Heuberger Bote

Viel Gewitter, wenig Reinigung

- Von Felix Alex

Sich mal ordentlich die Meinung sagen, einfach alles herauslass­en, soll ja nicht nur in Partnersch­aften durchaus hilfreich für ein erfolgreic­hes Miteinande­r sein. Solche reinigende­n Gewitter sind mitunter auch in größeren partnersch­aftlichen Verbänden hilfreich – vor allem in Drucksitua­tionen. Jene gibt es in der Bundesliga bereits trotz des frühen Saisonzeit­punktes. Die Patienten hier heißen vor allem Bielefeld, Schalke, Köln und Mainz. Vor allem die drei letztgenan­nten übertreffe­n sich aktuell an Unrühmlich­keiten und historisch­er Schlechtig­keit. Das Trio steht nach sieben Spieltagen noch ohne Sieg da – das gab es noch nie in der Geschichte der Bundesliga. Selbst Allzeit-Schreckges­penst Tasmania Berlin, das so ziemlich bei allen Negativser­ien den Spitzenpla­tz belegt, hatte zu diesen Zeitpunkt schon einen Sieg.

Kurios, dass es aber nicht bei diesen drei Vereinen mächtig intern krachte, sondern beim vierten Sorgenkind. Die Akteure von Arminia Bielefeld ließen nach dem krachenden 0:5 beim 1. FC Union Berlin ein Donnerwett­er aufsteigen. Allen voran Kapitän Fabian Klos redete sich in Rage: „Das war eine Katastroph­e von der ersten bis zur letzten Sekunde.

Wir haben sehr auf die Fresse bekommen, das wird länger wehtun“, sagte der 32-Jährige und meint: „So geht es nicht. Wir müssen einen Cut machen, das ist die einzige Möglichkei­t.“Auch Trainer Uwe Neuhaus war klar, dass die Niederlage an seiner alten Wirkungsst­ätte – mit sieben Amtsjahren ist er Union-Rekordtrai­ner – keine war, nach der man zum Alltag übergehen kann. „Das war die absolut schlechtes­te Leistung, seit ich hier bin. Wäre es möglich gewesen, hätte ich alle ausgewechs­elt.“Über die Gründe zeigte sich Neuhaus „ratlos“. Dass die nur auf der Unioner Seite lagen, ist nicht zu vermuten, auch wenn die Eisernen auf Rekordmann Max Kruse zählen konnten. Alle seine bisherigen 16 Elfmeter hat der Neu-Unioner in der Bundesliga verwandelt. Damit egalisiert­e der 32-Jährige den Rekord von Jochen Abel, der Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre 16-mal für Bochum und Schalke vom Punkt getroffen hatte. Für den 5:0Sieg seiner Mannschaft veröffentl­ichte Kruse dann auf Instagram eine simple Erklärung: „Einfach Fußball gespielt.“So einfach kann es sein.

Oder auch nicht, wenn man eben Schalke 04 ist. Der einstige Stolz des Potts ist seit 23 Spielen ohne Sieg und holte nur neun von 69 möglichen Punkten (9 Remis/14 Niederlage­n). Nach dem 2:2 im Krisengipf­el bei Mainz 05 gab es eigentlich nur Verlierer. Die Schalker suchten die Erklärung aber eher extern und haderten mit dem Schiedsric­hter und den Videoassis­tenten. Zwei gegen Schalke verhängte Elfmeter und ein annulliert­es Tor wegen Handspiels boten Stoff für Verärgerun­g. „Dass man im

Eifer des Geschehens nicht immer die richtige Entscheidu­ng trifft, kann passieren“, sagte Coach Manuel

Baum: „Wenn aber der Videoassis­tent dazukommt, muss man sich schon die Frage stellen, wo sie beim zweiten Tor hingeschau­t haben.“Ebenfalls bitter: Schalke verursacht­e so viele Elfmeter nach sieben Spieltagen wie keine andere Elf in der Bundesliga-Historie – nämlich sechs (!).

Doch ist das auch ein Punkt, der einen Funken Wahrheit enthält. Allgemein fällt auf, dass die Schiedsric­hter schnell dabei sind, auf den Punkt zu zeigen. Mit neun Elfmetern sorgten die Referees am Wochenende für eine Elferflut. Dies könnte auch am Videobewei­s liegen. Früher überlegte es sich ein Unparteiis­cher dreimal, ob er wirklich auf den Punkt zeigen soll, heutzutage reicht schon ein leichte Berührung im Strafraum zum Pfiff – bei einem groben Schnitzer würde der VAR ja aus Köln eingreifen. Wenn nicht, gibt es eben Elfmeter. Doch so einfach ist es nicht. Wer sucht, findet immer einen Kontakt, ob es zwingend Strafstoß sein muss, bleibt dahingeste­llt. Sinnbildli­ch müssen noch einmal die Schalker herhalten. Sportvorst­and Jochen

Schneider schäumte: „Es reicht jetzt irgendwann mal. Ich weiß nicht, was da in Köln los ist. Wir fühlen uns sehr schlecht behandelt und benachteil­igt.“

Noch so ein mächtiges Gewitter des Spieltages – allein die reinigende Wirkung dürfte auf sich warten lassen.

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FOTO: HJS/IMAGO IMAGES Es rumpelt gewaltig – bei Schalke und auch Mainz.
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