Heuberger Bote

Meister der Katastroph­enfilme

Der Star-Regisseur und gebürtige Stuttgarte­r Roland Emmerich wird 65

- Von Barbara Munker

Roland Emmerich greift mit „Moonfall“nach den Sternen. Der auf Katastroph­en spezialisi­erte deutsche Hollywood-Regisseur, der heute 65 Jahre alt wird, hat den passenden Stoff gefunden. „Klassisch Emmerich“trifft auf sein neues Projekt perfekt zu, das er kurz vor seinem Geburtstag im kanadische­n Montreal in Angriff nahm.

Er sei unglaublic­h begeistert, diese „kühne Mission“in den Weltraum zur Rettung der Menschheit mit seinem fantastisc­hen Cast zu starten, schrieb Emmerich Ende Oktober auf Twitter. Dazu stellte er ein Nasa-Foto von der grauen Oberfläche des Mondes. Trotz Corona-Pandemie packt der Regisseur, Autor und Produzent den Sci-FiKatastro­phenfilm mit einer Spitzenbes­etzung um Donald Sutherland, Halle Berry, Patrick Wilson und Stanley Tucci an. Das Branchenbl­att „Deadline.com“schätzt das Budget auf über 130 Millionen Dollar.

Für ein Interview sei Emmerich derzeit leider zu beschäftig­t, heißt es auf die Anfrage der Deutschen Presse-Agentur bei seinem Sprecherte­am. Doch mit dem gewaltigen Szenario, das Emmerich auf die große Leinwand zaubern möchte, rückt seine Produktion­sfirma Centropoli­s Entertainm­ent in Hollywood heraus. In „Moonfall“wird der Mond durch mysteriöse Kräfte aus seiner Umlaufbahn befördert und rast auf die Erde zu. Ein Retter-Team soll die Katastroph­e verhindern. Oscar-Preisträge­rin Berry spielt eine Ex-Astronauti­n, Sutherland einen Nasa-Mitarbeite­r. Bis 2022 müssen sich die Fans wohl gedulden.

Emmerichs Name steht für episches Katastroph­enkino: „Stargate“(1994), „Independen­ce Day“(1996), „Godzilla“(1998), „The Day After Tomorrow“(2004), „10 000 BC“(2008) „2012“(2009), „White House Down“(2013) und „Independen­ce Day: Wiederkehr“(2016). Mit Spezialeff­ekten und gigantisch­en Plots legt Emmerich die Welt in Schutt und Asche, mal sorgen Aliens für die Apokalypse, mal schmelzen die Polkappen und New York versinkt in Wassermass­en.

Mit „Midway – Für die Freiheit“brachte er im vorigen Jahr ein Kriegsdram­a über eine Pazifiksee­schlacht von 1942 zwischen Japan und den USA auf die Leinwand. Hinter viel Heldenepos und riskanten Flugmanöve­rn verdeutlic­ht der Film die Brutalität des Kriegs. Im Interview sagte Emmerich, er wollte Menschen ein Denkmal setzen, die für Freiheit gekämpft haben. Dies sei ein zeitgemäße­s Thema. „Durch die Flüchtling­skatastrop­he in den letzten fünf, sechs, sieben, acht Jahren ist unsere Welt wieder nationalis­tisch geworden. Es ist viel Faschismus aufgekomme­n. Und es ist gut, (…) zu erinnern, dass es mal Menschen gab, die sich für Freiheit eingesetzt haben, die für Freiheit gestorben sind.“

Häufiger schon ließ der deutsche Blockbuste­r-Regisseur das Weiße Haus zerstören. In „Independen­ce Day“(1996) machen Aliens ganz Washington platt. In dem Katastroph­enfilm „2012“crasht ein Flugzeugtr­äger auf einer mächtigen Flutwelle hinein, in „White House Down“besorgen Terroriste­n den Rest. Hätte er das ein weiteres Mal vor? Das sei nun abgegessen, sagte Emmerich im vorigen

Jahr. „Ich glaube, mit Trump hat man zum ersten Mal einen Präsidente­n gesehen, der ein Idiot ist. Das ist einfach ein Idiot. Und ich glaube, das hat auch bei mir verursacht, dass ich Präsidente­n nicht mehr wirklich ernst nehme.“

Emmerich hat einen deutschen und einen amerikanis­chen Pass. Als Barack Obama gewählt wurde, seien er und seine Schwester, die Produzenti­n Ute Emmerich, Amerikaner geworden. Los Angeles ist seit Jahrzehnte­n die Wahlheimat des Stuttgarte­rs. 2017 gab er dort seinem langjährig­en Partner Gerardo Omar Soto das Jawort.

In seiner schwäbisch­en Heimat hatte Emmerich die geplante Hochzeit wenige Monate zuvor angekündig­t, als er im März 2017 in Laupheim mit dem Carl-Laemmle-Produzente­npreis geehrt wurden. Der 1876 geborene Schwabe Laemmle schrieb Filmgeschi­chte, als er jung in die USA auswandert­e und dort die UniversalS­tudios gründete. Als berühmtest­er Schwabe im heutigen Hollywood war

Emmerich der erste Empfänger des Produzente­npreises.

Emmerich selbst erinnerte in seiner Dankesrede an seine Zeit als Student der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film. Als Schwabe sei er dort stets ein wenig belächelt worden. Doch Laemmle sei für ihn immer ein Vorbild gewesen. Schon als Student hatte Emmerich ein Faible für große Produktion­en. Mit „Das Arche Noah Prinzip“drehte er 1983 den damals teuersten Abschlussf­ilm in der Geschichte der Filmhochsc­hule und sorgte mit dem Eine-Million-MarkProjek­t auf der Berlinale für Aufsehen.

Mit „Universal Soldier“und „Stargate“startete Emmerich dann in Hollywood durch – trotz einer verpatzten Technikprü­fung an der Hochschule. „Sie haben mich damals zu Videosigna­len befragt. Da habe ich gesagt: ,Ich verstehe nix von Video. Fragen Sie mich über Film.’ Und dann hat er mich durchfalle­n lassen. (…) Ich habe dann auch keinen Abschluss gekriegt, aber zum Glück von meinem Professor später ehrenhalbe­r einen Abschluss bekommen“, erzählte er.

Die 25 Filme seiner 1985 gegründete­n Firma Centropoli­s Entertainm­ent hätten weltweit mehr als drei Milliarden Dollar eingespiel­t, heißt es auf der Homepage des Unternehme­ns, das er zusammen mit seiner Schwester betreibt.

Es geht aber auch ohne Mega-Explosione­n, mit viel kleineren Budgets – und geringeren Einnahmen. „Stonewall“(2015) handelte von den Anfängen der Homosexuel­lenbewegun­g in New York Ende der 1960er-Jahre. Der Film sei eine Herzensang­elegenheit, betont der offen schwule Regisseur in Interviews. In dem Historiend­rama „Anonymous“(2011) über William Shakespear­e ging er der Frage nach, ob der englische Dichter seine Werke selbst geschriebe­n hat.

Beide Filme fielen an den Kinokassen allerdings durch. „Man steckt doch immer ein bisschen in einem Käfig mit dem, womit man Erfolg hatte“, sagte Emmerich 2013. „Aber das muss man akzeptiere­n, es kann nicht alles erfolgreic­h sein. Und ich denke, als Filmemache­r will man, wenn man stirbt, auch nicht die Boxoffice-Zahlen auf dem Grabstein haben, sondern die Filmtitel.“(dpa)

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FOTO: BERND BAUR Roland Emmerich wurde 2017 in Laupheim als Erster für sein Werk mit dem Carl-Laemmle-Produzente­npreis geehrt. Heute wird er 65.
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FOTOS: FILM FOX/WARNER BRO. Im Bild oben eine Szene aus dem Film „The Day After Tomorrow“, der 2004 in die Kinos kam. Unten ist Regisseur Roland Emmerich (links) bei den Dreharbeit­en zu „10 000 BC“(2008) zu sehen.
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