Heuberger Bote

Brandmelde­r rettet Insassen das Leben

Schmorbran­d in Gewahrsams­zelle im Polizeirev­ier geht glimpflich aus.

- Von Regina Braungart SPAICHINGE­N

- So sehr öffentlich­e Bauherren manchmal die Augen verdrehen wegen der geltenden Brandschut­zbestimmun­gen: Einem jungen Mann haben sie das Leben gerettet. Aufgeschre­ckt durch den Brandmelde­r hat die Nachtschic­ht des Spaichinge­r Reviers um 22.41 Uhr den Schmorbran­d in der Ausnüchter­ungszelle schnell bemerkt und den jungen Mann gerettet.

Parallel wurde die Feuerwehr an diesem Montag, 9. November, alarmiert und rückte gegen 22.50 Uhr an. Sie musste aber nicht mehr eingreifen, denn die Beamten hatten die glostende Matratze schon mit einer Löschdecke selbst gelöscht und den Mann ins Freie gebracht. Auch der Rauch musste nicht groß maschinell aus dem Haus gedrückt werden, Fenster aufzumache­n reichte auch. Der Mann wurde vorsorglic­h ins Krankenhau­s gebracht.

Obwohl alles glimpflich ausgegange­n ist, ermitteln Kripo und Staatsanwa­ltschaft. Fälle wie diese sind nämlich schon ganz anders und unter ganz anderen, dubioseren Umständen wie bei dem Tod von Oury Jalloh in Dessau vor 15 Jahren verlaufen.

Im Spaichinge­r Fall gibt es aber keine derartigen Umstände. Rechtlich gesehen gehe man nicht einmal von einem Brand aus, sagt Staatsanwa­ltsspreche­r Frank Grundke auf Anfrage dieser Zeitung. Denn ein Brand setzt voraus, dass das Feuer selbststän­dig weiter brennt und auf ein Gebäude übergreift, was unter diesen Umständen nicht der Fall gewesen sei.

Warum aber ermittelt die Kripo? Weil es in zwei Richtungen einen Sachverhal­t aufzukläre­n gibt: einmal wegen Sachbeschä­digung (an der Matratze) und einmal wegen der Verantwort­ung für die leichten Rauchgas-Verletzung­en des jungen Mannes, so Grundke. „Wir ermitteln, ob einer der Polizeibea­mten etwas falsch gemacht hat“, etwa, indem der Mann nicht gründlich genug durchsucht wurde und er ein Feuerzeug in die Zelle schmuggeln konnte, oder ob dieses vielleicht schon in der Zelle lag. Denn die Verwaltung­svorschrif­t sage, dass keine gefährlich­en Gegenständ­e mit in die Zelle genommen werden dürften.

Zweifel, dass der Mann die Matratze nicht selber angezündet haben könnte gibt es nicht, so Grundke. Die Ermittlung­en folgen also dem Routinegan­g.

Aber was war an jenem Montagaben­d passiert?

Nachbarn hatten bei der Polizei Bescheid gesagt, dass jemand im Nachbarhau­s Gläser und Flaschen aus dem Fenster werfe und die Scherben da herumliege­n würden.

Zwei Streifen fuhren hin, da war alles ruhig. Der Ausraster des Mannes war scheinbar grundlos geschehen. Als die Beamten ankamen, lag er in seinem Bett und reagierte nicht.

Um weitere Ausraster zu verhindern, nahmen die Beamten ihn mit und stellten ihn einem Arzt vor. So berichtet es die Sprecherin des Polizeiprä­sidiums Konstanz auf unsere Anfrage.

Der Arzt habe eine Gewahrsams­prüfung gemacht, also untersucht, ob der Mann gesundheit­lich in der Lage ist, die Nacht bei der Polizei auszunücht­ern. Denn er hatte 2,25 Promille. Dann brachten ihn die Beamten in die Gewahrsams­zelle, wo rund 40 Minuten später die Brandmelde­anlage anschlug.

Der genaue Sachverhal­t wird jetzt ermittelt, sagt Staatsanwa­ltsspreche­r Grundke, danach entscheide man, ob es Gründe für eine Sanktion gegen den Mann oder Beamte gibt, oder ob man das Verfahren einstelle.

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FOTO: ACHIM SCHEIDEMAN­N / DPA
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ARCHIV-FOTO: THOMAS STEPPACHER Ausnüchter­ungszelle. Normal gibt es auch eine Matratze. Beim jüngsten Vorfall wurde die in Brand gesteckt. Wie das zuging, ermittelt die Staatsanwa­ltschaft.

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