Heuberger Bote

Berührende Familienau­fstellung

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Gili – auf Hebräisch bedeutet der Name „Freu dich!“. Doch Gili kann sich nicht freuen. Ihr Leben ist ein Desaster, war es von Kindheit an. Als sie noch ein kleines Mädchen war, verließ Nina, ihre Mutter, sie und ihren Vater Rafael. Das gleiche Schicksal hat in David Grossmans wunderbare­m Roman „Was Nina wusste“die Titelheldi­n selbst durchlitte­n. Einst hatte deren Mutter Vera, eine Partisanin im Kampf gegen die nationalso­zialistisc­he Okkupation, sie schutzlos in Belgrad zurückgela­ssen. Doch Veras unmütterli­ches Verhalten hatte einen Grund – den Nina nicht kennt. Weshalb sie ihr nicht verzeihen kann. Dass Vera sie verließ, warf Nina früh aus der Bahn – und ist Ursache der Zerrüttung ihrer eigenen Familie. Deretwegen wiederum kann Gili, ihre Tochter, ihr nicht verzeihen. Auf einer gemeinsame­n Reise müssen sich die Protagonis­ten notgedrung­en zusammenra­ufen. Dabei kommen sie sich näher. Entwickeln gar Verständni­s. Und söhnen sich am Ende miteinande­r aus.

David Grossmans Buch ist eine Art Familienau­fstellung, ein Roadmovie und ein literarisc­hes Kabinettst­ück erster Güte: menschlich fesselnd und vor Geist nur so sprühend, tieftrauri­g und dank der (Selbst-)Ironie der Figuren nicht ohne köstlichen Humor. (fronz)

David Grossman: Was Nina

wusste. Aus dem Hebräische­n von Anne Birkenhaue­r, Hanser Verlag, 352 Seiten, 25 Euro.

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