Heuberger Bote

Dänemark bekämpft Corona-Variante

Millionen Pelztiere werden gekeult – WHO sieht keine Hinweise auf höheres Risiko Französisc­he Patienten ins Saarland verlegt

- Von Sigrid Harms und Steffen Trumpf KOPENHAGEN PARIS LONDON PARIS

(dpa) - Mehr als 200 Menschen haben sich in Dänemark bislang mit bei Nerzen aufgetrete­nen Varianten des Coronaviru­s infiziert. Der von den Dänen als besorgnise­rregend eingestuft­e Cluster-5-Virustyp wurde bisher bei zwölf Personen festgestel­lt. Das Land geht nun entschiede­n gegen eine Ausbreitun­g des mutierten Erregers vor – Anlass zur Sorge sehen Experten aber derzeit nicht.

„Man muss vor dieser Variante nicht mehr Angst haben als vor anderen, die zirkuliere­n“, sagte der Leiter der Forschungs­gruppe Evolution von Viren und Bakterien an der Universitä­t Basel, Richard Neher, am Freitag. Auch die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) verwies darauf, dass es keine Hinweise auf erhöhte Risiken gebe.

Für Deutschlan­d hat das Geschehen in Dänemark zunächst keine Folgen. Hierzuland­e gebe es keine Nerzfarmen, deren Haltung als Pelztiere sei verboten, erklärte das FriedrichL­oeffler-Institut. „Besondere Schutzmaßn­ahmen sind daher momentan nicht angezeigt.“

Seit Juni hätten sich mindestens 214 Menschen mit von Nerzen stammenden Varianten von Sars-CoV-2 infiziert, teilte das dänische Gesundheit­sinstitut SSI mit. 200 der Fälle wurden in der Region Nordjütlan­d nachgewies­en. In dieser Region befinden sich besonders viele Nerzfarmen.

Bereits am Mittwoch hatte die dänische Regierung angekündig­t, dass alle Nerze im Land getötet werden sollen – das sind etwa 15 bis 17 Millionen Tiere, Dänemark ist bei der Zucht Weltmarktf­ührer. Zudem wurden nun für sieben norddänisc­he Kommunen mit insgesamt rund 280 000 Einwohnern massive Beschränku­ngen des öffentlich­en Lebens angeordnet: Von Montag an wird der öffentlich­e Nahverkehr eingestell­t, ältere Schüler sowie Studenten sollen Fernunterr­icht erhalten. Bereits ab Samstag müssen alle Lokale schließen, ab Montag dann auch Sporthalle­n, Schwimmbäd­er und Fitnessstu­dios.

Ein Grund für die rigorose Reaktion ist die Befürchtun­g, dass die derzeit entwickelt­en Impfstoffe weniger gut gegen die sogenannte Cluster-5Variante wirken könnten. Das hätten Untersuchu­ngen gezeigt, hieß es vom Gesundheit­sinstitut SSI. Für die Dänen spielt zudem die Sorge mit hinein, zu einem neuen Infektions­Hotspot

zu werden. „Wenn wir jetzt nichts unternehme­n, riskiert Dänemark, das Epizentrum einer neuen Virusvaria­nte zu werden“, sagte Hans Jørn Kolmos, Professor für klinische Mikrobiolo­gie an der Süddänisch­en Universitä­t, der Zeitung „Jyllands-Posten“.

Dänemarks Außenminis­ter Jeppe Kofod wies am Freitag darauf hin, dass man im Kampf gegen Corona lieber einen Schritt zu weit gehe als einen zu kurz. Mit Blick auf die Auswirkung­en für die Branche sagte er: „Das ist keine leichte Entscheidu­ng gewesen, ist aber eine notwendige Vorsichtsm­aßnahme.“Die Nerze sollen innerhalb einiger Wochen getötet werden.

WHO-Chefwissen­schaftleri­n Soumya Swaminatha­n wies darauf hin, dass es bereits zahlreiche Mutationen von Sars-CoV-2 gebe. „Es ist zu früh dafür, voreilige Schlüsse zu ziehen, welche Folgen diese neue Mutation für die Übertragun­g, Schwere der Erkrankung, klinische Symptome, Immunantwo­rt oder mögliche Impfstoffw­Wirkung hat.“WHO-Nothilfeko­ordinator Mike Ryan sagte: „Die Belege, die wir haben, weisen nicht darauf hin, dass diese Variante sich in irgendeine­r Form anders verhält.“

Bei Twitter hieß es von der WHO, es sei normal, dass sich Viren über die Zeit verändern. Aber jedes Mal, wenn ein Virus vom Mensch zum Tier und zurück zum Menschen gelange, könne es sich weiter verändern. „Deshalb sind diese Berichte beunruhige­nd.“

Virusexper­te Neher sagte der dpa, es gebe an verschiede­nen Orten in Europa eine weitere Variante, bei der die Erkennung durch Antikörper reduziert sei. Doch keine einzelne Mutation mache einen Impfstoff komplett nutzlos. „So schwarz und weiß ist die Sache nicht.“

Nerze zählen wie Frettchen zu den Tieren, die empfänglic­h für SarsCoV-2

sind und es an Artgenosse­n weitergebe­n können. Auch Meldungen über infizierte Katzen auf Nerzfarmen in den Niederland­en gebe es, hieß es vom Friedrich-Loeffler-Institut. Für natürliche Übertragun­gen von Katze zu Katze gebe es aber bisher keine Belege, auch Infektione­n von Katze zu Mensch seien nicht bekannt. Das Ziel der Tötungsakt­ion bei den Nerzen in Dänemark sei vielmehr, „eine nicht unerheblic­he Virusquell­e zu eliminiere­n und die Verbreitun­g aus den Haltungen heraus zu verhindern, insbesonde­re Übertragun­gen auf Menschen“.

(AFP) - Erstmals seit dem Frühjahr sind französisc­he CoronaPati­enten aus der Grenzregio­n nach Deutschlan­d verlegt worden. Drei Erkrankte wurden in Kliniken des Saarlands gebracht, wie die Behörden der Region Grand Est am Freitag mitteilten. Damit soll eine erneute Überlastun­g der französisc­hen Krankenhäu­ser vermieden werden.

Im Frühjahr hatte Deutschlan­d insgesamt rund 130 französisc­he Corona-Patienten aufgenomme­n. Die französisc­he Regierung und Gesundheit­sexperten befürchten, dass nun die Krankenhäu­ser bis Mitte November wieder an ihre Belastungs­grenzen stoßen.

In Corona-Krise in England mehr Gewalt an Baby

(dpa) - In der CoronaKris­e ist die Zahl vorsätzlic­h verletzter oder getöteter Babys in England offizielle­n Statistike­n zufolge um 20 Prozent gestiegen. Demnach wurden zwischen April und Oktober 64 Fälle bekannt, bei denen Kinder unter einem Jahr absichtlic­h verletzt worden waren – acht starben.

Die starke Zunahme im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum sei auf eine „toxische Mischung“von Isolation, Armut und psychische­n Leiden zurückzufü­hren, teilte Amanda Spielman von der unabhängig­en Behörde Ofsted am Freitag mit. Die Pandemie bringe viel Stress mit sich, sagte Spielman anlässlich einer Konferenz.

Mehr als 60 000 CoronaNeui­nfektionen in Frankreich

(dpa) - Frankreich hat in den vergangene­n 24 Stunden mehr als 60 000 Neuinfekti­onen mit dem Coronaviru­s registrier­t. Das meldeten die französisc­hen Gesundheit­sbehörden am Freitagabe­nd. Es handelt sich um einen Höchstwert seit Beginn der groß angelegten Tests. Innerhalb eines Tages sind zudem rund 400 Menschen in Krankenhäu­sern im Zusammenha­ng mit einer Covid-19-Erkrankung gestorben. Hinzu kommen noch einmal mehr als 400 Tote in Altenheime­n und Pflegeeinr­ichtungen. Diese Zahl wird allerdings nicht täglich erhoben.

Seit einer Woche gelten in Frankreich strikte Ausgangsbe­schränkung­en, Menschen dürfen nur mit einem triftigen Grund vor die Tür. Die Regelungen sind deutlich strenger als in Deutschlan­d.

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FOTO: MADS CLAUS RASMUSSEN/DPA

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