Schiller würde Maske tragen
Virologe Christian Drosten hat die Schillerrede in Marbach gehalten
(KNA) - Der Dichter Friedrich Schiller würde nach Überzeugung des Berliner Virologen Christian Drosten heute Maske tragen. In seiner am Sonntag online veröffentlichten Marbacher Schillerrede betont Drosten, jeder sei aufgefordert, nicht nur aus Pflicht und Verantwortung zu handeln; auch Neigung und Lust gehörten untrennbar dazu.
Drosten würdigt Schiller als „überzeugten Kämpfer für die Freiheit“. Auch Forscher und Wissenschaftler wollten frei und unabhängig arbeiten und „keinem Fürsten, sondern der Erkenntnis dienen“. Mit Blick auf die Covid-Erkrankung betont Drosten, die Pandemie sei „kein unabwendbares Schicksal“. Die Menschen bestimmten durch ihr Verhalten selbst, ob sich die Lage verschlimmere oder verbessere. Für Schiller sei klar gewesen, dass persönliche Freiheit nicht losgelöst von der Gesellschaft gelingen könne.
Das Virus könne nicht wegretuschiert werden, so Drosten. Eine Herausforderung ergebe sich „aus dem begrenzten öffentlichen Verständnis für die Logik wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns“. Der Weg dahin sei mit einer Expedition ins Unbekannte zu vergleichen, die Irrungen und Rückschläge einschließe. Für politische Entscheider sei das „wissenschaftliche Treiben eine regelrechte Zumutung“, weil das politische Handeln einer grundlegend anderen Logik folge. Kurskorrekturen im Umgang mit der Pandemie sind für den Virologen „absehbar und naheliegend“. Dass die Politik sie vollzogen habe, „spricht klar für und nicht gegen sie“.
Die Schillerreden erinnern an den Geburtstag des Dichters Friedrich Schiller am 10. November 1759. Drosten hatte 2003 den Erreger von Sars entdeckt und gilt als Experte für Coronaviren. Bislang haben unter anderen auch Cem Özdemir, Ernst Ulrich von Weizsäcker, Jan Philipp Reemtsma, Norbert Lammert, Monika Grütters, Jan Assmann und Richard von Weizsäcker eine Schillerrede gehalten.