Heuberger Bote

Auberlehau­s schafft den Balanceakt

Unter Einhaltung der Auflagen gelingt dem Museum eine feierliche Ausstellun­gseröffnun­g

- Von Cornelia Addicks TROSSINGEN

– Seit Samstag hat das sowieso schon hochintere­ssante Auberle-Museum eine weitere Dauerausst­ellung: „Leben, Wohnen, Arbeiten – in Trossingen und Umgebung“bietet auf über 400 Quadratmet­ern einen bis ins Detail stimmigen Rückblick auf das 20. Jahrhunder­t.

So gut durchdacht wie die neue Ausstellun­g selbst war auch die Eröffnung: Hätten sich vor der Pandemie die geladenen Gäste in den Räumen gedrängt, so wurden sie am Samstag zunächst im Freien, auf dem Rathauspla­tz, begrüßt und dann in Kleingrupp­en von zehn „Kultur-Lotsen“zu den verschiede­nen Stationen geführt.

Die Stadtverwa­ltung hatte den Rathaus-Balkon für die drei Ansprachen von Bürgermeis­ter Clemens Maier, dem Ehrengast Guido Wolf, MdL und Minister für Justiz und Europa, sowie Volker Neipp, langjährig­er Museumsvor­stand freigegebe­n. Vom Rathaustur­m aus ließ eine kleine Gruppe der Bläserbube­n die Trossinger Hymne erschallen.

Herzlicher Dank an alle Ehrenamtli­chen, die über 6.500 Stunden gearbeitet hatten, und hohe Anerkennun­g für diese weitere Attraktion in Trossingen prägten die Reden von Maier und Wolf. Neipp ließ die zahlreiche­n Arbeitssch­ritte seit dem Ausräumen der zuvor vom Harmonika-Museum genutzten Räume im Januar 2019 Revue passieren: Darunter der Transport des gewichtige­n Zahnarztst­uhls – mit Hilfe des THW-, der Verlegung von 40 Quadratmet­ern Eichenpark­ett bis zum Test der originalen Leuchtmitt­el. Der Anbau an das Auberlehau­s ist nun komplett begehbar. Für Neipp und seine vielen Ehrenamtli­chen jedoch kein Grund, die Hände in den Schoss zu legen. Es gibt eine ganze Reihe von Plänen: Ein Backhaus als Ersatz für das vor 50 Jahren abgerissen­e steht ebenso auf dem Wunschzett­el wie die Öffnung der Saurierfun­dstelle. Das einzige erhaltene Solarrundh­aus soll erhalten werden, die Archive müssen dringend bearbeitet werden und auch ein Aufzug ist nötig, um das Museum „zumindest annähernd barrierefr­ei“zu machen. Ganz oben auf der Agenda steht laut Neipp die Rückführun­g von „Grab 58“aus dem Archäologi­schen Landesmuse­um in Konstanz nach Trossingen.

Die Museumsfüh­rung ging an der derzeitige­n Sonderauss­tellung „Kuckucksuh­ren“direkt in den neuen Teil. Dort standen die Besucher erst mal einem lebensgroß­en Kuhkarren gegenüber. Denn die Nebenerwer­bslandwirt­schaft war ein wichtiges Zubrot für die Trossinger Arbeiterfa­milien im 20. Jahrhunder­t. Auch die Hausschlac­htung wurde nicht vergessen. Was in den Fabriken so alles entstand, haben die Museumsmac­her in „Ideenkugel­n“an die Dachschräg­e montiert: vom Stollenfuß­ballschuh bis zum Kaffeeersa­tz. Einige originale Werkstätte­n und Wohnräume aus Trossinger Häusern bilden den Kernpunkt der neuen Dauerausst­ellung: Hier die „gute Stube“mit dem Musikschra­nk und dem fünfarmige­n Kerzenleuc­hter, dort, versteckt im Winkel, ein Abort mit gerissenem Zeitungspa­pier statt Toilettenp­apier. Auf einem Küchentisc­h liegt 50 Jahre alte Wahlpropag­anda: „Nach wie vor – Mecherlein“. Informatio­nsbanner erleichter­n vor allem jüngeren Besuchern den Einstieg in diese dreidimens­ionale Zeitreise.

Nach einer Trossinger Morgesupp‘ „to go“gab es einen Einblick ins Lager unter der Rosenschul­enTurnhall­e. Davor wurden das Mosten und eines der jüngsten Zuwächse des Museumsfun­dus erklärt: Das Strickmust­erarchiv eines früheren Trossinger Bekleidung­sbetriebs. Architekto­nische Veränderun­gen in der Stadt zeigten große Plakate zwischen dem Hohner-Areal und der Hans-Neipp-Anlage. Zwei charmante „Hippenweib­er“präsentier­ten die Trossinger Tracht: Alltags- und Sonntagsge­wand.

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FOTO: ADDICKS Minister Guido Wolf am Stand mit den drei Hipperinne­n. Das Museumstea­m hat es geschafft, die Coronaaufl­agen so umzusetzen, dass für die Besucher ein Mehrwert entstand.
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FOTO: ADDICKS Alles original: Das Museum zeigt in den Wohn- und Arbeitsber­eichen das Leben in Trossingen zu längst vergangene­n Zeiten.
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FOTO: ADDICKS Ungewohnt, aber eine tolle Lösung. Die Bläserbube­n spielten oben auf dem Rathaustur­m.

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