„Ein Jahr können wir überbrücken“
Frank Kitzke, Vorsitzender des Orchester Hohnerklang, zu Problemen von Musikensembles nach zweitem Teil-Lockdown
- Der zweite TeilLockdown ist auch für die musikalischen Ensembles in Trossingen wie ein Keulenschlag gewesen. Wie verkraften sie die neuerliche Zwangspause? Redakteur Michael Hochheuser sprach stellvertretend mit Frank Kitzke, Vorsitzender des Orchester Hohnerklang.
Das Orchester hat nun bereits zum zweiten Mal in 2020 eines seiner Highlights absagen müssen – nachdem wegen der Pandemie das „etwas andere Galakonzert“ausfallen musste, wurde nach dem neuerlichen Teil-Lockdown nun auch die Konzertreihe „Best of Hohnerklang“verschoben, die ja bereits als Ersatz für das Galakonzert geplant war. Wie ist denn nach diesen Tiefschlägen die Stimmungslage?
Es ist natürlich unbefriedigend. Wir waren gerade wieder frohen Mutes. Zum Glück hatten die Vorbereitungen bisher relativ wenig Kosten verursacht – lediglich das Porto für die Versendung der Eintrittskarten, das
Konzerthaus hatten wir kostenfrei reserviert. Viele, die eigentlich kommen wollten, spenden uns nun das Eintrittsgeld, so dass wir die Kosten wieder raus haben. Wir rechnen ab und überweisen das Geld für die anderen Karten zurück, weil wir nicht sagen können, was im Juni sein wird, wenn „Best of Hohnerklang“nun nachgeholt werden soll. Allerdings hatten meine Frau und ich umsonst 30 Stunden ehrenamtliche Arbeit investiert in die Vorbereitungen.
Wie viele Konzerte musste das Orchester Hohnerklang wegen Corona bisher absagen oder verschieben?
Insgesamt sieben, unter anderem bei Hochzeiten von Mitspielerinnen, in Balingen, Hirschau und Viernheim sowie bei den Stadtmeisterschaften, zudem zwei Bewirtungsaktionen an der Volksbank und beim Weihnachtsmarkt. Das sind Einnahmen, die wir dringend benötigen, um den Vereinsbetrieb aufrechtzuerhalten. Zum Glück unterstützt uns der Deutsche Harmonika-Verband, wie auch andere Ensembles, finanziell in vierstelliger Höhe. Schwierig würde es, wenn wir bis Ende 2021 kein Land sehen würden. Ein Jahr können wir überbrücken. Eigentlich wollten wir dieses Jahr eine neue Verstärkeranlage anschaffen für knapp 12 000 Euro. Das Geld haben wir nun lieber gespart und die bisherige Anlage überholt. Ich bin froh, dass wir dieses Geld auf der hohen Kante haben.
Was hat das Orchester unternommen, um in einem weitgehend konzertfreien Jahr die Musiker bei Laune und bei der Stange zu halten?
Seit dem ersten Teil-Lockdown sind wir immer bewusst auf Sicht gefahren mit dem Wissen, dass etwas kurzfristig nicht stattfinden kann. Wir haben ein Video fertiggestellt, für das wir jede Stimme aufgenommen haben. Das hatte allein bei Facebook mehr als 30 000 Besucher und bisher 5000 Klicks bei Youtube. Im Frühjahr haben wir ein Hygienekonzept entwickelt, wie wir die Probenarbeit wieder aufnehmen könnten. Schließlich haben wir 20 Mundharmonikaspieler, die unter Blasmusik fallen, für die besondere Abstandsregeln gelten. Ab Ende Juni haben wir wieder geprobt – im großen Saal der Trossinger Musikschule, wo wir auch eigene Räume haben, die aber nicht groß genug waren für das Einhalten der Abstände. Das hat gut geklappt.
Wie ist es um die Motivation der Musiker bestellt, da so viele Auftritte ausfallen?
Bei den ersten Proben war die Teilnahme noch verhalten. Alle waren vorsichtig. Aber es hat sich herumgesprochen, dass wir das Hygienekonzept haben, mit unter anderem dem Führen von Listen der Teilnehmer. Wir sind absolut sauber – es könnten ja Kontrollen kommen. Bei den letzten Proben waren jeweils mehr als 30 Mitglieder dabei, bei 42 aktiven Musikern. Natürlich konnten wir keinen zur Teilnahme zwingen. Wir fragten vor jeder Probe ab, ob alle Instrumente besetzt sind und wir eine spielbare Truppe haben. In den Wochen, in denen wir nicht proben können, nutzen wir jeden Freitag Zoom, um miteinander Kontakt zu halten.
Welche Auftritte sind denn 2020 konkret ins Wasser gefallen? Und wo hat das Orchester Hohnerklang spielen können?
Ende März wollten wir in Kernen im Remstal auftreten unter dem Motto „Hohnerklang and friends“. Wir hatten ein tolles Programm vorbereitet. Das wurde dann verschoben auf Ende September. Unter Einhaltung der Coronaregeln haben wir zwei Mal gespielt vor je 120 Zuhörern, eigentlich wären 480 möglich gewesen. Das war unser einziger auswärtiger
Auftritt dieses Jahr. Bereits im Juli haben wir entschieden, dass wir das „etwas andere Galakonzert“unter dem Motto „Kölz trifft kölsche Töne“am 21. November nicht durchführen. Es wäre der Gegenbesuch des Ersten Kölner Akkordeonorchesters gewesen. Es sollte eine musikalische Battle geben, beide Orchester hätten gemeinsam auf der Bühne gestanden und im Wechsel gespielt. Das wären mehr als 100 Musiker gewesen. Wir wollten den Termin aber nutzen, weil wir uns von Corona nicht unterkriegen lassen wollen. So entstand die Idee für „Best of Hohnerklang“. Im Internet konnte man abstimmen über die Titel, die wir an einem Wochenende bei vier Konzerten mit je 75 Minuten spielen sollten. Wir haben 250 Karten verkauft. Dann kam der neue Teil-Lockdown. Nun haben wir als Ersatztermin den 12. und 13. Juni 2021 vorgesehen. Wenn es dann auch nicht funktionieren sollte, weiß ich auch nicht mehr, was man noch tun soll.
Wie sieht es denn bei den beiden Jugendorchestern des Hohnerklang aus? Gerade bei jungen Musikern dürfte es doch schwierig sein, sie dauerhaft zu begeistern, wenn sie nicht auftreten dürfen. Gab es wegen der Corona-Pause schon Abmeldungen?
Bis dato nicht. Auch beim Orchester Hohnerklang nicht, dessen Mitglieder zwischen 18 und 72 Jahren alt sind. Die Absicht bei den Jugendorchestern mit jeweils rund 20 Mitgliedern war, den Probebetrieb nach den Sommerferien wieder aufzunehmen. Es sollte gerade losgehen – da kam der neue Teil-Lockdown. Wir haben alle Kinder und Jugendlichen mittels Online-Unterricht erreicht und so den Kontakt gehalten, das hat gut funktioniert. Deshalb haben wir auch die Musiklehrer und Ausbilder weiterbezahlt.