Eine halbe Tonne Kokain in Bananenkartons geschmuggelt
Sechs Männer nun vom Memminger Landgericht zu jeweils mehreren Jahren Haft verurteilt
(dpa) - Das braune Papier habe ihn stutzig gemacht, gab der Mitarbeiter der Polizei später zu Protokoll. Bananen aus Ecuador bräuchten Luft, um zu reifen, daher würden sie oft nur von einer Folie bedeckt. Als der aufmerksame Angestellte eines Neu-Ulmer Obsthändlers im Dezember 2019 eine Lieferung kontrollierte, entdeckte er unter dem braunen Papier verschweißte Päckchen.
Die verdächtigen Pakete stellten sich als einer der größten Drogenfunde in Bayern heraus: fast 500 Kilo Kokain, verteilt auf 62 Bananenkartons, rund 50 Millionen Euro wert.
Ein knappes Jahr später hat das Landgericht Memmingen sechs Männer wegen Beihilfe zum Handel mit Drogen zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Vier der Angeklagten erhielten am Montag Haftstrafen von sechs Jahren, zwei weitere wegen Vorstrafen jeweils sieben Jahre. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (Az. 221 Js 23819/19)
Die Männer hatten zu den Vorwürfen bis zum Prozessbeginn geschwiegen, dann aber ihre Beteiligung am Drogenhandel im Rahmen eines Deals vor Gericht für mildere Strafrahmen gestanden. Dass sie die Kokainlieferung nicht selbst organisiert hatten – darin waren sich am Tag der Urteilsverkündung Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung am Montag einig.
„Die Kleinen werden erwischt, die Großen kriegt man leider im Regelfall nicht“, sagte Oberstaatsanwalt
Markus Schroth. Die Angeklagten seien „die kleinsten Rädchen im Getriebe einer großen Organisation“gewesen. Auch Vorsitzender Richter Christian Liebhart betonte: „Die Hinterleute sitzen woanders.“Eines sei offenkundig, sagte einer der Verteidiger: „Wir haben es hier nicht mit den Nachfahren von Pablo Escobar zu tun.“
Die sechs Männer wurden demnach in Italien, Frankfurt, Berlin und
Köln durch Hintermänner einer organisierten Bande rekrutiert. Die Angeklagten gaben vor Gericht an, sie seien in Geldnot gewesen und hätten teils teure medizinische Behandlungen bezahlen müssen. Also hätten sie eingewilligt – trotz hohen Risikos und geringer Belohnung. Vorsitzender Richter Liebhart bezeichnete die Männer als „Teil eines Einbrecher- und Bergetrupps“.
Als fünf der Angeklagten in der Nacht vom 14. auf den 15. Dezember 2019 in die Reifekammer des Neu-Ulmer Obsthändlers einbrachen, um die Drogen herauszuholen, nahm ein Spezialeinsatzkommando sie und ihren Fahrer fest. Dabei rammten die Einsatzkräfte das Fluchtauto und gaben einen Warnschuss ab. Das vermeintliche Kokain hatten die Ermittler nach dem Drogenfund schon gegen Attrappen ausgetauscht. So klar die Situation bei der Festnahme war, so viele Fragen blieben während des Prozesses offen: von wem das Kokain aus Ecuador kam, an wen es weiterverkauft werden sollte, wer die Helfer rekrutierte. Details zu den Hintermännern lieferten die Angeklagten in ihren Geständnissen nicht.