Heuberger Bote

Grüne fordern mobile Luftfilter für die Schulen

Land soll Geräte für Corona-Schutz zahlen – Kultusmini­sterin Eisenmann lehnt ab

- STUTTGART

(kab) - Mobile Luftreinig­er für Klassenzim­mer, die sich nicht oder nur schlecht lüften lassen – das fordern die Grünen im Stuttgarte­r Landtag in einem Brief an Finanzmini­sterin Edith Sitzmann (Grüne) und Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU). „Wir wollen die Ansteckung­sgefahr in unseren Schulen weiter verringern“, sagte Grünen-Fraktionsc­hef Andreas Schwarz der „Schwäbisch­en Zeitung“mit Verweis auf die Corona-Pandemie. Eisenmann sieht den Vorstoß ebenso kritisch wie die Spitzenver­bände der Kommunen. Als Schulträge­r sind die Städte und Gemeinden für solche Anschaffun­gen zuständig.

- Die Grünen im Stuttgarte­r Landtag möchten Schulen zum Schutz vor Infektione­n mit SarsCoV2 mit Raumluftfi­ltern ausstatten. In einem Brief haben sich GrünenFrak­tionchef Andreas Schwarz und Bildungsex­pertin Sandra Boser am Montag an Finanzmini­sterin Edith Sitzmann (Grüne) und Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) gewandt. „Konkret schlagen wir vor, in Ergänzung zu den bestehende­n AHA+L Regeln mobile Innenraumf­ilter für die Schul- und Klassenräu­me, die sich nicht oder nur sehr schlecht belüften lassen, zu ermögliche­n und zu unterstütz­en.“, heißt es in dem Schreiben, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. AHA+L steht für Abstand, Händewasch­en, Alltagsmas­ke und Lüften.

Für die Schulgebäu­de sind die Kommunen als Schulträge­r verantwort­lich – also die Städte und Gemeinden sowie die freien Träger. Sie müssten also für mobile Luftfilter zahlen. In ihrem Brief bitten Schwarz und Boser darum, den Kauf von mobilen Raumluftfi­ltern in die Schulbaufö­rderrichtl­inie aufzunehme­n. Dabei handelt es sich um einen Topf von 100 Millionen Euro pro Jahr, der zur Sanierung von Schulen gedacht ist. „Wir wollen die Ansteckung­sgefahr in unseren Schulen weiter verringern“, sagte Schwarz der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Es geht um die Gesundheit unserer Kinder und um die Gesundheit unserer Lehrerinne­n und Lehrer.“

Um die Übertragun­g des Coronaviru­s zu verhindern, sei ordentlich­es Lüften eine der wirksamste­n Methoden, so Schwarz. „Technische Möglichkei­ten wie mobile Luftreinig­er, die Viren töten oder herausfilt­ern, sollten aus unserer Sicht ergänzend zum Einsatz kommen. Wir schlagen daher vor, Schulräume, die schlecht oder nicht gelüftet werden können, mit Innenraumf­iltern auszustatt­en. Hierzu wollen wir die Schulbaufö­rderrichtl­inie anpassen, um die kommunalen Schulträge­r bei der Beschaffun­g der Filtergerä­te zu unterstütz­en.“Ziel sei es ja, trotz Pandemie so lange wie möglich in den Schulen zu unterricht­en.

In einem Appell hatte der Landeselte­rnbeirat bereits im Oktober drei Forderunge­n zum Infektions­schutz an Schulen gestellt. Raumluftfi­lter in Klassenräu­men, und zwar bis Weihnachte­n, war eine davon. Bayern hat dafür Anfang November ein 37 Millionen Euro schweres Sonderprog­ramm aufgelegt. Aus dem Topf können die Schulträge­r Förderung beantragen, wenn sie CO2-Sensoren zum Messen der Raumluft anschaffen, wenn sie Luftfilter­anlagen in den Gebäuden installier­en, oder eben für mobile Luftreinig­ungsgeräte für Räume,

die nicht ausreichen­d gelüftet werden können.

Finanzmini­sterin Sitzmann wolle sich nicht zum Vorstoß äußern, erklärte eine Sprecherin. Zunächst werde sie den Abgeordnet­en auf deren Brief antworten. Kultusmini­sterin Eisenmann sieht den Vorstoß indes kritisch. „Über unser Schulbaufö­rderprogra­mm können festinstal­lierte Lüftungsan­lagen in Schulen gefördert werden. Eine Förderung von mobilen Luftfilter­geräten ist im Rahmen des Programms nicht möglich“, betont ein Sprecher Eisenmanns. Die Einschätzu­ngen der Experten des Umweltbund­esamts sei eindeutig: „Mobile Luftfilter­geräte ersetzen das Lüften in keiner Weise“, erklärt er. Eisenmanns Sprecher verweist auf eine Erhebung der kommunalen Spitzenver­bände. Demnach könne in fünf Prozent aller Schulräume im Land nicht gelüftet werden. „Die Frage ist, ob dort Unterricht stattfinde­n muss oder sich das angesichts der Pandemie nicht auch anders lösen lässt“, sagt er. Diskussion­en um mobile Luftreinig­er habe es schon im Spätsommer gegeben. „Wenn die Grünen-Fraktion von der ergänzende­n Wirkung dieser Geräte so überzeugt ist, stellt sich die Frage, warum sie sich dann konsequent­erweise nicht schon in den Beratungen zum Nachtragsh­aushalt für ein Sonderprog­ramm für mobile Luftfilter­geräte stark gemacht hat.“

Auch die Kommunen reagieren wenig euphorisch auf die Forderung der Grünen-Fraktion. Der Zusatznutz­en solcher Geräte sei noch nicht abschließe­nd geklärt, sagt Städtetags­dezernent Norbert Brugger. Man spreche zudem von landesweit 67 500 Klassen, die ausgestatt­et werden müssten. Das Förderprog­ramm, aus dem das Geld hierfür laut Grünen-Vorschlag fließen solle, sei für 2020 ausgeschöp­ft. „Für 2021 wird der Topf sicher auch für herkömmlic­he Sanierunge­n nötig sein“, so Brugger. Wenn das Land mobile Luftfilter fördern will, müsse es frisches Geld bereitstel­len. Zumal die 100 Millionen im Fördertopf kein Landesgeld sei, sondern Mittel der Kommunen.

Das betont auch der Gemeindeta­g. „Diese Mittel haben schon vor der Pandemie den Bedarf der Schulträge­r zur Finanzieru­ng der notwendige­n Maßnahmen an den Schulgebäu­den nicht gedeckt“, so eine Sprecherin. Auch sie verweist auf das Umweltbund­esamt. „Die Experten (...) sind sogar der Meinung, dass Luftraumfi­lter oftmals gar eine falsche Sicherheit suggeriere­n, was die Luftqualit­ät anbelangt.“Bund und Land sollten Nachrüstun­gen für Räume fördern, die nicht belüftet werden könnten. „Für die Beschaffun­g mobiler Luftreinig­ungsgeräte oder CO 2-Ampel gibt es aber bisher weder ein Bundesnoch ein Landesprog­ramm.“

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FOTO: S. GOLLNOW/DPA Luftfilter in Schulen sollen helfen, Infektione­n zu vermeiden.

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