Rechtsanspruch auf Homeoffice wohl vom Tisch
Arbeitsminister Heil rückt von seinem Vorschlag ab – Stattdessen sollen Arbeitgeber Konditionen mit ihren Angestellten aushandeln
- Ein Rechtsanspruch von Arbeitnehmern auf 24 Homeoffice-Tage im Jahr ist aller Voraussicht nach vom Tisch. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gibt seinen Plan auf, nachdem er sich in der Koalition nicht gegen die Union durchsetzen konnte. „Da die CDU/ CSU Union bei dieser Frage offensichtlich noch nicht im Jahre 2020 angekommen ist, bin ich bereit, den Anspruch auf 24 Tage Homeoffice im Jahr zurückzustellen“, sagte Heil dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Übrig bleibt von der Idee allenfalls ein „Erörterungsanspruch“: Beschäfigte sollen nun nur noch das Recht bekommen, mit ihrem Arbeitgeber über den Homeoffice-Wunsch zu verhandeln. „Der Arbeitgeber darf den Wunsch dann nicht einfach so vom Tisch wischen, sondern muss gut begründen, warum es mit dem mobilen Arbeiten aus betrieblichen Gründen nicht geht“, erklärte Heil.
Am Plan, für das Modell Homeoffice einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, hält der Sozialdemokrat allerdings fest. Lücken bestehen nach Meinung Heils vor allem beim Unfallversicherungsschutz und bei der Erfassung der Arbeitszeit. Vor allem sieht der Bundesarbeitsminister die Gefahr, dass Arbeitnehmer zu Hause dem Unternehmen ohne ausreichende Pausenzeiten rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Heil hält deshalb digitale Systeme zur Erfassung der Arbeitszeit für notwendig. „Es geht nicht um eine Stechkarte zu Hause, aber wir brauchen eine Dokumentation der Arbeitszeit“, sagt Heil weiter. „Eines muss klar sein: Irgendwann ist Feierabend, auch im Homeoffice soll niemand rund um die Uhr zur Verfügung stehen.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Pläne Heils auf einen verbindlichen Rechtsanspruch von Anfang an sehr skeptisch gesehen und „Gesprächsbedarf “angemeldet. Jetzt hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) klargemacht, dass er den Anspruch rundweg ablehnt. „Arbeit im Homeoffice muss Sache der Firmen und ihrer Mitarbeiter bleiben“, sagte Altmaier der „Bild am Sonntag“. „Ich habe keinerlei Sympathie für Rechtsansprüche, die nur einigen wenigen Arbeitnehmern zugutekommen.“Schließlich würden Briefträger, Pfleger oder Chirurgen niemals von zu Hause aus arbeiten können. „In Corona-Zeiten sollten die Unternehmen so viel Homeoffice ermöglichen, wie es nur irgendwie geht, und das tun sie ja auch. Aber das ist eine Ausnahmesituation“, sagte Altmaier weiter. „Der Gesetzgeber sollte nicht alles mit Regularien verpflichtend bestimmen.“
Arbeitgeber und Wirtschaftsverbände hatten den Vorstoß Heils von Anfang an rundweg abgelehnt. So wecke ein gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice „bei vielen Berufsgruppen falsche Erwartungen“, wie Philipp Merkel, Leiter des Referats Arbeitsrecht beim Arbeitgeberverband Südwestmetall, der „Schwäbischen Zeitung“gesagt hatte. Der Wirtschaftsverband industrieller Unternehmen Baden (wvib) warnte davor, dass der kreative Austausch zwischen Mitarbeitern leide, wenn nur noch über digitale Systeme gesprochen und konferiert werde. „Büros sind Orte der Kommunikation – ein Forum. Das ist jetzt abgeschnitten“, warnt Münzer. Größere Unternehmen berichteten mehr und mehr, dass die Patentanmeldungen deutlich zurückgegangen sind, denn „der Kommissar Zufall fällt weg“, erklärt Münzer – mit Blick auf zufällige Treffen an der Kaffeetheke und informelle Gespräche in der Kantine.