Nur Waldschmidt trifft nach couragiertem Auftritt
Deutschland gewinnt in einer wohl einmaligen Aufstellung gegen ebenfalls ersatzgeschwächte Tschechen mit 1:0
Lange über Fan-Bindung: Distanz wird größer
Fanforscher Harald Lange (Foto: dpa) sieht die Fans immer weiter vom Profifußball wegrücken. „Die Ent-Emotionalisierung findet schon seit Monaten statt und schreitet in sehr großen Schritten voran“, sagte der Sportwissenschaftler der Universität Würzburg und Gründer des Instituts für Fankultur in einem Interview der Zeitungen der VRM-Gruppe. „Hier fungiert die Pandemie sozusagen als Brandbeschleuniger. Die Emotionalität, die Leidenschaft und vor allem die Bindung der Fans ist die Basis des modernen Profifußballs. Und wenn die wegbricht, dann gibt es da auch nichts mehr zu verdienen, dann brechen Sponsoren und Fernsehgelder weg“, prophezeite Lange. Der 52-Jährige sieht den Deutschen Fußball-Bund und die Deutsche Fußball Liga in der Pflicht. „Der Fußball muss sich jetzt so organisieren, dass er hinterher wieder eine Identifikationsmöglichkeit bietet, dass jeder sagen kann: ,Das ist mein Sport, da stehe ich voll dahinter.‘“(dpa)
Islands blonder Liebling künftig im Showgeschäft
Der isländische WM-Star Rurik Gislason (Foto: dpa) beendet im Alter von 32 Jahren seine Fußballkarriere. „Ich habe schon vor einiger Zeit beschlossen, dass ich die Schuhe an den Nagel hängen werde“, sagte der Ex-Profi des SV Sandhausen. „Das ist ein großer Schritt, und ich schließe nicht aus, dass ich die Schuhe irgendwann noch einmal anziehe – aber nicht jetzt.“Vor ihm lägen derzeit andere spannende Projekte – so eine Fernsehshow in Deutschland, ein isländischer Film und Musik. Während der WM in Russland 2018 hatte der Stürmer mit den langen blonden Haaren viel Aufmerksamkeit in den sozialen Netzwerken auf sich gezogen. Vor seiner Einwechslung in der Partie gegen Argentinien hatte er um die 30 000 Instagram-Follower – kurze Zeit später waren es bereits mehr als eine Million gewesen. Gislason war 2015 zum 1. FC Nürnberg gekommen. Ein halbes Jahr vor der WM ging er zum SV Sandhausen, wo sein Vertrag diesen Sommer nicht verlängert worden war. Für Island hat Gislason 53 Länderspiele bestritten und dabei drei Tore erzielt. (dpa/SID)
Havertz’ Erfahrung: Corona ist kein Spaß
Fußball-Nationalspieler Kai Havertz (Foto: dpa) geht es nach seiner Covid-19-Erkrankung „mittlerweile wieder besser“, doch der 21-Jährige hat deutlich davor gewarnt, das Coronavirus zu unterschätzen. „Wichtig ist, dass alle verstehen, dass es kein Spaß ist“, sagte der Mittelfeldakteur des FC Chelsea: „Wir sollten da schon aufeinander aufpassen.“(SID)
(SID) - Ziemlich reife Leistung der jungen Garde: Im neuen Lieblingsspielort Leipzig hat sich die Nationalmannschaft auch ohne Manuel Neuer und Co. Schwung für die entscheidenden Nations-League-Duelle geholt. Das Not-Team von Bundestrainer Joachim Löw mit zwei Debütanten (den Neulingen Nummer 111 und 112 der Ära Löw) gewann am Mittwochabend das Testländerspiel gegen das ebenfalls stark ersatzgeschwächte Tschechien mit 1:0 (1:0). In Leipzig siegte die DFB-Auswahl zum zehnten Mal in Folge – Rekord von Hannover eingestellt.
Luca Waldschmidt (Benfica Lissabon) erzielte bereits in der 13. Minute mit seinem zweiten Länderspieltor den Siegtreffer – mustergültig vorbereitet von Nationalmannschaftsneuling Philipp Max. Der Linksverteidiger von PSV Eindhoven wusste auf Anhieb zu überzeugen, während auf der rechten Abwehrseite Ridle Baku (VfL Wolfsburg) bei seiner Premiere etwas wackelte. Beim 1:0 sollte es bleiben; der starke Gladbacher Florian Neuhaus traf das Lattenkreuz (77.).
Sehr viele Erkenntnisse konnte Joachim Löw aus seinem 70. Testspiel als Bundestrainer allerdings nicht ziehen. Schon am Samstag (20.45 Uhr/ZDF) im vorletzten Nations-League-Spiel an selber Stelle gegen die Ukraine wird eine völlig andere Mannschaft auf dem Platz stehen. Dann stoßen auch die geschonten Münchner Triple-Gewinner um Kapitän Neuer und andere Stammspieler zum Team. Bei einem abermaligen Erfolg kämpft die DFB-Auswahl zum Jahresabschluss am kommenden Dienstag in Sevilla gegen Spanien um den Gruppensieg in der Nationenliga.
Nicht im Kader stand am Mittwoch Torhüter Oliver Baumann. Der Hoffenheimer verließ nach zahlreichen Corona-Fällen bei seinem Club das Teamquartier und begab sich als Vorsichtsmaßnahme in häusliche Quarantäne. Deutlich schlimmer hatte es jedoch Tschechien erwischt, der Weltranglisten-45. beklagte zahlreiche Ausfälle durch positive Tests und Verletzungen.
Trotzdem tat sich die neuformierte deutsche Mannschaft anfangs schwer, im Spielaufbau fehlte es eindeutig an den Automatismen. England-Legionär Ilkay Gündogan, der in seinem 40. Länderspiel zum zweiten Mal die Kapitänsbinde trug, war bei seinem 45-Minuten-Auftritt zwar um Organisation und kreative Ideen bemüht. Doch die erste Torchance hatten die Tschechen durch Kapitän Borek Dockal (5.). Der Führungstreffer gab dem jungen DFB-Team bald darauf mehr Elan, der auch von der verletzungsbedingten Auswechslung von Jonas Hoffmann schon nach 20 Minuten nicht gebrochen wurde. Gündogan (28.) und vor allem Julian Brandt (32.) sowie der eingewechselte Nadiem Amiri (42.), die ihre Großchancen
fahrlässig vergaben, hätten für eine beruhigendere Halbzeitführung sorgen können.
Nach dem Seitenwechsel änderte sich am Spiel kaum etwas, Deutschland blieb spielbestimmend, ohne den ganz großen Zug zum Tor zu entwickeln. Die Tschechen, bei denen der starke Bremer Jiri Pavlenka das Tor hütete, hatten nun zwar häufiger den Ball, doch sie wussten damit nur selten etwas Vernünftiges anzufangen. Die DFB-Abwehr, in der Robin Koch in zentraler Position als aufmerksamer Organisator und starker Zweikämpfer herausragte, hatte kaum Probleme.
In der 51. Minute hatte das LöwTeam Pech, als ein klares Handspiel des Tschechen Tomas Soucek im Strafraum nicht mit Elfmeter geahndet wurde. Kurz darauf vergab der eingewechselte Mahmoud Dahoud (60.) freistehend. Gegen Ende geriet die DFB-Elf doch unter Druck, Löw schimpfte an der Seitenlinie. Dann setzte Neuhaus den Ball gegen das Torgestänge – Torhüter Kevin Trapp rettete anschließend noch stark gegen Matej Vydra (82.). Neuhaus bemängelte hernach: „Wir haben es verpasst, das zweite Tor nachzulegen, und uns das Leben schwer gemacht.“
Joachim Löw indes hob das Positive hervor: „In der Konstellation werden wir wohl nicht mehr zusammenspielen. Aber die Jungs haben sich reingehängt, ich bin zufrieden. Das war der Sieg, den wir wollten. Insgesamt war das echt in Ordnung.“
Trapp (Eintracht Frankfurt/30 Jahre/5 Länderspiele) - Tah (Bayer Leverkusen/24/12), Koch (Leeds United/24/5), Rüdiger (FC Chelsea/27/36) - Baku (VfL Wolfsburg/22/1), Gündogan (Manchester City/30/40)/ab
46. Dahoud (Borussia Dortmund/ 24/2), Neuhaus (Borussia Mönchengladbach/23/2), Max (PSV Eindhoven/27/1)/ab 68. Schulz (Dortmund/27/12) - Hofmann (Mönchengladbach/28/2)/ab
20. Amiri (Leverkusen/24/5), Waldschmidt (Benfica Lissabon/24/5), Brandt (Dortmund/24/ 34). – Pavlenka Mateju, Brabec, Jemelka, Novak/ ab 46. Soucek - Holes, Barak/ab
68. Kral - Kopic/ab 78. Ondrasek, Dockal/ab 68. Darida, Cerny/ab
46. Jankto - Krmencik/ab 46. Vydra. – 1:0 Waldschmidt (13.). – keine (in Leipzig).