings nicht infrage: „Nach bisheriger Erkenntnis und Einschätzung im Haus ist der Netzwerfer allein nur bedingt erfolgversprechend“, erklärt eine Sprecherin des baden-württembergischen Justizministeriums. Die Waffe könne nur dann effizient eingesetzt werden, wenn die Drohnen auch zuverlässig detektiert werden. Dafür aber sei ein zusätzliches System nötig, das Drohnen in der Luft selbstständig erkennt.
Ein ähnliches Pilotprojekt wie in Bayern sei auch für Baden-Württemberg erwogen worden, so die Sprecherin weiter. „Die prognostizierten Kosten, hätte man sich für die effiziente Kombination aus Drohnendetektionssystem und dem mobilen Drohnenabwehrsystem , Dropster’ entschieden, bewegten sich jedoch im siebenstelligenBereich. “Die Lösung, wie in Bayern nur die manuellen Netzwerfer anzuschaffen, habe das Justizministerium nicht überzeugt. Dort bezahlt der Freistaat 75 000 Euro Materialkosten für das Pilotprojekt, dazu kommen noch Schulungen für die Mitarbeiter. Außerdem geht jeder Abschuss ins Geld: Eine Gaspatrone, die ein 2,4 Meter mal 2,4 Meter großes Netz enthält, kostet 150 Euro.
Dafür hat das Justizministerium andere Maßnahmen ergriffen, um die unerwünschten Flugobjekte den Gefängnissen fernzuhalten: In Zusammenarbeit mit dem weltweiten Marktführer im Bereich Drohnenherstellung sei für die Justizvollzugsanstalten im Land das sogenannte Geo-Fencing realisiert worden, so die Ministeriumssprecherin. „Anhand von Geo-Daten wurden ,No-Fly-Zones’ über den Anstaltsbereichen der baden-württembergischen Justizvollzugsanstalten eingerichtet, sodass ein Einfliegen in so gekennzeichnete Bereiche – zumindest mit den Drohnen dieses Herstellers und dieser Software – nicht möglich ist.“
Daneben setzt das Justizministerium vor allem auf mechanische Sicherheitsvorkehrungen. So sollen insbesondere die Fenster der Hafträume gegen aktuelle Modelle ausgetauscht werden. Durch diese speziellen Fenster soll das Hereinschmuggeln unerlaubter Gegenstände dann nicht mehr möglich sein.