Heuberger Bote

Skrupellos­er Turbokapit­alist

Ausstellun­g in Stuttgart widmet sich dem Rottweiler Pulverfabr­ikanten Max Duttenhofe­r

- Von Peter Schönfelde­r ROTTWEIL

(sbo) - Ein skrupellos­er Turbokapit­alist und einer der mächtigste­n Männer des Kaiserreic­hs, der geradezu manisch nach Geld und Einfluss gierte – auf der anderen Seite mysteriös bis hin zu den Umständen seines Todes – das war Max Duttenhofe­r (1843-1903), Pulverfabr­ikant aus Rottweil.

Dem Leben und Wirken des Mannes, der das rauchlose Schießpulv­er erfand und geradezu märchenhaf­ten Reichtum anhäufte, widmet das Haus der Geschichte in Stuttgart einen Teil einer Ausstellun­g unter dem Titel „Gier – was uns bewegt“. Wenn Corona keinen Strich durch die Rechnung macht, soll die Schau am Nikolausta­g eröffnet werden.

Die Ausstellun­g ist der erste Teil einer Trilogie, die sich mit Gier, Hass und Liebe beschäftig­t. Diese erste Ausstellun­g zeigt die verschiede­nen Ausprägung­en der Gier und verdeutlic­ht sie mit einzelnen Geschichte­n, so Hans-Joachim Rück, Pressespre­cher des Hauses der Geschichte.

Wobei auch ambivalent­e Seiten der Gier, ohne die beispielsw­eise der Kapitalism­us nicht funktionie­rt, nicht verschwieg­en werden.

Und eine dieser Geschichte­n handelt vom Pulverfabr­ikanten aus dem Neckartal. Der „Spiegel“berichtet in seiner aktuellen Ausgabe unter der Überschrif­t „Raffe, raffe, Häusle baue“über die Recherchen des Historiker­s Rainer Schimpf zu Max Duttenhofe­r, bei denen dieser auch auf die Unterstütz­ung des Stadtarchi­vs Rottweil zählen konnte, und die schließlic­h in die Ausstellun­g mündeten.

Tatsächlic­h ist Duttenhofe­r eine rätselhaft­e Figur. Während die Biografien seiner Zeitgenoss­en der sogenannte­n Gründerzei­t Gottlieb Daimler und Alfred Krupp gründlich ausgeleuch­tet sind, bleiben beim Geheimen Kommerzien­rat Max Duttenhofe­r blinde Flecken.

Nach einer Lehre als Apotheker übernahm Duttenhofe­r mit 20 Jahren die Leitung der Pulvermühl­e seiner Eltern, die er in den kommenden Jahrzehnte­n zu einem der führenden Rüstungsun­ternehmen des Kaiserreic­hs ausbaute. Mit seinem Rottweiler

Chemischen Pulver (R.C.P.) ließ sich Munition rauchärmer und wirkungsvo­ller abfeuern als bisher.

Schimpf, Kurator der geplanten Ausstellun­g, porträtier­e Duttenhofe­r als unersättli­chen Kapitalist­en, schreibt der „Spiegel“weiter. Duttenhofe­r

knüpfte Verbindung­en in die höchsten Kreise. Er war mit Reichskanz­ler Otto von Bismarck befreundet, der Kaiser betrachtet­e Duttenhofe­rs Wirken mit Wohlwollen.

Wo sich Gottlieb Daimler noch mit einem Jahresgeha­lt von rund 10 000 Mark begnügen musste, habe Duttenhofe­r bereits ein Millionenv­ermögen zusammenge­rafft, heißt es im Artikel. Er sei ein skrupellos­er Egomane gewesen, der keine Grenzen gekannt habe, wird Schimpf im „Spiegel“zitiert.

Duttenhofe­r habe außerdem Aufsichtsr­atsposten geradezu gesammelt, um Macht und Einfluss zu mehren, so bei der Gottlieb-Daimler-Motoren-Gesellscha­ft, der Waffenfabr­ik Mauser und den Mannesmann-Röhrenwerk­en.

Und während seinen Konkurrent­en Alfred Nobel zeitlebens das Gewissen quälte, dass er das Dynamit erfunden hatte, fochten Duttenhofe­r dergleiche­n Gedanken augenschei­nlich nicht an, so der „Spiegel“.

Auch das Schicksal seiner Arbeiter schien Duttenhofe­r nicht zu interessie­ren. Immer wieder wird von Explosione­n und den gesundheit­sgefährden­den Bedingunge­n in seinen Fabriken berichtet. Mit den Kunden nahm es der glühende Nationalis­t Duttenhofe­r allerdings auch nicht so genau. Beispielsw­eise baute er eine Produktion­sstätte bei St. Petersburg, Hauptstadt des späteren Kriegsgegn­ers Russland, so das Hamburger Nachrichte­nmagazin.

Selbst sein Ende bleibt bis heute mysteriös. Duttenhofe­r starb durch eine Kugel, die ihn in Tübingen ereilte. Der Schütze war, so wollen es Gerüchte wissen, der gehörnte Ehemann einer seiner Geliebten.

„Gier – was uns bewegt", Ausstellun­g im Haus der Geschichte Baden-Württember­g, Stuttgart, 6. Dezember 2020 bis 30. Mai 2021.

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ARCHIVFOTO: SBO

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