Fasnet mal anders
So gehen die Narrenvereine im Landkreis Tuttlingen mit der Pandemie um
SÜDLICHER LANDKREIS - Fällt die Fasnet 2021 aus? Die aktuellen Einschränkungen machen es den Zünften und Narrenvereinen nicht leicht, die fünfte Jahreszeit gebührend zu feiern. Wir haben exemplarisch bei einigen Vereinen nachgefragt, wie sie mit der Pandemie umgehen und welche Alternativen sie sich für Ihre Veranstaltungen überlegt haben.
Florian König und Neshat Gashi, Zunftmeister der Buchenbergerzunft Emmingen:
Die Buchenbergerzunft in Emmingen hat versucht, die Zeit der Einschränkungen produktiv zu nutzen. „Wir haben unsere Zunftstube aufgemöbelt“, erzählt Zunftmeister Florian König. Der Boden wurde neu verlegt und unter Einhaltung der Abstände haben die Helfer die Wände gestrichen. Gleichzeitig sind sich König und sein Stellvertreter Neshat Gashi sicher: „Die Fasnet 2021 fällt nicht aus, aber sie wird auf jeden Fall anders.“
Narrenbändle wollen die Emminger aufhängen. Ansonsten wollen sie abwarten, was im Febraur möglich ist. „Wir stehen in den Startlöchern, egal welche Tür sich öffnet“, versichert König. Bis dahin setzen sie auf Alternativen: Florian König hält – auch ohne Corona – eine Ansprache per Videobotschaft für seine Zunft. „Die ist super beliebt“, so sein Stellvertreter Gashi. Außerdem gibt es zum 11.11 einen Foto-Wettbewerb, bei dem sich die Mitglieder verkleiden dürfen. Der Zunftrat kürt anschließend den Sieger.
Marco Keller, Zunftmeister der Schlehenbeisser aus Liptingen:
Der 11.11 muss auch bei den Liptinger Schlehenbeissern wegen der aktuellen Corona-Situation ausfallen. Eigentlich treffen sich an diesem Termin die Liptinger Narren in der Zunftstube und vereidigen die neuen Mitglieder.
Da das nicht möglich ist, hat sich Zunftmeister Keller eine andere Aktion überlegt, um das Engagement im Verein lebendig zu halten: „Mir war es sehr wichtig als Zunftmeister die Mitglieder noch einmal aus den Häusern zu holen, um in diesem ertragreichen Schlehenjahr eine Sammelaktion durchzuführen“, erzählt Keller. Mit Erfolg: 315 Kilogramm Schlehen haben die Narren am 1. November gesammelt. „Daraus können wir Schlehenschnaps brennen für die zukünftige Fasnacht“, freut sich der Zunftmeister.
Eine klassische Saalfasnacht wird in Liptingen im Februar wohl nicht stattfinden. Das Narrenratsgremium berate sich aber aktuell intensiv und wolle Ideen ausarbeiten, so Keller. „Wir machen im Februar so viel Fasnet wie die aktuelle Situation erlaubt“, fasst Keller zusammen.
Martin Schnell, Narrenvater der Zunft Fridingen:
„Wir gehören zu den schwäbischalemannischen Zünften, daher geht es bei uns erst am 6. Januar los“, erklärt Martin Schnell. In den vergangenen Monaten hat sich der Elferrat nur einmal getroffen, die anderen Sitzungen haben virtuell stattgefunden. Schnells Bilanz: „Das ist okay. Zum Informieren geht’s, aber der Dialog ist so etwas gehemmt.“Grundsätzlich freue ihn jedoch die Bereitschaft der Zunftmitglieder, auch an digitalen Sitzungen teilzunehmen und sich zu engagieren.
Außerdem steht die Jahresversammlung der Fridinger Zunft an. Die soll mit etwa 40 Personen von Angesicht zu Angesicht in der Festhalle Fridingen stattfinden. Die Stadt stellt die Festhalle allen Zünften zur Verfügung und durch ein Hygienekonzept soll sichergestellt werden, dass die entsprechenden Abstände eingehalten werden können.
Digitale Alternativen zur Fasnet kann sich Schnell nicht vorstellen. Fridingen lebe von der Straßenfasnet und der Stimmung. Das die Fridinger Narren unter freiem Himmel unterwegs sind und keine Halle anmieten müssen, ist bei den Planungen ein Vorteil. So können die Narren schauen, wie sich die Pandemie bis Januar entwickelt und einige Tage vorher entsprechend reagieren. „Wir werden uns natürlich an alles halten, was man darf“, sagt Schnell, hofft aber darauf, dass man die Fasnet mit so wenigen Einschränkungen wie möglich über die Bühne bringen kann.
Achim Mink, Narrenverein Seitingen-Oberflacht:
Auch für Achim Mink vom Narrenverein Seitingen-Oberflacht beginnt die Fasnet normalerweise ganz klassisch am 6. Januar. Für das Jahr 2021 ist er allerdings noch äußerst skeptisch: „Wir rechnen mit einer Totalabsage der organisierten Fasnet“, sagt er. Sicher werde es im Privaten die Tendenz geben, dass der ein oder andere Narr zu sehen sein wird, doch in einem größeren Rahmen hält Mink die fünfte Jahreszeit derzeit nicht für planbar.
Reihum werden derzeit Umzüge abgesagt. Das findet Mink verständlich, schließlich wären die Zünfte mit strengen Hygienevorschriften und Kontaktverfolgungen seiner Ansicht nach überfordert. Der Narrenverein Seitingen-Oberflacht funktioniere derzeit auf Sparflamme. Im Sommer seien zumindest zwei kleine Veranstaltungen – das Bobbycar-Rennen und das Rübengeisterschnitzen – möglich gewesen.
Beim aktuellen Infektionsgeschehen könne Minks Einschätzung nach nur auf Sicht gefahren werden. „Fasnetsformen zu finden, die coronakonform sind, ist schwierig. Die Fasnet lebt ja schließlich vom Austausch“, findet der Zunftmeister. Da sei die Situation ähnlich wie auch bei vielen anderen Kultur-Veranstaltungen. „Das kulturelle Leben wird uns durch das Virus geraubt. Aber wir müssen nun einmal auch an die Risikogruppen denken“, sagt Mink.
Marco Hipp, Narrenkameradschaft Weilheim:
Zum 11. November selbst hat die Narrenkameradschaft Weilheim üblicherweise keine Veranstaltungen geplant. „Aber wir machen uns auch jetzt schon Gedanken um unsere Hauptfasnacht“, sagt Präsident Marco Hipp. Dass die Fasnet 2021 nicht so sein wird, wie gewohnt, das sei ihm bewusst. Aber: „Wir wollen auf jeden Fall, dass man hört und sieht, dass Fasnet ist.“
So soll auf jeden Fall ein Narrenbaum gestellt werden. Die Guggenmusik könnte – je nach aktuellen Auflagen – in Kleingruppen durch den Ort ziehen und vielleicht lasse sich auch eine Schülerbefreiung ohne direkten Schülerkontakt realisieren, sagt Hipp. Geplant sei auch, eine Narrenzeitschrift zu erstellen und in Kleingruppen von Haus zu Haus zu ziehen, um diese zu verkaufen. Gleichzeitig stehe aber auch fest: „Wir werden uns strengstens an alle Regeln halten.“
Für die Planung kann sich der Vorstand derzeit nur online austauschen. Den persönlichen Kontakt, den werde Hipp während der Fasnet 2021 wahrscheinlich am meisten vermissen. „Wir sind in den letzten Jahren zu einer schönen Gruppe zusammengewachsen. Die gemeinsamen Busfahrten, Veranstaltungen und das miteinander Feiern von der Kinder- bis zur Seniorenfasent – das wird fehlen.“
Uwe Heßlinger, Narrenzunft Mühlheim:
Bei der Narrenzunft Mühlheim wird derzeit überlegt, wie eine Fasnet unter Corona-Bedingungen stattfinden könnte. „Wir schmieden die Pläne und schauen dann, was möglich ist“, sagt Zunftmeister Uwe Heßlinger. Dass einige Programmpunkte wegfallen werden, stehe bereits fest. „Der Zunftball am Samstagabend ist undenkbar und auch der Kinderball mit allen Kindern, Eltern und Großeltern
wird ausfallen.“
Skeptisch blicke Heßlinger außerdem auf den Hauptumzug am Montag und den Kinderumzug. „Das ist noch nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen, aber wohl nicht realistisch“, sagt er. Schließlich sei es bei solchen Veranstaltungen auch schwierig, Daten zu erfassen und das Einhalten von Abständen zu kontrollieren.
Dennoch hat die Mühlheimer Zunft einige Punkte gefunden, die trotz Corona denkbar sind: Vom Narrenbaum über Straßen-Fähnchen bis hin zum Narrenblättle. Das traditionelle „Sagt er“-Rügespiel würde die Zunft auch gerne wieder umsetzen. Denkbar seien zum Beispiel mehrere rotierende Stationen, um das Geschehen zu entzerren. Zudem gebe es die Idee, ein Best-of der vergangenen Zunftball-Auftritte zusammenzuschneiden und diese als Video online zur Verfügung zu stellen.
Besonders wichtig sei den Mühlheimer Narren: „Die Kinder sollen nicht zu kurz kommen.“Auch ohne große Veranstaltungen sollen sie die Fasnet miterleben. „Wir könnten in Anlehnung an den Kinderumzug zum Beispiel mit einem mobilen Wurststand durch die Stadt ziehen und Würste an verkleidete Kinder verteilen“, nennt Heßlinger eine Überlegung. Eine weitere Idee sei, an der Grundschule über die Mühlheimer Fasnet zu referieren und die Figuren der Zunft vorzustellen. Grundsätzlich gelte aber auch in Mühlheim: Was genau wie umgesetzt werden kann, ist wohl erst kurzfristig festzulegen.
Peter Grieninger, Zunftmeister der Strumpfkugler, Immendingen:
Am 6. Januar beginnt normalerweise die Fasnet der Strumpfkugler mit dem Häsabstauben am Narrenbrunnen. Das wird 2021 wohl ausfallen, bedauert Zunftmeister Peter Grieninger.
„Im Moment sind uns die Hände gebunden. Das ist traurig, ist aber leider so.“Eine digitale Alternative kann sich der Zunftmeister nicht vorstellen. Dafür mache sich die Zunft Gedanken darüber, ob und wie man Veranstaltungen im Freien stattfinden lassen kann.
Martin Weißhaupt, Vorsitzender Narrenverein Hewenschrek, Immendingen:
„Von Woche zu Woche gibt es neue Auflagen. Da ist es natürlich schwierig, flexibel zu reagieren“, erzählt Martin Weißhaupt. Wie die kommende Fasnet aussehen wird, steht für den Vorsitzenden des Narrenvereins Hewenschreck noch in den Sternen. Er sieht einen Vorteil darin, dass die Hewenschreck eine eher kleine Zunft sind „Wir kennen uns alle gut und wenn es erlaubt ist, kann vielleicht spontan eine Garage aufgehen. Dann gibt es ein Bier und eine Wurst,“sagt Weißhaupt.
Er kann Corona sogar etwas Positives abgewinnen. Wenn es wirklich nur eine kleine Fasnet auf den Straßen und mit Garagenwirtschaften gäbe, dann wäre es eine Fasnet für den Ort und mit dem Ort.