Tötung einer Kranken aus Liebe?
Nach 70 Jahren Ehe soll ein Mann seine demente Frau erstickt haben – Prozess in Würzburg offenbart Pflegedilemma
„Eta“stürmt in Florida – Suche nach Opfern in Guatemala abgebrochen
(dpa) - Der Tropensturm „Eta“hat nach seinem verheerenden Durchzug über Mittelamerika auch Überschwemmungen im Süden des US-Bundesstaates Florida (Foto: dpa) sowie auf Kuba verursacht. In der Metropolregion um Miami setzte er am Montag Stadtteile unter Wasser und entwurzelte Bäume, wie der Nachrichtensender NBC berichtete.
Mehr als 11 000 Haushalte waren demnach zeitweise ohne Strom. Auch der Westen des nahe gelegenen Karibikstaats Kuba bekam viel Regen ab. Berichte über Verletzte oder Tote gab es aus beiden Ländern zunächst nicht. Die Gesamtzahl der bestätigten Todesfälle in sechs Ländern Mittelamerikas sowie Mexiko erhöhte sich derweil auf mehr als 150 – die Mehrheit davon in Honduras und Guatemala. Diese Ziffern dürften noch deutlich steigen: Im guatemaltekischen Dorf Quejá, das von einem Erdrutsch verschüttet worden war, brach die Armee den Rettungseinsatz am Dienstag ab, wie ein Sprecher der Gemeinde San Cristóbal Verapaz auf Nachfrage mitteilte. Rund 100 Leichen würden dort vermutet. Die Suche nach ihnen konnte den Angaben zufolge wegen der Gefahr weiterer Erdrutsche zunächst nicht weitergehen.
Überfälle und Verletzte in Berlin – Bandenkrieg mit Clan-Beteiligung?
(dpa) - Drei brutale Angriffe von zahlreichen Schlägern und Messerstechern am Wochenende in Berlin könnten auf einen Bandenkrieg zwischen einem arabischen Clan und einer russisch-tschetschenischen Gruppe hindeuten. Die für organisierte Kriminalität (OK) zuständige Abteilung im Landeskriminalamt (LKA) habe die drei Vorfälle an sich gezogen, um die Zusammenhänge zu prüfen, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. Insgesamt wurden bei den zwei Überfällen am Samstagabend in den Stadtteilen Neukölln und Gesundbrunnen und dem dritten Gewaltausbruch am Sonntagabend erneut in Gesundbrunnen elf Männer verletzt. Sechs Russen wurden am Samstagabend festgenommen und wieder entlassen. Unter den weiteren Beteiligten waren auch „Mitglieder einer bekannten Großfamilie“, so die Polizei. Tschetschenische Banden spielen neben kriminellen Mitgliedern arabischstämmiger Großfamilien seit Jahren eine Rolle im kriminellen Milieu der Hauptstadt.
Verteidiger legen Revision gegen Urteil nach tödlichem Streit in Augsburg ein
(dpa) - Nach der Verurteilung eines 17Jährigen zu einer viereinhalbjährigen Jugendstrafe wegen des tödlichen Schlags am Augsburger Königsplatz haben die Verteidiger Revision eingelegt. Ein Sprecher des Landgerichts erklärte am Dienstag, dass der entsprechende Antrag eingegangen sei. Der Jugendliche hatte am Nikolaustag 2019 nach einem Streit auf dem belebten Platz im Augsburger Zentrum mit einem einzigen Faustschlag einen 49-Jährigen umgebracht. Durch den Schlag erlitt der Familienvater eine Hirnblutung, an der er binnen weniger Minuten starb. Der Angeklagte gab die Tat vor der Jugendkammer des Landgerichts zu. Die Richter verurteilten ihn am Freitag unter anderem wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu der Gefängnisstrafe. Die Tat hatte in der Adventszeit in ganz Deutschland für Schlagzeilen gesorgt.
(dpa) - Jahrelang kümmert sich ein Mann jenseits der 80 nahezu allein um seine demente Frau. Kinder hat das Paar keine. Unterstützung kommt nur zweimal in der Woche von einer Sozialstation. Ende 2019 ist der zupackend wirkende Rentner aus dem unterfränkischen Gemünden am Main nach eigener Aussage körperlich und seelisch am Ende. Nach fast 70 Jahren Ehe soll die schwer kranke 91-Jährige in ein Heim, weil die Rundumbetreuung ihn auslaugt – doch der 92-Jährige ist verzweifelt und will sich nicht von der Liebe seines Lebens trennen.
So fasst der offensichtlich hoffnungslose Mann einen weitreichenden Entschluss. Am Abend des 3. November 2019 erstickt er seine Frau, die ihn nach eigener Angabe kaum noch erkennt, im Bett. Danach wählt er den Notruf, legt sich mit einem Föhn in eine Wanne voll Wasser und schaltet ihn an. Doch der Suizidversuch misslingt.
Seit Dienstag muss sich der 92Jährige vor dem Landgericht Würzburg wegen Totschlags verantworten, „ohne ein Mörder zu sein“, wie Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach sagt.
Geboren 1928, Jugend im Zweiten Weltkrieg, Flucht, Rückkehr nach Hause, Lehre, später ein eigenes Geschäft für Malerbedarf – das Schwurgericht blickt auf ein bewegtes Leben des Angeklagten zurück. „Meine
Frau und ich waren 70 Jahre glücklich verheiratet“, zitiert der Verteidiger seinen Mandanten. „Uns gab es nur im Doppelpack.“Doch mit den Schwierigkeiten der häuslichen Pflege eines schwer kranken Menschen sei die Lebenslust und -kraft beider geschwunden.
Hilflos, überfordert – die Polizisten, die den Rentner nach der Tat finden, berichten dem Gericht von einem offensichtlich gebrochenen Menschen. „Ich fand einen völlig verzweifelten, erschöpften und lebensmüden Mann vor mir“, sagt ein Beamter. Der Angeklagte habe noch in der Wanne gesagt: „Ich kann meine Frau nicht mehr versorgen. Es geht nicht mehr. Wir wollen nicht mehr leben.“Irgendwie habe er in diesem Moment sogar Verständnis für den 92-Jährigen gehabt. „Ich habe ihm das geglaubt, dass er völlig fertig und erschöpft ist.“
Die meisten pflegebedürftigen Menschen werden in Deutschland daheim betreut, von Pflegekräften und Angehörigen. Für 2020 geht der Verband für häusliche Betreuung und Pflege (VHBP) von rund vier Millionen Pflegebedürftigen aus. Mehr als drei Millionen leben zu Hause. Ausgebildete Pflegekräfte fehlen an allen Ecken und Enden.
Bei einem Viertel der Haushalte sind Angehörige mehr als sieben Stunden mit der Pflege beschäftigt – besonders zeitaufwendig ist es bei Menschen mit hohen Pflegegraden und Demenz, wie jüngst eine Umfrage
im Auftrag des Wissenschaftlichen Instituts der Allgemeinen Ortskrankenkassen ergab. Laut der Deutschen Stiftung Patientenschutz legt die Studie den Finger in die Wunde, dass die zeitliche, psychische und physische Hauptlast allein bei pflegenden Angehörigen bleibt.
„Ich habe mich in all den Jahren bestmöglich um meine Frau gekümmert“, verliest der Verteidiger eine Erklärung seines Mandanten. Dieser habe nicht aus Eigennutz oder Feindseligkeit gehandelt, sondern aus Liebe.
„Ich habe ihn als rüstigen Rentner erlebt, der sich sehr liebevoll und viel um die Ehefrau gekümmert hat“, bestätigt der langjährige Hausarzt des Paares. Die Frau habe über viele Jahre hinweg körperlich und geistig abgebaut. Der Pflegeaufwand sei zuletzt sehr hoch gewesen. Einkaufen, Haushalt, Garten, den Partner anziehen, Körperpflege und vieles mehr: „Ich habe gemerkt, dass das alles sehr viel für ihn war“, erzählt der Mediziner. Von gemeinsamen Suizidplänen der Eheleute habe er nichts gewusst.
Die Anklage vermutet, dass der Deutsche seine Frau aus Aussichtslosigkeit erstickte, weil er mit ihr kein gemeinsames Leben in Gesundheit und Selbstbestimmung mehr führen konnte. Oberstaatsanwalt Seebach vermutet eine schwere depressive Verstimmung hinter der Tat und geht von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Das Urteil könnte am Donnerstag gesprochen werden.