Wirtschaftsförderer verlässt Trossingen
Matthias Sacher wechselt zur Kreisbau Tübingen – Als Geschäftsführer der Wohnbau viele Projekte auf Weg gebracht
- Von Trossingen nach Tübingen: Der Wirtschaftsförderer und Geschäftsführer der Wohnbau, Matthias Sacher, verlässt die Musikstadt zum Jahresende. Der 48-Jährige war seit 2012 in Trossingen tätig. In diese Zeit fielen unter anderem die Erweiterung des interkommunalen Gewerbegebiets Neuen und die Entwicklung der neuen Baugebiete „Am Stadtgarten“und „Albblick“. Sacher wechselt in leitender Funktion zur Kreisbau Tübingen GmbH.
Eine lange Liste legt Sacher vor, wenn er auf seine acht Jahre in Trossingen zurückblickt. „Es gab viele lose Enden – man musste diese nur zusammenbringen und strukturieren.“Seit Ende der 1990er-Jahre sei die Wohnbau Trossingen GmbH „nicht mehr am Markt tätig, beziehungsweise kaum im Bewusstsein der Bevölkerung verankert“gewesen. „Sie war eine funktionslose Einheit geworden.“2013 sei die Wohnbau durch eine Veränderung der Gesellschafterstruktur restrukturiert worden. Damals habe die Wohnbau eine Reihe kleinerer Gesellschafter gehabt. Ziel sei es gewesen, die Aufgaben der Immobilien- und Wohnungswirtschaft in einem Unternehmen zu bündeln, um Synergien zu schaffen. Heute sei die GmbH zu 94 Prozent in städtischem und zu sechs Prozent im Besitz der Kreissparkasse.
Sacher kannte sich aus im Metier, war zuvor unter anderem Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Villingen-Schwenningen gewesen, wo er mit seiner Familie weiterhin lebt. Warum er nach Trossingen gewechselt hat? „Trossingen läuft oft unter dem Radar, obwohl es viel Potenzial hat als Wirtschaftsstandort“, sagt er. Er habe viele Gestaltungsfreiheiten
bekommen. Sein erstes größeres Projekt war 2014 die Sanierung und Entwicklung der Gewerbeimmobilie Achauerstraße 8 zum „Werk 8“gewesen. 19 Gewerbeeinheiten seien dort inzwischen drin, „der Mix der Branchen ist groß, die Fluktuation gering“; derzeit laufe der Bauantrag für den Umbau acht weiterer Büros. „Fast alle sind vergeben.“
Es folgten der Neubau des Flüchtlingsheims an der Gottlieb-DaimlerStraße unter seiner Ägide sowie ab 2017 die Entwicklung des Neubauvorhabens „Am Stadtgarten“. Die dortige Bebauung nennt Sacher als einen Höhepunkt seiner Zeit in Trossingen. Anfangs seien größtenteils Eigentumswohnungen entstanden, inzwischen seien es überwiegend Mietwohnungen; der dritte Bauabschnitt soll im Sommer starten. Die Bilanzsumme der Wohnbau, die auch das Bauvorhaben „Albblick“konzipierte, habe sich in seiner Zeit als Geschäftsführer bis Ende 2019 verdreifacht – auf 8,7 Millionen Euro.
Als anspruchsvollstes Projekt nennt Matthias Sacher die Erweiterung des Gewerbegebiets Neuen mit Durchhausen. Durch den Eingriff in den Wald sei es ein „kompliziertes Bauleitverfahren“gewesen. Auch die Vermarktung oblag der Wohnbau. Der Satzungsbeschluss für die Erweiterung für Neuen III stehe kurz bevor – „dann können die Entwicklungsmaßnahmen relativ bald beginnen“. Damit sieht Sacher die Entwicklungsmöglichkeiten für Gewerbegebiete in Trossingen jedoch „ausgeschöpft“.
Ähnlich sehe es bei den Flächen für Wohnbau aus: „Trossingen ist in den letzten Jahren extrem gewachsen.“Es werde schwieriger, neue Flächen auszuweisen. „In vier, fünf Jahren
wird die Neubautätigkeit deutlich eingeschränkter sein.“Viele an Wohngebiete angrenzende Flächen würden landwirtschaftlich genutzt. „Und man kann den Landwirten die nicht einfach wegnehmen – da hängen Existenzen dran.“Statt größerer Quartiersentwicklungen sieht Sacher die Zukunft für Trossingen in Bestandsverdichtungen.
Was er als Wirtschaftsförderer bewegt habe? Sacher nennt unter anderem regelmäßige Unternehmensbesuche mit Bürgermeister Clemens Maier und ebensolche Gesprächsrunden mit Geschäftsleuten, die Initiierung plus Begleitung des Einzelhandelskonzepts, die Ortsentwicklungskonzeption für Schura sowie Neuerungen wie die „Schwedenfeueraktion“mit Gewerbeverein und Werbegemeinschaft. „Eine so offene und konstruktive Zusammenarbeit wie mit Trossingenactiv ist etwas ganz besonderes“, sagt Sacher. Eine derart gute Zusammenarbeit mit Gemeinderat, Betrieben und Einzelhändlern wie in Trossingen sei selten. Die Stadt sei ein „dankbarer Standort – man spricht nicht über-, sondern miteinander“.
So ganz ohne Problemchen ist aber selbst in Trossingen kein Arbeiten möglich, Stichwort Gölten. „Ich würde das nicht als Problem ansehen“, blickt Sacher auf die dortige Entstehung einer Bürgerinitiative zurück beim Bauprojekt „Wohnen am Stadtgarten“, die die geplante Bauweise als zu dicht empfand. „Es gab ein Informationsdefizit – man hätte die Anwohner früher informieren können.“Man sei auf Wünsche der Initiative eingegangen und habe das Konzept angepasst.
Eines der letzten Projekte Sachers war seit 2018 der Aufbau eines gemeinsamen Gutachterausschusses für den nördlichen Landkreis Tuttlingen mit 14 Gemeinden. Dazu gehörte die Erfassung aller Erwerbsvorgänge und die Erstellung einer Bodenrichtwertkarte. Nun jedoch wechselt Sacher nach Tübingen: die dortige Kreisbau GmbH weist laut Sacher einen Bestand von 2200 Wohneinheiten und eine Bilanzsumme von 150 Millionen Euro aus – deutlich andere Dimensionen als in Trossingen. Dort stünden in den kommenden Jahren viele Projekte an, „ich habe viele Möglichkeiten, diese voranzutreiben“. Die Regelung seiner Nachfolge sei Sache des Aufsichtsrats, sagt der scheidende Wirtschaftsförderer. Es gebe jedoch keine Trossingen-interne Lösung – sein Nachfolger komme von außen und verfüge über immobilienwirtschaftliche Kenntnisse.