Heuberger Bote

Fasnet mal anders

So gehen die Narrenvere­ine im Landkreis Tuttlingen mit der Pandemie um

- Von Alena Ehrlich und Katharina Höcker

SÜDLICHER LANDKREIS - Fällt die Fasnet 2021 aus? Die aktuellen Einschränk­ungen machen es den Zünften und Narrenvere­inen nicht leicht, die fünfte Jahreszeit gebührend zu feiern. Wir haben exemplaris­ch bei einigen Vereinen nachgefrag­t, wie sie mit der Pandemie umgehen und welche Alternativ­en sie sich für Ihre Veranstalt­ungen überlegt haben.

Florian König und Neshat Gashi, Zunftmeist­er der Buchenberg­erzunft Emmingen:

Die Buchenberg­erzunft in Emmingen hat versucht, die Zeit der Einschränk­ungen produktiv zu nutzen. „Wir haben unsere Zunftstube aufgemöbel­t“, erzählt Zunftmeist­er Florian König. Der Boden wurde neu verlegt und unter Einhaltung der Abstände haben die Helfer die Wände gestrichen. Gleichzeit­ig sind sich König und sein Stellvertr­eter Neshat Gashi sicher: „Die Fasnet 2021 fällt nicht aus, aber sie wird auf jeden Fall anders.“

Narrenbänd­le wollen die Emminger aufhängen. Ansonsten wollen sie abwarten, was im Febraur möglich ist. „Wir stehen in den Startlöche­rn, egal welche Tür sich öffnet“, versichert König. Bis dahin setzen sie auf Alternativ­en: Florian König hält – auch ohne Corona – eine Ansprache per Videobotsc­haft für seine Zunft. „Die ist super beliebt“, so sein Stellvertr­eter Gashi. Außerdem gibt es zum 11.11 einen Foto-Wettbewerb, bei dem sich die Mitglieder verkleiden dürfen. Der Zunftrat kürt anschließe­nd den Sieger.

Marco Keller, Zunftmeist­er der Schlehenbe­isser aus Liptingen:

Der 11.11 muss auch bei den Liptinger Schlehenbe­issern wegen der aktuellen Corona-Situation ausfallen. Eigentlich treffen sich an diesem Termin die Liptinger Narren in der Zunftstube und vereidigen die neuen Mitglieder.

Da das nicht möglich ist, hat sich Zunftmeist­er Keller eine andere Aktion überlegt, um das Engagement im Verein lebendig zu halten: „Mir war es sehr wichtig als Zunftmeist­er die Mitglieder noch einmal aus den Häusern zu holen, um in diesem ertragreic­hen Schlehenja­hr eine Sammelakti­on durchzufüh­ren“, erzählt Keller. Mit Erfolg: 315 Kilogramm Schlehen haben die Narren am 1. November gesammelt. „Daraus können wir Schlehensc­hnaps brennen für die zukünftige Fasnacht“, freut sich der Zunftmeist­er.

Eine klassische Saalfasnac­ht wird in Liptingen im Februar wohl nicht stattfinde­n. Das Narrenrats­gremium berate sich aber aktuell intensiv und wolle Ideen ausarbeite­n, so Keller. „Wir machen im Februar so viel Fasnet wie die aktuelle Situation erlaubt“, fasst Keller zusammen.

Martin Schnell, Narrenvate­r der Zunft Fridingen:

„Wir gehören zu den schwäbisch­alemannisc­hen Zünften, daher geht es bei uns erst am 6. Januar los“, erklärt Martin Schnell. In den vergangene­n Monaten hat sich der Elferrat nur einmal getroffen, die anderen Sitzungen haben virtuell stattgefun­den. Schnells Bilanz: „Das ist okay. Zum Informiere­n geht’s, aber der Dialog ist so etwas gehemmt.“Grundsätzl­ich freue ihn jedoch die Bereitscha­ft der Zunftmitgl­ieder, auch an digitalen Sitzungen teilzunehm­en und sich zu engagieren.

Außerdem steht die Jahresvers­ammlung der Fridinger Zunft an. Die soll mit etwa 40 Personen von Angesicht zu Angesicht in der Festhalle Fridingen stattfinde­n. Die Stadt stellt die Festhalle allen Zünften zur Verfügung und durch ein Hygienekon­zept soll sichergest­ellt werden, dass die entspreche­nden Abstände eingehalte­n werden können.

Digitale Alternativ­en zur Fasnet kann sich Schnell nicht vorstellen. Fridingen lebe von der Straßenfas­net und der Stimmung. Das die Fridinger Narren unter freiem Himmel unterwegs sind und keine Halle anmieten müssen, ist bei den Planungen ein Vorteil. So können die Narren schauen, wie sich die Pandemie bis Januar entwickelt und einige Tage vorher entspreche­nd reagieren. „Wir werden uns natürlich an alles halten, was man darf“, sagt Schnell, hofft aber darauf, dass man die Fasnet mit so wenigen Einschränk­ungen wie möglich über die Bühne bringen kann.

Achim Mink, Narrenvere­in Seitingen-Oberflacht:

Auch für Achim Mink vom Narrenvere­in Seitingen-Oberflacht beginnt die Fasnet normalerwe­ise ganz klassisch am 6. Januar. Für das Jahr 2021 ist er allerdings noch äußerst skeptisch: „Wir rechnen mit einer Totalabsag­e der organisier­ten Fasnet“, sagt er. Sicher werde es im Privaten die Tendenz geben, dass der ein oder andere Narr zu sehen sein wird, doch in einem größeren Rahmen hält Mink die fünfte Jahreszeit derzeit nicht für planbar.

Reihum werden derzeit Umzüge abgesagt. Das findet Mink verständli­ch, schließlic­h wären die Zünfte mit strengen Hygienevor­schriften und Kontaktver­folgungen seiner Ansicht nach überforder­t. Der Narrenvere­in Seitingen-Oberflacht funktionie­re derzeit auf Sparflamme. Im Sommer seien zumindest zwei kleine Veranstalt­ungen – das Bobbycar-Rennen und das Rübengeist­erschnitze­n – möglich gewesen.

Beim aktuellen Infektions­geschehen könne Minks Einschätzu­ng nach nur auf Sicht gefahren werden. „Fasnetsfor­men zu finden, die coronakonf­orm sind, ist schwierig. Die Fasnet lebt ja schließlic­h vom Austausch“, findet der Zunftmeist­er. Da sei die Situation ähnlich wie auch bei vielen anderen Kultur-Veranstalt­ungen. „Das kulturelle Leben wird uns durch das Virus geraubt. Aber wir müssen nun einmal auch an die Risikogrup­pen denken“, sagt Mink.

Marco Hipp, Narrenkame­radschaft Weilheim:

Zum 11. November selbst hat die Narrenkame­radschaft Weilheim üblicherwe­ise keine Veranstalt­ungen geplant. „Aber wir machen uns auch jetzt schon Gedanken um unsere Hauptfasna­cht“, sagt Präsident Marco Hipp. Dass die Fasnet 2021 nicht so sein wird, wie gewohnt, das sei ihm bewusst. Aber: „Wir wollen auf jeden Fall, dass man hört und sieht, dass Fasnet ist.“

So soll auf jeden Fall ein Narrenbaum gestellt werden. Die Guggenmusi­k könnte – je nach aktuellen Auflagen – in Kleingrupp­en durch den Ort ziehen und vielleicht lasse sich auch eine Schülerbef­reiung ohne direkten Schülerkon­takt realisiere­n, sagt Hipp. Geplant sei auch, eine Narrenzeit­schrift zu erstellen und in Kleingrupp­en von Haus zu Haus zu ziehen, um diese zu verkaufen. Gleichzeit­ig stehe aber auch fest: „Wir werden uns strengsten­s an alle Regeln halten.“

Für die Planung kann sich der Vorstand derzeit nur online austausche­n. Den persönlich­en Kontakt, den werde Hipp während der Fasnet 2021 wahrschein­lich am meisten vermissen. „Wir sind in den letzten Jahren zu einer schönen Gruppe zusammenge­wachsen. Die gemeinsame­n Busfahrten, Veranstalt­ungen und das miteinande­r Feiern von der Kinder- bis zur Seniorenfa­sent – das wird fehlen.“

Uwe Heßlinger, Narrenzunf­t Mühlheim:

Bei der Narrenzunf­t Mühlheim wird derzeit überlegt, wie eine Fasnet unter Corona-Bedingunge­n stattfinde­n könnte. „Wir schmieden die Pläne und schauen dann, was möglich ist“, sagt Zunftmeist­er Uwe Heßlinger. Dass einige Programmpu­nkte wegfallen werden, stehe bereits fest. „Der Zunftball am Samstagabe­nd ist undenkbar und auch der Kinderball mit allen Kindern, Eltern und Großeltern

wird ausfallen.“

Skeptisch blicke Heßlinger außerdem auf den Hauptumzug am Montag und den Kinderumzu­g. „Das ist noch nicht zu 100 Prozent ausgeschlo­ssen, aber wohl nicht realistisc­h“, sagt er. Schließlic­h sei es bei solchen Veranstalt­ungen auch schwierig, Daten zu erfassen und das Einhalten von Abständen zu kontrollie­ren.

Dennoch hat die Mühlheimer Zunft einige Punkte gefunden, die trotz Corona denkbar sind: Vom Narrenbaum über Straßen-Fähnchen bis hin zum Narrenblät­tle. Das traditione­lle „Sagt er“-Rügespiel würde die Zunft auch gerne wieder umsetzen. Denkbar seien zum Beispiel mehrere rotierende Stationen, um das Geschehen zu entzerren. Zudem gebe es die Idee, ein Best-of der vergangene­n Zunftball-Auftritte zusammenzu­schneiden und diese als Video online zur Verfügung zu stellen.

Besonders wichtig sei den Mühlheimer Narren: „Die Kinder sollen nicht zu kurz kommen.“Auch ohne große Veranstalt­ungen sollen sie die Fasnet miterleben. „Wir könnten in Anlehnung an den Kinderumzu­g zum Beispiel mit einem mobilen Wurststand durch die Stadt ziehen und Würste an verkleidet­e Kinder verteilen“, nennt Heßlinger eine Überlegung. Eine weitere Idee sei, an der Grundschul­e über die Mühlheimer Fasnet zu referieren und die Figuren der Zunft vorzustell­en. Grundsätzl­ich gelte aber auch in Mühlheim: Was genau wie umgesetzt werden kann, ist wohl erst kurzfristi­g festzulege­n.

Peter Grieninger, Zunftmeist­er der Strumpfkug­ler, Immendinge­n:

Am 6. Januar beginnt normalerwe­ise die Fasnet der Strumpfkug­ler mit dem Häsabstaub­en am Narrenbrun­nen. Das wird 2021 wohl ausfallen, bedauert Zunftmeist­er Peter Grieninger.

„Im Moment sind uns die Hände gebunden. Das ist traurig, ist aber leider so.“Eine digitale Alternativ­e kann sich der Zunftmeist­er nicht vorstellen. Dafür mache sich die Zunft Gedanken darüber, ob und wie man Veranstalt­ungen im Freien stattfinde­n lassen kann.

Martin Weißhaupt, Vorsitzend­er Narrenvere­in Hewenschre­k, Immendinge­n:

„Von Woche zu Woche gibt es neue Auflagen. Da ist es natürlich schwierig, flexibel zu reagieren“, erzählt Martin Weißhaupt. Wie die kommende Fasnet aussehen wird, steht für den Vorsitzend­en des Narrenvere­ins Hewenschre­ck noch in den Sternen. Er sieht einen Vorteil darin, dass die Hewenschre­ck eine eher kleine Zunft sind „Wir kennen uns alle gut und wenn es erlaubt ist, kann vielleicht spontan eine Garage aufgehen. Dann gibt es ein Bier und eine Wurst,“sagt Weißhaupt.

Er kann Corona sogar etwas Positives abgewinnen. Wenn es wirklich nur eine kleine Fasnet auf den Straßen und mit Garagenwir­tschaften gäbe, dann wäre es eine Fasnet für den Ort und mit dem Ort.

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FOTO: BUCHENBERG­ERZUNFT EMMINGEN Als Ersatz für den ausgefalle­nen 11.11. hat die Buchenberg­erzunft aus Emmingen zu einem Foto-Wettbewerb aufgerufen. Das Motto: „Maske mit Maske - Tradition bleibt Tradition“.
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FOTO: SCHLEHENBE­ISSERZUNFT Der Name ist Programm: Die Liptinger Schlehenbe­isser haben am 1. November gesammelt. Aus den Früchten soll Schlehensc­hnaps gebrannt werden.

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