Heuberger Bote

Eine halbe Tonne Kokain in Bananenkar­tons geschmugge­lt

Sechs Männer nun vom Memminger Landgerich­t zu jeweils mehreren Jahren Haft verurteilt

- Von Frederick Mersi MEMMINGEN

(dpa) - Das braune Papier habe ihn stutzig gemacht, gab der Mitarbeite­r der Polizei später zu Protokoll. Bananen aus Ecuador bräuchten Luft, um zu reifen, daher würden sie oft nur von einer Folie bedeckt. Als der aufmerksam­e Angestellt­e eines Neu-Ulmer Obsthändle­rs im Dezember 2019 eine Lieferung kontrollie­rte, entdeckte er unter dem braunen Papier verschweiß­te Päckchen.

Die verdächtig­en Pakete stellten sich als einer der größten Drogenfund­e in Bayern heraus: fast 500 Kilo Kokain, verteilt auf 62 Bananenkar­tons, rund 50 Millionen Euro wert.

Ein knappes Jahr später hat das Landgerich­t Memmingen sechs Männer wegen Beihilfe zum Handel mit Drogen zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Vier der Angeklagte­n erhielten am Montag Haftstrafe­n von sechs Jahren, zwei weitere wegen Vorstrafen jeweils sieben Jahre. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. (Az. 221 Js 23819/19)

Die Männer hatten zu den Vorwürfen bis zum Prozessbeg­inn geschwiege­n, dann aber ihre Beteiligun­g am Drogenhand­el im Rahmen eines Deals vor Gericht für mildere Strafrahme­n gestanden. Dass sie die Kokainlief­erung nicht selbst organisier­t hatten – darin waren sich am Tag der Urteilsver­kündung Gericht, Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng am Montag einig.

„Die Kleinen werden erwischt, die Großen kriegt man leider im Regelfall nicht“, sagte Oberstaats­anwalt

Markus Schroth. Die Angeklagte­n seien „die kleinsten Rädchen im Getriebe einer großen Organisati­on“gewesen. Auch Vorsitzend­er Richter Christian Liebhart betonte: „Die Hinterleut­e sitzen woanders.“Eines sei offenkundi­g, sagte einer der Verteidige­r: „Wir haben es hier nicht mit den Nachfahren von Pablo Escobar zu tun.“

Die sechs Männer wurden demnach in Italien, Frankfurt, Berlin und

Köln durch Hintermänn­er einer organisier­ten Bande rekrutiert. Die Angeklagte­n gaben vor Gericht an, sie seien in Geldnot gewesen und hätten teils teure medizinisc­he Behandlung­en bezahlen müssen. Also hätten sie eingewilli­gt – trotz hohen Risikos und geringer Belohnung. Vorsitzend­er Richter Liebhart bezeichnet­e die Männer als „Teil eines Einbrecher- und Bergetrupp­s“.

Als fünf der Angeklagte­n in der Nacht vom 14. auf den 15. Dezember 2019 in die Reifekamme­r des Neu-Ulmer Obsthändle­rs einbrachen, um die Drogen herauszuho­len, nahm ein Spezialein­satzkomman­do sie und ihren Fahrer fest. Dabei rammten die Einsatzkrä­fte das Fluchtauto und gaben einen Warnschuss ab. Das vermeintli­che Kokain hatten die Ermittler nach dem Drogenfund schon gegen Attrappen ausgetausc­ht. So klar die Situation bei der Festnahme war, so viele Fragen blieben während des Prozesses offen: von wem das Kokain aus Ecuador kam, an wen es weiterverk­auft werden sollte, wer die Helfer rekrutiert­e. Details zu den Hintermänn­ern lieferten die Angeklagte­n in ihren Geständnis­sen nicht.

 ?? FOTO: SVEN HOPPE/DPA ?? Knapp eine halbe Tonne sichergest­elltes Kokain ist vergangene­n Dezember während einer Pressekonf­erenz zu sehen. Das Rauschgift war in Bananenkis­ten in einem Fruchtgroß­handel bei Neu-Ulm gefunden worden.
FOTO: SVEN HOPPE/DPA Knapp eine halbe Tonne sichergest­elltes Kokain ist vergangene­n Dezember während einer Pressekonf­erenz zu sehen. Das Rauschgift war in Bananenkis­ten in einem Fruchtgroß­handel bei Neu-Ulm gefunden worden.

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