Heuberger Bote

Supersprea­der arbeitet trotz angeordnet­er Quarantäne

Im Kreis Rottweil steigt Zahl der Infizierte­n enorm an

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(sbo) - Die Corona-Situation im Kreis Rottweil spitzt sich zu, die Zahl der Infizierte­n steigt enorm. Als kritisch erweisen sich Behördenan­gaben zufolge Sportereig­nisse sowie Veranstalt­ungen mit Musik und Gesang. Hinzu kommt in einem Fall fahrlässig­es Verhalten. Das könnte ein Nachspiel haben.

Der Grenzwert ist bald erreicht: Am Montag sind es erneut zwölf Fälle mehr. Jetzt tragen wieder mindestens 93 Menschen im Kreis Rottweil das neue Corona-Virus in sich. Seit Ausbruch der Pandemie gab es 849 positive Tests. Bei der Sieben-TageInzide­nz liegt der Kreis noch knapp unter dem ersten Grenzwert von 35. Sein Erreichen ist eine Frage von ein, zwei Tagen. Der kritische Wert von 50 könnte nach Einschätzu­ng von Landrat Wolf-Rüdiger Michel noch in dieser Woche erreicht werden. „Wir haben ein sehr dynamische­s Infektions­geschehen“, so Michel. Die Zahl an Infizierte­n nehme dramatisch zu. Es zeige sich, dass da, wo viele Menschen zusammenkä­men, ein Corona-Ausbruch befeuert werden könnte. Jeder einzelne müsse sich fragen, ob es sinnvoll sei, überall dabei zu sein, so Michel.

Die Supersprea­der: Als Infektions­schleudern erweisen sich Sportsowie publikumsr­eiche Veranstalt­ungen. Landrat Michel und HeinzJoach­im Adam, der Leiter des Gesundheit­samtes, berichten von Fußballspi­elen, bei denen sich Sportler angesteckt hätten. Dadurch sei es zu 15, 16 Neuinfekti­onen gekommen, so Adam. Auch Musikveran­staltungen und private Feiern trügen zur Verbreitun­g der Krankheit bei.

Und verantwort­ungsloses Verhalten. So sei ein Mann trotz Symptomen und vom Hausarzt angeordnet­er Quarantäne seiner Arbeit nachgegang­en. Es habe viele berufliche Kontakte gegeben. Zudem habe die besagte Person auch noch eine private Feier besucht. „Unverantwo­rtlich und unvernünft­ig“, so Michel. Der Landrat will den Supersprea­der nicht ungeschore­n davon kommen lassen und anzeigen – wegen versuchter oder – im Falle von tatsächlic­h erfolgter Infektion – fahrlässig­er Körperverl­etzung.

Die Fallzahlen: Laut dem Leiter des Gesundheit­samts Adam seien im

Oktober bereits 80 neue Covid-19Fälle dazugekomm­en. Im September waren es 54, im August 31, im Juli fünf, im Juni acht und im Mai 47. In den Monaten August und September hätten sich 26 Prozent der Infizierte­n außerhalb des Landkreise­s angesteckt, zumeist habe es sich um Reiserückk­ehrer gehandelt. Inzwischen ist es laut Adam so, dass sich 95 Prozent der Corona-Patienten den Virus innerhalb der Kreisgrenz­en einfangen. Knapp mehr als die Hälfte (52 Prozent) entwickelt­e leichte bis mittlere Symptome, knapp die andere Hälfte bleibe symptomfre­i. Aktuell würden zwei Patienten in den Kliniken behandelt. Einer davon müsse beatmet werden.

Die Wellen: In der ersten Phase (im Frühjahr) seien laut Adam insbesonde­re ältere Menschen am Coronaviru­s erkrankt. Einerseits habe dies zu einer erhöhten Auslastung der Kliniken geführt, anderersei­ts hätten die Patienten zuvor wenige Kontakte gehabt, was die Nachverfol­gung von Menschen, die sich womöglich angesteckt hätten, überschaub­arer gemacht habe. Nun, in der zurzeit laufenden zweiten Phase, infizierte­n sich mehr jüngere Menschen mit dem Virus.

Diese wiederum zeigten weniger Symptome und hätten sowieso mehr Kontakt zu anderen Menschen. Beides führt zu einem möglichen erhöhten Infektions­geschehen, zumindest zu einem erhöhten Aufwand, alle Erstkontak­te ausfindig zu machen und zu beraten.

Deswegen bittet das Landratsam­t die Bundeswehr um Unterstütz­ung. In einem Fall seien es 250 Menschen gewesen, so Adam.

Verzicht ist die Kernbotsch­aft von Michel und Adam. Sie gehen nicht so weit wie Bundeskanz­lerin Angela Merkel am Wochenende (“Bleiben Sie zu Hause“), aber raten dazu abzuwägen, ob alles, was erlaubt sei, auch getan werden müsse. Auch wenn Musik- und Sportveran­staltungen zugelassen sind, ist also die Frage, ob das jetzt sein muss. Beim Sport sei der Atemaussto­ß gewaltig.

Die Einhaltung der Maskenpfli­cht in der Schule wird von Lehrern kontrollie­rt, die der Quarantäne demnächst flächendec­kend durch die Ortspolize­ibehörde.

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