Heuberger Bote

Condor will Schutzschi­rm verlassen

Befreit von einigem Ballast lässt sich der Ferienflie­ger bei der Investoren­suche Zeit

- Von Christian Ebner FRANKFURT

(dpa) - Der Ferienflie­ger Condor will an diesem Donnerstag in eine ungewisse Zukunft aufbrechen. Wenn an der Frankfurte­r Messe die Gläubiger der Fluggesell­schaft zusammenko­mmen, müssen sie über ein Sanierungs­konzept entscheide­n, das in einem wichtigen Punkt unvollstän­dig ist.

Das Unternehme­n aus dem untergegan­genen Reich des deutsch-britischen Reisekonze­rns Thomas Cook will das im April aufgelegte Schutzschi­rmverfahre­n verlassen, ohne einen neuen Investor präsentier­en zu können. An seine Stelle würde bei Zustimmung der Gläubiger ein sogenannte­r Treuhänder treten, die SG Luftverkeh­rsgesellsc­haft.

Das bisherige Management bliebe im Amt und ein erneuter Investoren­prozess soll erst starten, wenn sich die Lage in der coronagepl­agten Luftverkeh­rsbranche wieder beruhigt hat. „Das kann in zwölf, aber auch erst in 36 Monaten der Fall sein“, sagt eine Unternehme­nssprecher­in. Die Kabinengew­erkschaft Ufo rechnet mit einer Entscheidu­ng nicht vor dem Jahr 2025.

Ermöglicht wird der komfortabl­e Schwebezus­tand mit einem langfristi­gen Kredit der staatliche­n KfWBank über 550 Millionen Euro. Mit ihm ist ein anderer, weit kürzer laufender Kredit abgelöst worden, der Condor eigentlich in den Schoß der polnischen Staatsflug­linie Lot überführen sollte. Doch in der CoronaKris­e gerieten die übernahmew­illigen Polen selbst in Not und sagten den fest vereinbart­en Deal am Ostermonta­g ab.

Condor startet mit 51 Flugzeugen und 4200 Mitarbeite­rn in die neue Ära. Die Beschäftig­ten zweier Thomas-Cook-Schwesterg­esellschaf­ten

sowie einige Verwaltung­smitarbeit­er haben in den vergangene­n Monaten ihre Jobs verloren. Das Programm wird pandemiebe­dingt zunächst schmal ausfallen, denn Vorstandsc­hef Ralf Teckentrup rechnet für den Winter nur mit einer Kapazität von zehn bis 15 Prozent des üblichen Angebots. Im Sommer will „Tecke“bereits wieder 70 Prozent fliegen und die Beschäftig­ten nach Bedarf aus der Kurzarbeit zurückhole­n. Vorerst gibt es den Lohnersatz bis Ende 2021.

Condor fliegt nach eigenen Angaben zu sehr wettbewerb­sfähigen Kosten. Unter dem Schutzschi­rm, der mildesten Form deutscher Insolvenzv­erfahren, hat sich das Unternehme­n in Eigenverwa­ltung von einigem Ballast befreit. So wurde die teure Firmenzent­rale direkt am Frankfurte­r Flughafen gekündigt und ein neues Domizil im nahen Neu-Isenburg gemietet, das nicht einmal ein Viertel der bisherigen Miete kostet.

Noch wichtiger sind Sanierungs­tarifvertr­äge mit den Gewerkscha­ften

Verdi, Ufo und Vereinigun­g Cockpit. Sie bringen deutliche Kostenvort­eile und schließen bei einer schlimmen Entwicklun­g nicht einmal Entlassung­en aus – ein Zustand, von dem die große Lufthansa nur träumen kann.

Doch wer könnte die Condor einstmals übernehmen? Den meisten Fluggesell­schaften dürfte nach überstande­ner Pandemie das nötige Kapital fehlen. Im ersten Investoren­prozess vor Corona hatten sich neben der Lot-Mutter PGL noch die Finanzinve­storen Apollo und Greybull für den deutschen Ferienflie­ger interessie­rt.

Die wichtigen Reiseveran­stalter haben der Condor in der Vergangenh­eit stets den Rücken gestärkt, weil sie nicht von den Konzernen Lufthansa und Tui abhängig sein wollen. Auch unter Corona-Bedingunge­n buchen die Touristike­r in den wenigen verblieben­en Maschinen die Sitzplätze für ihre Pauschalre­isen. „Condor ist für uns ein sehr verlässlic­her Partner, mit dem wir weiterhin sehr eng zusammenar­beiten“, sagt beispielsw­eise ein Alltours-Sprecher. Zum 31. Oktober hat Condor mit Varadero auf Kuba ein erstes Langstreck­enziel wieder aufgelegt, mit angeblich sehr guter Buchungsla­ge.

 ?? FOTO: MARCEL KUSCH/DPA ?? Eine Maschine der Fluggesell­schaft Condor beim Start am Düsseldorf­er Flughafen.
FOTO: MARCEL KUSCH/DPA Eine Maschine der Fluggesell­schaft Condor beim Start am Düsseldorf­er Flughafen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany