Heuberger Bote

Die Belastung nimmt zu

RKI-Chef Wieler bei Entwicklun­g „vorsichtig optimistis­ch“– Dennoch werden mehr Covid-19-Opfer erwartet

- WASHINGTON TRIPOLIS WIEN BERLIN DEN HAAG HONGKONG BERLIN Von Hajo Zenker

Biden macht Weggefährt­en Klain zum Stabschef im Weißen Haus

(dpa/AFP) - Der gewählte US-Präsident Joe Biden treibt trotz des Widerstand­s von Amtsinhabe­r Donald Trump den Aufbau seiner Regierungs­mannschaft voran. Bidens langjährig­er Vertrauter Ronald Klain wird die Schlüsselp­osition des Stabschefs im Weißen Haus übernehmen. Der 59-Jährige bringt für die Corona-Krise wichtige Erfahrunge­n mit: Er war 2014 Koordinato­r der US-Regierung während der Ebola-Epidemie. Klain hat US-Medienberi­chten zufolge Biden auch während seines Wahlkampfe­s in Corona-Fragen beraten. Biden und der Politik-Stratege kennen sich schon seit Jahrzehnte­n. Der Jurist Klain arbeitete bereits in den 1980er-Jahren für den Demokraten, als der noch im US-Senat saß. Der Absolvent der Eliteunive­rsität Harvard hatte als Favorit auf den Posten gegolten.

Mehr als 90 Flüchtling­e bei Bootsunglü­cken vor Libyen ertrunken

(dpa) - Beim Untergang von zwei Booten mit Flüchtling­en vor der Küste Libyens sind mehr als 90 Menschen ertrunken. Die Internatio­nale Organisati­on für Migration (IOM) meldete am Donnerstag, vor der Stadt Chums im Westen Libyens seien mindestens 74 Menschen ums Leben gekommen. Die Hilfsorgan­isation Ärzte ohne Grenzen (MSF) erklärte außerdem über Twitter, weiter westlich seien vor der Stadt Surman 20 Menschen gestorben. An Bord des vor Chums verunglück­ten Bootes sollen nach IOM-Angaben mehr als 120 Menschen gewesen sein, darunter auch Kinder. 47 Überlebend­e seien von der Küstenwach­e und Fischern an Land gebracht worden, teilte IOM weiter mit. 31 Leichen seien geborgen worden. Die Suche nach Opfern gehe weiter. MSF zufolge wurden nach dem Untergang des zweiten Bootes drei Frauen als einzige Überlebend­e von Fischern gerettet.

Vorwurf des Behördenve­rsagens nach Anschlag in Wien wird untersucht

(dpa) - Nach dem Terroransc­hlag von Wien mit vier Todesopfer­n soll eine Untersuchu­ngskommiss­ion in vier Wochen einen ersten Bericht zu Vorwürfen des Behördenve­rsagens vorlegen. Leiterin der Kommission wird Strafrecht­sprofessor­in Ingeborg Zerbes, wie die österreich­ische Nachrichte­nagentur APA am Donnerstag berichtete. Zu den anderen Mitglieder­n gehört der ehemalige Münchener Polizeiprä­sident Hubertus Andrä. Ein wegen der versuchten Ausreise zur Terrormili­z „Islamische­r Staat“vorbestraf­ter 20-Jähriger hatte trotz der Betreuung in einem Bewährungs­programm vergangene Woche den Terroransc­hlag verübt. Innen- und Justizmini­sterium hatten danach angekündig­t, eine „unabhängig­e Kommission“einzusetze­n.

Steinmeier warnt vor Entfremdun­g zwischen Armee und Gesellscha­ft

(AFP) - Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier hat vor einer Entfremdun­g zwischen Bundeswehr und Gesellscha­ft gewarnt. „Armee und Gesellscha­ft dürfen sich in einer Demokratie niemals fremd werden“, sagte Steinmeier am Donnerstag bei einem feierliche­n Gelöbnis von Soldatinne­n und Soldaten am 65. Gründungst­ag der Bundeswehr. Es drohe in der Bevölkerun­g ein „freundlich­es Desinteres­se, eine Gleichgült­igkeit, die dem Vertrauen zwischen Bundeswehr und Gesellscha­ft nicht dient“. Seit der Aussetzung der Wehrpflich­t gebe es in unserer Gesellscha­ft „weniger Wissen über die Bundeswehr von heute“, sagte Steinmeier.

Botschaft Saudi-Arabiens in Den Haag beschossen

(dpa) - Nach Schüssen auf die Botschaft Saudi-Arabiens in Den Haag hat die Polizei am Donnerstag einen Verdächtig­en festgenomm­en. Der 40-Jährige stamme aus der unweit Den Haags gelegenen Gemeinde Zoetermeer, teilte die Polizei mit. Der Verdächtig­e werde verhört. Verletzt wurde durch die am frühen Morgen abgegeben Schüsse niemand. Zu möglichen Hintergrün­den der Tat gab es zunächst keine Informatio­nen.

Scharfe Kritik an Ausschluss prodemokra­tischer Abgeordnet­er in Hongkong

(AFP) - Die Amtsentheb­ung von prodemokra­tischen Abgeordnet­en des Hongkonger Parlaments hat internatio­nal Empörung ausgelöst. Großbritan­niens Außenminis­ter Dominic Raab verurteilt­e am Donnerstag eine „Unterwande­rung des hohen Grads an Autonomie Hongkongs“durch Peking. Die EU sprach von einer „willkürlic­hen Entscheidu­ng“und forderte die Wiedereins­etzung der Abgeordnet­en. Peking richtete derweil eine Drohung an die verblieben­en prodemokra­tischen Abgeordnet­en, die aus Protest gegen den Ausschluss ihrer Kollegen geschlosse­n zurücktret­en wollten.

Die Hongkonger Behörden hatten am Mittwoch vier prodemokra­tischen Abgeordnet­en auf Grundlage des umstritten­en Sicherheit­sgesetzes mit sofortiger Wirkung ihr Mandat entzogen.

- Die Corona-Lage in Deutschlan­d bleibt nach Einschätzu­ng des Robert-Koch-Instituts (RKI) sehr ernst. Das Infektions­geschehen nehme weiter in ganz Deutschlan­d zu, Kliniken meldeten zunehmend Engpässe, die Zahl der Intensivpa­tienten und der Toten steige. Wirkt der Teil-Lockdown, der seit knapp zwei Wochen gilt?

Wie sehen die Zahlen aktuell aus?

Das RKI meldete am Donnerstag­morgen 21 866 neue Ansteckung­en. Am Tag zuvor waren es 18 487 gewesen. Am Donnerstag vergangene­r Woche hatte der Wert bei 19 990 gelegen. Ein Höchststan­d war am Samstag mit 23 399 Fällen erreicht worden. Für RKI-Chef Lothar Wieler sind diese Zahlen weiter „sehr hoch“, doch sei er „vorsichtig optimistis­ch“, denn: „Die Kurve flacht sich ab“, sagte er am Donnerstag. Es gehe nicht mehr so steil nach oben wie noch im Oktober. Jedoch sei noch nicht klar, ob dies eine stabile Entwicklun­g sei. Zudem wisse man nicht, ob hier schon LockdownMa­ßnahmen griffen oder sich die hundertpro­zentige Auslastung der Labore widerspieg­eln. Insgesamt gelte: „Wir müssen noch ein paar Monate die Pobacken zusammenkn­eifen“, sagte er.

Wie geht es mit dem Lockdown weiter?

Wieler geht davon aus, dass selbst nach einem Ende der momentanen Einschränk­ungen das Leben nicht wie gewohnt weitergehe­n kann. „Maßnahmen werden uns noch lange begleiten. Auch dann, wenn es in absehbarer Zeit einen wirksamen Impfstoff geben könnte.“Es werde leider dauern, bis alle, die das möchten, sich impfen lassen könnten. Bis dahin hänge weiter alles vom Verhalten der Menschen ab. „Auch wenn wir von den hohen Zahlen runter kommen, müssen wir Maßnahmen den ganzen Winter fahren.“Ähnlich äußerte sich auch Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU): Veranstalt­ungen mit mehr als zehn bis 15 Menschen wie Weihnachts­feiern und andere Geselligke­iten sehe er „in diesem Winter nicht mehr“, sagte er. „Dieses Virus hat sehr lange Bremsspure­n.“Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor davon gesprochen, dass die zweite Welle wegen der Wintermona­te härter werden könne.

Gibt es Hoffnungss­chimmer?

Bei der Ausbreitun­g des Erregers spielt eine große Rolle, wie viele Menschen ein Erkrankter ansteckt. Hier sieht es besser aus: Die Reprodukti­onszahl, kurz R-Wert genannt, lag laut RKI am Mittwochab­end bei 0,89 (Vortag: 0,92). Das heißt, dass zehn Infizierte neun weitere Menschen anstecken. Liegt der Wert für längere Zeit unter eins, flaut das Infektions­geschehen ab. Laut RKI-Vize Lars Schaade sollte die Zahl möglichst „bei 0,7 oder noch niedriger“liegen. Ohne Corona-Maßnahmen würde der R-Wert nach Ansicht des RKI übrigens bei drei bis vier liegen.

Wie sieht es in den Kliniken aus?

Hier nimmt die Belastung zu. Laut Wieler sei damit zu rechnen, dass manche Kliniken an ihre Kapazitäts­grenzen kämen. Rund die Hälfte der Krankenhäu­ser in Deutschlan­d melde inzwischen Engpässe. Häufigster Grund sei das Personal, das zum Teil ebenfalls erkranke oder in Quarantäne müsse. Die Belegung der Intensivbe­tten steigt dann auch spürbar. Laut dem Register der Deutschen Interdiszi­plinären Vereinigun­g für Intensivun­d Notfallmed­izin (DIVI) liegen derzeit 3186 Covid-19-Patienten auf Intensivst­ationen, davon müssen 1813 künstlich beatmet werden. Vor zwei Wochen waren es 1696 (826) gewesen. Knapp 6600 Intensivbe­tten sind derzeit nicht belegt. Notfalls müssen laut Gesundheit­sminister Spahn auch positiv auf das Virus getestete Mitarbeite­r von Kliniken oder Pflegeheim­en weiter arbeiten. Die „Rückfallrü­ckfallposi­tion“bevor die Versorgung zusammenbr­eche sei „die positiv Getesteten mit ganz besonderen Schutzvork­ehrungen auch arbeiten zu lassen“.

Was hat das für Folgen?

Die Zahl der an oder mit Covid-19 Verstorben­en steigt – im Schnitt überlebt jeder vierte Corona-Patient die Behandlung in der Intensivst­ation nicht. Laut Wieler werde die Zahl der Intensivpa­tienten und der Toten mit zeitlichem Verzug auch weiter steigen, denn die Intensiv-Patienten haben sich bereits zwei Wochen zuvor angesteckt. Ein Grund für die zunehmende Sterberate ist, dass laut RKI der Anteil älterer Personen unter den Covid-19-Fällen wieder zunimmt – bei Älteren sind schwere Verläufe viel häufiger als bei Jungen. Aktuell ist die Zahl der Todesfälle im Zusammenha­ng mit dem Virus um 215 auf insgesamt 11 982 gestiegen.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA

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