Tönende Sterne und verschlungene Chöre
„Musikalische Feierstunde zu Allerheiligen“unterstützt Sanierung der Späth-Lenter-Orgel
- Ein klangvoller, besinnlicher Abend hat am Sonntag in der Theresienkirche als „Musikalische Feierstunde zu Allerheiligen“stattgefunden. Wie schon in den vergangenen elf Jahren bereicherten engagierte Trompetenschüler des Musikpädagogen Matthias Hoppmann die nachdenklich-meditativen Wortbeiträge und luden zur Kontemplation und inneren Versenkung in verschiedene Aspekte des Lebens ein.
Begleitet wurden die Trompetensoli von Kantor Edgar Blaas an der digitalen Orgel, die seit 2015 die renovierungsbedürftige Späth-LenterOrgel in der Gemeinde ersetzt. Ein Anliegen des Abends war es daher auch, die Sanierung der großen Orgel zu unterstützen, um sie für kommende Generationen zu erhalten.
Bärbel Ottendörfer und Pfarrer Thomas Schmollinger rückten dieses Jahr in ihren Textbeiträgen Blickpunkte auf das Leben von Hermann Hesse in den Fokus. Der „Sinnsucher, Weltenbummler, Weltgeist, HeimatSuchende“und Hörende „mit Eigenund Gemeinsinn“brach als Jugendlicher aus den Zwängen seines engen evangelischen Seminars aus und sah sich mit einer Welt konfrontiert, die gleichzeitig voller „Enge und Weite“ist. Ausgewählte Texte des meistgelesenen deutschsprachigen Schriftstellers des 20. Jahrhunderts gaben den Zuhörenden am Abend vor Inkrafttreten der schärferen CoronaBedingungen bewegende und anregende Impulse mit. So könne man beim Zurückblicken und Abstand halten vom Lärm der Gegenwart im Leben immer wieder feststellen: „Nichts wird bleiben wie es ist!“. In Hesses Leben seien Lebens- und Weltkrisen nichts Fremdes gewesen und hätten oftmals Entwicklungen angestoßen. So habe Hesse während einer Krise beispielsweise begonnen, Aquarellbilder zu malen, von denen einige derzeit in der Galerie in VS-Schwenningen ausgestellt werden.
Die für den Abend ausgewählten Werke seines lyrischen Schaffens thematisierten eindrücklich Aspekte von Wandel, Abschied und Neubeginn und appellierten an den Mut, Veränderungen des Lebens zu begrüßen um das Blühen und Verblühen der Dinge zu ihren Zeiten zu ermöglichen.
Werke von Henry Purcell, Georg Fr. Händel, Peruzzi Baldassare und Charles Burney, die die Solisten Janes Hinz, Konrad Kohnen und Tom Schaedler mit Orgelbegleitung von Kantor Blaas darboten, sorgten für musikalische Pausen um das Gehörte wirken zu lassen. Orgelimprovisationen im französischen Kantoralstil über einzelne von Hoppmann auf der Trompete präsentierten musikalischen Phrasen aus der Allerheiligenmesse luden die Zuhörenden mit einem Spaziergang durch verschiedene tonale Klangfarben dazu ein, die gedanklichen Impulse in eigenen Reflexionen zu vertiefen.
Ein besonderer Hörgenuss ereignete sich schließlich im Übergang von der Improvisation über das "Agnus Dei" aus der Allerheiligenmesse zu Hesses Gedicht „Flötenspiel“: Die Klänge der Orgel wanderten in kleinen Intervallabständen nach und nach in die höheren Register, in denen die langen Orgeltöne plötzlich ausschließlich als feines Pfeifen wahrnehmbar waren. Dies verlieh dem nun ganz anders erlebbaren Fließen der Zeit eine besondere Eindringlichkeit. Der sich anschließende Vortrag von Hesses Versen über das Lied eines Flötenspielers wurde mit gleichzeitiger, leiser Orgelimprovisation atmosphärisch inszeniert.
Die von Hesse ausgedrückte Sehnsucht nach den Klängen einer Orgel, die in den Worten des Lyrikers „Firmamente“aus „tönenden Sternen“konstruieren und vielstimmig
„in verschlungenen Chören“Gefühle von „Sehnsucht, Trauer, Engelsfreude“ausdrücken, könne für die Zuhörenden aber schon in einem Jahr durch „die fantastischen Klänge der renovierten und sanierten Orgel“gestillt werden, versprach Ottmar Hölsch vom Förderkreis „Freunde der Kirchenmusik an St. Theresia“.