Trossinger Leier könnte nach 18 Jahren zurückkehren
Landesministerium wäre bereit, den Sensationsfund aus Grab 58 für vier Wochen in Trossingen zu zeigen
- Die weltberühmte Trossinger Leier, die vor fast 20 Jahren im Rahmen einer Grabung auf dem Trossinger Friedhof geborgen wurde, könnte für eine Veranstaltung mit der Musikhochschule für vier Wochen in Trossingen gezeigt werden. Das teilte der Landtagsabgeordnete Guido Wolf am Mittwoch mit. Für Auberlehaus-Leiter Volker Neipp ist dies ein erster Schritt, um die Leier und alle anderen Funde aus dem alamannischen Adelsgrab des 6. Jahrhunderts dauerhaft nach Trossingen zurückzuholen.
„Das ist ein ganz, ganz großer Tag für die Stadt und auch für uns“, freut sich Volker Neipp im Gespräch mit unserer Zeitung. „Seit 18 Jahren kämpfen wir dafür, die Leier hier, am Ort des Fundes, zeigen zu können.“Bereits der ehemalige Wirtschaftminister Ernst Pfister hatte sich vor Jahren dafür stark gemacht, die Leier aus Grab 58 im Museum Auberlehaus auszustellen. Wolf hatte sich nun auch auf Bitten von Volker Neipp nochmals für eine Prüfung eingesetzt, ob eine Präsentation der in Trossingen geborgenen Objekte von Weltrang möglich ist.
Nach Einschätzung des zuständigen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg bedürfen die Objekte längerfristig einer Aufbewahrung in speziellen Klimaschränken, die auch fachmännisch durch Restauratoren überwacht werden muss. Möglich sei es aber, die Funde für vier Wochen in einer speziellen Veranstaltung in Trossingen zu zeigen, sollten die klimatischen und sicherheitstechnischen Voraussetzungen gegeben sein. „Das Archäologische Landesmuseum ist gerne zu Gesprächen mit den Kultureinrichtungen in Trossingen bereit“, schreibt das Ministerium. Eine weitergehende Überlassung sei aber leider nicht möglich.
Für Volker Neipp sind die Argumente des Ministeriums nicht ganz nachvollziehbar. Die klimatischen Rahmenbedingungen zu schaffen, sei im Auberlehaus überhaupt kein Problem, betont er, und deren regelmäßige Überprüfung aufgrund der fortgeschrittenen Digitalisierung auch nicht. „Weltweit werden Objekte wieder an ihren Originalfundorten ausgestellt“, sagt er. Die Funde aus Grab 58 seien nicht die ersten von Weltruhm in Trossingen, die hier zu sehen sind, meint Neipp und verweist etwa auf die Dinosaurier oder das letzte Solarrundhaus.
„Warum sollte ausgerechnet die Leier nicht in Trossingen einsehbar sein?“
Dazu komme, dass im Archäologischen Landesmuseum Konstanz, wo die Leier ausgestellt wird, nicht das gesamte Grab gezeigt werde. Die hölzerne Grabkammer befinde sich in Rastatt. „Die Objekte gehören zusammen“, sagt Neipp, „und sie gehören hier nach Trossingen.“Unabhängig davon sei aber schon die zeitweilige Ausstellung der Trossinger Leier ein „großer Moment“und Anlass zur Freude.
Das sieht auch Guido Wolf so. „Die Nachricht aus dem Wissenschaftsministerium ist eine hervorragende für Trossingen und Umgebung. Es kann gelingen, was schon seit rund 18 Jahren das Bestreben vieler Trossingerinnen und Trossinger war und ist: Die weltberühmte Trossinger Leier jedenfalls für einen bestimmten Zeitraum dort zu zeigen, wo sie einst auch geborgen wurde“, sagt Wolf nach Gesprächen und Schriftverkehr.
Er hatte sich Ende September mit einem Brief an seine Kabinettskollegin, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Theresia Bauer, gewandt. In diesem erinnerte er daran, dass im Winter 2001/2002 in Trossingen auf dem merowingerzeitlichen Friedhof mit dem Grab 58 einer der spektakulärsten frühmittelalterlichen Grabfunde geborgen wurde: Neben verschiedenen hölzernen Behältnissen beinhaltete dieser Fund auch eine Leier. Die Leier ist wegen ihrer Schmuckzeichnungen mit Kriegern und ineinander verschlungenen Tierleibern eine Sensation. Schon damals war der Wunsch groß, diese in der Musikstadt Trossingen ausstellen zu können. Wolf bat um Prüfung, ob eine Leihgabe für das Auberlehaus in Trossingen ermöglicht werden könnte.
Im Anschluss fand ein Gespräch zwischen Petra Olschowski, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst BadenWürttemberg und Minister der Justiz und für Europa Guido Wolf statt. Das zuständige Ministerium erklärte, dass der Wunsch, die Objekte am Originalschauplatz zu präsentieren, nachvollziehbar sei. Allerdings sei „eine dauerhafte Überlassung der Originalobjekte – nach intensiver Prüfung – nicht möglich“, heißt es.
Olschowski betont, dass es sich bei der Leier und dem übrigen Grab-inventar aus Grab 58 um einen herausragenden Fund handelt, dessen Bedeutung weit über das Land hinausgehe. „Es sind Objekte von Weltrang, die in der Dauerausstellung des Archäologischen Landesmuseums zu den besonderen Höhepunkten gehören“, so die Staatssekretärin. Die Funde könnten dauerhaft an sechs Tagen der Woche ganztägig angesehen werden.
Neipp kontert das mit den Besucherzahlen der beiden Museen: Das Archäologische Landesmuseum werde im Jahr von durchschnittlich 40 000 Besuchern frequentiert, das Auberlehaus von 9000. Da das Trossinger Museum aber nur sonntags geöffnet habe, schneide Konstanz im Vergleich schlecht ab, sagt Volker Neipp. Und solle die Leier beziehungsweise das komplette Grab dauerhaft nach Trossingen zurückkehren, so Neipp, wäre das ja vielleicht ein Ansatz für den neuen Bürgermeister, um das Museum täglich zu öffnen. „Wir kämpfen weiter dafür, dass die Leier für immer an ihren Originalfundort zurückkehrt“, verspricht der Auberlehaus-Leiter. „Wir lassen keine Sekunde locker.“