Gestrandeter Zirkus facht Parkplatz-Diskussion an
Corona beschert Schaustellern Zwangspause – Tuwass-Parkplatz soll öffnen und Parksituation entspannen
- Eigentlich hätte der Zirkus Alessio an diesem Wochenende längst in Radolfzell auftreten sollen. Doch das Veranstaltungsverbot zur Eindämmung der Corona-Pandemie kam ihm dazwischen. Deshalb bleibt der Zirkus vorerst in Tuttlingen - allerdings nicht auf dem Festplatz.
„Wir haben uns so klein gemacht, wie es nur geht“, sagt Zirkusdirektorin Tina Quaiser. Das Zelt haben die Zirkusleute am Donnerstag abgebaut, ein Teil der Mannschaft ist abgereist. Übrig sind elf Zirkusangehörige, weitgehend Familie, und 45 Tiere. Sie drängen sich nun in Wohnwagen oder Tiergehegen auf dem hinteren Teil des Festplatzes in Tuttlingen, der in der Regel als Wohnmobilstellplatz und Parkplatz dient. Kamele, Pferde, Alpakas – für Kinder eine Attraktion, für die Stadt aber nicht der optimale Platz, um den Zirkus für eine längere Zeit zu beherbergen.
„Wir lassen den Zirkus nicht im Stich und helfen, wo wir können, damit Menschen und Tiere gut über den Winter kommen“, teilt Tuttlingens Oberbürgermeister Michael Beck mit. Der Zirkus könne eine Fläche beim Donaustadion nutzen. Früher stand dort die Anlage des Reitvereins, aktuell ist es ein Parkplatz, der wegen der ausfallenden Sportveranstaltungen aber wenig genutzt sein dürfte.
„Durch die Nähe zu den Sportanlagen können die Zirkusleute auch die dortigen Toiletten und Duschen nutzen“, sagt Stadtsprecher Arno Specht. Der Umzug soll möglichst bald erfolgen, weil die fehlenden Parkplätze bei Autofahrern schon für Unmut gesorgt haben.
Er habe großes Verständnis für den Zirkus, sagt etwa der Nendinger
Klaus Kaufmann unserer Zeitung. Gerade wegen der Pandemie würden aber viele vom Bus aufs Auto umsteigen, die Parksituation am Donauspitz und Festplatz habe sich verschärft. Er schlägt deshalb vor, den Tuwass-Parkplatz freizugeben. „Ich kann verstehen, dass sie den Parkplatz normalerweise sperren. Auch, dass sie dort eine Schranke einrichten. Aber jetzt, wo das Bad doch eh geschlossen ist, kann man ihn ja auch freigeben“, sagt Kaufmann.
Tatsächlich sei das geplant, sagt Stadtsprecher Specht. Kostenlos wird der Parkplatz aber nicht sein. Die Stadtwerke als Betreiber des Bads hatten schon länger vorgesehen, den Parkplatz kostenpflichtig zu machen – mit Ausnahme für die Badegäste. Die Gebühren sollen denen in der Innenstadt angelehnt sein, sagt Specht. Das genaue Modell werde aktuell noch ausgetüftelt. In den nächsten ein bis zwei Wochen werde der Parkplatz dann geöffnet.
Ist es aber nicht paradox, dass auf den Parkflächen am Festplatz und Donauspitz keine Gebühren anfallen, auf dem dazwischenliegenden Tuwass-Parkplatz aber schon? Specht findet nicht. „Man ist vom Tuwass ja direkt an der Brücke zur Innenstadt“, meint er.
Für die Schausteller des Zirkus ist die Parkplatz-Diskussion indes zweitrangig. Vielmehr treibt sie die erneute Zwangspause um. „Wir haben jetzt sieben Monate nichts verdient und waren froh, endlich wieder auftreten zu können“, sagt Zirkusdirektorin Quaiser. „Wenn das Verbot über den November hinausgeht, wäre das für uns der Genickbruch.“
Der Zirkus ist erst zweieinhalb Jahre alt, hat noch Kredite abzuzahlen und laufende Kosten zu decken. „Wir brauchen allein eineinhalb Ballen Heu pro Tag, um die Tiere zu füttern“, erläuterte Quaiser. Futter zu bekommen, sei in der Gegend jedoch wohl nicht so einfach. Aktuell sei sie dabei, Landwirte abzuklappern. Spenden wie altes Brot oder Ähnliches seien deshalb willkommen. Auch auf Geld ist der Zirkus angewiesen – diverse Plakate mit Spendenkassen im Stadtgebiet weisen inzwischen darauf hin.
Wer
abgeben möchte, kann sich beim Zirkus melden unter Telefon 01520/7973499.