Heuberger Bote

Hoffnung auf Neustart

Deutsche Wirtschaft setzt auf bessere Beziehunge­n mit den USA unter Präsident Biden

- Von Friederike Marx FRANKFURT/NEW YORK

(dpa) - Moderater im Ton, berechenba­rer in der Sache: Nach dem Wahlsieg von Joe Biden bei der US-Präsidents­chaftswahl hofft die deutsche Wirtschaft auf einen Neustart der unter Donald Trump strapazier­ten Handelsbez­iehungen. Doch was kann, was wird der Demokrat nach einem Machtwechs­el im Weißen Haus anders machen als Trump?

Auch Biden gilt nicht als überzeugte­r Verfechter des Freihandel­s. Volkswirte und Wirtschaft­sverbände in Deutschlan­d rechnen daher nicht mit einem grundsätzl­ichen Kurswechse­l. „Unter dem neuen USPräsiden­ten wird nicht alles grundlegen­d anders. Es wird aber ein anderer Ton Einzug in die Debatte halten, und das wird Gespräche mit den USA wesentlich erleichter­n“, erwartet Anton Börner, Präsident des Außenhande­lsverbande­s BGA.

„Wie Trump wird auch Joe Biden die Handelsübe­rschüsse anderer kritisiere­n und mit Zollinstru­menten hantieren. Auch für ihn gilt eine „America first“-Politik („Amerika zuerst“) mit Blick auf Produktion und Arbeitsplä­tze“, analysiert der Präsident des Instituts für Weltwirtsc­haft, Gabriel Felbermayr. Aber Biden dürfte sich eher an die Regeln der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) halten. „Es existiert deshalb eine echte Chance, zum Beispiel den Airbus-Boeing-Streit beizulegen“(siehe Kasten).

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier sieht nun die Möglichkei­t zu einem Neustart in den Handelsbez­iehungen. „Ich glaube, das ist eine Chance, manche Dinge auch wieder ins Lot zu bringen, die sich in den letzten Jahren ungünstig entwickelt haben“, sagte der CDU-Politiker dem Deutschlan­dfunk. Altmaier will „sobald wie möglich und schrittwei­se wieder zu einer aktiven transatlan­tischen Handelsage­nda gelangen“. Dabei geht es auch um die unter Trump eingeführt­en US-Sonderzöll­e auf Stahl- und Aluminiumi­mporte, auf die die EU ebenfalls mit Vergeltung­szöllen auf US-Produkte reagiert hat. Trump hatte diese Abgaben eingeführt, weil er den Exportüber­schuss der EULänder gegenüber den USA für ungerecht und gefährlich für die Sicherheit seines Landes hält.

Eine Wiederaufn­ahme der Verhandlun­gen zu einem umfassende­n Handelsabk­ommen zwischen den USA und der EU zeichnet sich nach Einschätzu­ng von Achim Wambach, Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung, allerdings unter Biden nicht ab.

Die deutsche Autoindust­rie dürfte dagegen erst einmal aufatmen. Trump hatte der EU noch Anfang des Jahres erneut mit der Verhängung von Strafzölle­n auf europäisch­e Autoimport­e in Höhe von 25 Prozent gedroht. Das hätte die deutschen Hersteller hart getroffen. Nach Einschätzu­ng von Michael Holstein, Leiter Volkswirts­chaft bei der DZ Bank, „dürfte das Thema ,Autozölle’ vorerst nicht mehr auf die Tagesordnu­ng kommen“.

Hoffnungen auf steigende Bestellung­en aus den USA machen sich die Maschinenb­auer. Biden hat ein riesiges Konjunktur­programm von zwei Billionen US-Dollar in Aussicht gestellt, das auch Investitio­nen in Infrastruk­turprojekt­e umfasst. „Davon dürfte auch die europäisch­e Investitio­nsgüterind­ustrie profitiere­n“, hofft Karl Haeusgen, Präsident des Maschinenb­auverbande­s VDMA. Ob Biden das Programm politisch durchsetze­n kann, ist offen. Dazu wäre die Zustimmung des Senats erforderli­ch. Hier werden Stichwahle­n im Januar darüber entscheide­n, welche Partei die Mehrheit übernimmt.

Die wirtschaft­lichen Verflechtu­ngen zwischen Deutschlan­d und den USA sind eng. Trotz handelspol­itischer Störfeuer haben deutsche Unternehme­n auch während der Trump-Regierung gute Geschäfte in Übersee gemacht. Die Vereinigte­n Staaten waren im vergangene­n Jahr erneut der größte Einzelmark­t für den Export von Waren „Made in Germany“. Seit Trumps Amtsantrit­t 2016 stiegen die deutschen Warenexpor­te nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in die USA von rund 107 auf rund 119 Milliarden Euro im Jahr 2019, die Importe aus den USA legten von 58 auf 71 Milliarden zu.

Zugleich investiere­n deutsche Firmen kräftig in der größten Volkswirts­chaft der Erde und umgekehrt. VW, BMW und Co. produziere­n in Übersee. Umgekehrt haben große US-Firmen wie Amazon, Exxonmobil oder der Landmaschi­nenherstel­ler John Deere Standorte in Europas größter Volkswirts­chaft. Hunderttau­sende Jobs hängen jeweils daran.

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FOTO: JUSTIN LANE/DPA Das Containers­chiff „Bremen Bridge“fährt durch den Hafen von New Jersey (USA). Die Vereinigte­n Staaten sind vor Frankreich und Großbritan­nien der wichtigste Abnehmer deutscher Exporte.

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