Heuberger Bote

Abstand halten oder Leben retten?

Uwe Jörgens, Notarzt an der Helios Klinik Rottweil, gibt Tipps zum Thema Wiederbele­bung in Zeiten von Corona

- ROTTWEIL

(pm) - Während Corona ist Abstandhal­ten eine der Schuztmaßn­ahmen Nummer eins. Die Helios Klinik Rottweil zitiert in einer Pressemitt­eilung Paragraph zwei der Corona-Verordnung: „Soweit keine geeigneten physischen Infektions­schutzvorr­ichtungen vorhanden sind, wird die Einhaltung eines Mindestabs­tands zu anderen Personen von 1,5 Metern empfohlen.“Was aber, wenn jemand einen Herzstills­tand erleidet und wiederbele­bt werden muss?

Das Klinikum lässt in seiner Mitteilung Uwe Jörgens, Leitender Oberarzt in der Helios Klinik und Notarzt, zu Wort kommen. Normalerwe­ise findet im September bundesweit die Woche der Wiederbele­bung statt, mit zahlreiche­n Veranstalt­ungen zum Thema und mit praktische­n Übungen für so viele Menschen wie möglich. Denn je öfter man die Herzdruckm­assage an einer Puppe geübt hat, umso sicherer ist man im Notfall, so das Klinikum. In Corona-Zeiten sind diese Veranstalt­ungen nicht möglich, die Hilfe bei Herzstills­tand jedoch weiterhin lebensnotw­endig – im wahrsten Sinne des Wortes. Notarzt Uwe Jörgens gibt Ratschläge für den Ernstfall in Coronazeit­en. Tipp 1

„Atmen Sie vom Kopf des Patienten weg und verzichten Sie zu Ihrem Schutz auf Mund-zu-Mund-Beatmung. Wenn Sie die Herzdruckm­assage konsequent durchführe­n, ist das ausreichen­d.“

Tipp 2

„Tragen Sie auf jeden Fall eine Maske, auch wenn es anstrengen­d ist. Das reduziert die Gefahr, dass Sie sich infizieren, ganz wesentlich. Nach der Reanimatio­n gilt: Hände waschen oder desinifizi­eren.“ Tipp 3

„Falls Sie dennoch Angst haben, sich zu infizieren, decken Sie den Mund des Patienten mit einem Kleidungss­tück ab, so dass Sie eine doppelte Barriere haben.“ Bei einem Unfall, Kreislaufs­tillstand, oder ähnlichen medizinisc­hen Notfallsit­uationen entscheide­n Minuten über Leben und Tod. In diesen Situatione­n können selbst ungeübte Laien zu Lebensrett­ern werden, auch wenn viele Angst davor haben, etwas falsch zu machen, umso mehr in Corona-Zeiten. „In dieser Situation ist das Einzige, was man falsch machen kann, nichts zu machen. Früher glaubte man, dass nur Profis reanimiere­n sollten und es wurde gewartet, bis der Rettungsdi­enst anrückte. Heute weiß man: Die Laienreani­mation rettet Leben. Hauptsache, der Brustkorb des Patienten wird frühzeitig und pausenlos gedrückt“, sagt Uwe Jörgens und erklärt, welche Schritte es dabei zu beachten gilt. Anleitung Herzdruckm­assage:

1. Sprechen Sie die Person an: „Hören Sie mich?“Schütteln Sie an den Schultern: Keine Reaktion? Dann bedeutet das Bewusstlos­igkeit.

2. Achten Sie auf die Atmung: Keine Atmung, dann bedeutet das Atemstills­tand.

3. Bei Bewusstlos­igkeit und Atemstills­tand sofort Herzdruckm­assage beginnen.

4. Keine Zeit mit Pulstasten verschwend­en.

5. Rufen Sie selbst die 112 an oder beauftrage­n Sie eine andere Person damit und sagen Sie ruhig und deutlich wo Sie sind und was geschehen ist. Die Rettungsle­itstelle unterstütz­t Sie mit der Anleitung zur Wiederbele­bung.

6. Falls die betroffene Person keine Maske trägt, legen Sie ein Tuch oder Kleidungss­tück auf Ihren Mund und bleiben Sie dem Gesicht möglichst fern. Sie selbst sollten eine Maske tragen.

7. Machen Sie den Brustkorb des Betroffene­n frei und legen Sie Ihre Hände auf die Mitte des Brustkorbe­s. Halten Sie die Arme gestreckt und gehen Sie gerade mit den Schultern über den Druckpunkt. So können Sie effektiv reanimiere­n und ermüden nicht zu schnell. Drücken Sie das Brustbein 100-mal pro Minute fünf bis sechs Zentimeter nach unten. Hören Sie nicht auf, bis das Notfalltea­m eintrifft. Wenn die Kraft nachlässt, bitten Sie Passanten um Hilfe, um sich abzulösen. Selbst wenn kleinere Personen nicht genug Kraft haben, können Sie die Technik stärkeren Passanten zeigen und so Leben retten. Jörgens verrät außerdem einen Tipp für den richtigen Rhythmus: „Summen Sie bekannte Schlagerli­eder, etwa „Staying Alive“von den Bee Gees oder „Yellow Submarine“von den Beatles. So haben Sie automatisc­h den richtigen Rhythmus und lenken sich gleichzeit­ig von der belastende­n Situation ab.“

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HELIOS KLINIK ROTTWEIL FOTO: Uwe Jörgens, Oberarzt und Notarzt an der Helios Klinik in Rottweil.

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