Immer weniger Helfer im Helferkreis
Ehrenamtliche Integrationsarbeit ist oft sehr zeitintensiv – Corona erschwert die Situation
- Immer weniger Ehrenamtliche engagieren sich aktiv im Helferkreis Flüchtlinge in Seitingen-Oberflacht. Hinzu kommen die Auswirkungen der CoronaPandemie, die die Integrationsarbeit vor Ort zusätzlich erschweren. Petra Maresch, die Sprecherin des Helferkreises, war von Anfang an dabei. Sie berichtet im Gespräch mit unserer Zeitung, wie sie die Veränderungen in der Integrationsarbeit wahrgenommen hat.
„Damals, als das neu erbaute Flüchtlingsheim hier in unserer Gemeinde seine Pforten öffnete, waren wir im Helferkreis sehr euphorisch und gespannt auf unsere neuen Aufgaben“, sagt sie. Das habe sich jedoch im Laufe der Zeit und aktuell coronabedingt deutlich verändert: „Einige unserer durchweg ehrenamtlich arbeitenden Mitglieder sind mittlerweile nicht mehr aktiv dabei. Das ist bedauerlich“, schildert Maresch. „Aber sie haben oftmals festgestellt, dass sie durch ihr Engagement zu wenig Zeit für ihre anderen Vereinstätigkeiten hatten.“
Der Helferkreis, ursprünglich bestehend aus 30 Mitgliedern aller Generationen – die Jüngsten waren Schülerinnen, daneben Berufstätige und Rentnerinnen – ist stark geschrumpft. Beim letzten Treffen Ende September hatten nur noch zehn Mitglieder teilgenommen, so Maresch. „Natürlich hat die Corona-Pandemie stark dazu beigetragen, dass gerade die Älteren verständlicherweise Kontakte meiden. Und für die Jüngeren hat sich der Alltag durch Homeschooling drastisch verändert. Zudem dürfen wir seit Mitte März nicht mehr ins Heim“, erklärt die Sprecherin.
Sie betont, dass alle Vorsichtsmaßnahmen verständlich seien. „Nur: Sie erschweren unsere ohnehin nicht einfache Arbeit zusätzlich.“Bevor die ersten Kontaktbeschränkungen in Kraft getreten waren, hatte sich der Helferkreis regelmäßig einmal pro Monat getroffen. „Das war natürlich ein ideales Forum für uns, um uns über die zu betreuenden Familien
und Jugendlichen auszutauschen“, sagt Maresch.
Solche Treffen, wie auch das Sommer-Grillfest oder das monatliche „Café international“können nun nicht mehr stattfinden. „Gerade diese geselligen Zusammentreffen von allen Mitgliedern des Helferkreises, Teilen der Bevölkerung, des Bürgermeisters und den Bewohnern des Heims fehlen. Es waren einfach integrative und fröhliche Momente“, bedauert Maresch. Auch überregionale Helferkreis-Treffen, die regelmäßig von der Diakonie organisiert wurden, seien bis auf weiteres abgesagt.
Gerade dieser persönliche Austausch fehle heute. Denn die Arbeit mit den Flüchtlingen sei sehr zeitaufwändig. „Manchmal war ich fünf bis sechs Stunden pro Tag in Sachen Flüchtlingshilfe unterwegs“, erinnert sich Maresch. Dabei sei auch die psychische Belastung groß: Viele der Flüchtlinge kommen aus Kriegsgebieten, haben zum Teil auch selbst Gewalt und Folter erlebt. Zu alledem kommt die Ungewissheit, wie und wo die Reise endet. „Es bedarf großer Empathie und viel Fingerspitzengefühl, bis sich solch traumatisierte Menschen öffnen und Vertrauen gewinnen“, erklärt Maresch.
Gegenseitiges Vertrauen sei eine der Grundlagen für das gemeinsame Arbeiten. Die Aufgaben, die die Ehrenamtlichen übernehmen, sind vielfältig, aber in der aktuellen Situation laut Maresch nicht leicht: „Arztfahrten, Hausaufgabenhilfe, Behördengänge, fristgerecht Anträge stellen, mit Anwälten und der Krankenkasse korrespondieren oder gemeinsam zum Jobcenter fahren – all das ist seit Beginn der Pandemie deutlich erschwert bis unmöglich geworden.“Dabei habe die Einführung der neuen Datenschutzgesetze auch zuvor schon die Kommunikation mit Behörden und Anwälten
erschwert.
Darin sieht Maresch einen weiteren Grund für den Rückgang der ehrenamtlichen Helfer: „Die Arbeit im Helferkreis haben sich einige anfänglich einfacher vorgestellt – doch hat sich im Laufe der Jahre gezeigt, dass manches auch trotz guter Absichten und trotz unermüdlichen Engagements nicht rund läuft.“Sie erinnert sich beispielsweise an die plötzliche Abschiebung einer Familie aus Georgien: „Seit zwei Jahren hatten wir mit dieser Familie nicht nur zusammen gearbeitet, sondern auch gemeinsam gekocht und uns angefreundet. Es war eines unserer bittersten Erlebnisse, als diese Familie plötzlich über Nacht abgeschoben wurde“, erinnert sich Maresch.
Dennoch bleibt sie für die Zukunft zuversichtlich und kämpferisch: „Auch wenn wir uns alle in den vergangenen Monaten auf gravierende Veränderungen einstellen mussten, so bleiben wir im Helferkreis als positiver Kern unter Einhaltung der Vorsichtsmaßnahmen aktiv.“