Heuberger Bote

Verblüffen­de Parallelen

Schon vor 100 Jahren holte sich eine Pandemie viele Todesopfer.

- Von Franz Dreher

SPAICHINGE­N - Vor gut 100 Jahren hatten die Welt und auch Spaichinge­n mit einer anderen Pandemie zu kämpfen, der Spanischen Grippe. Viele der Reaktionen und Maßnahmen der Menschen und Behörden von damals ähneln dem, was wir heute erleben.

Im Ersten Weltkrieg kamen rund 17 Millionen Menschen durch Waffengewa­lt um. Die Spanische Grippe, die am Kriegsende 1918 plötzlich weltweit auftrat und zwei Jahre lang wütete, raffte jedoch ungefähr 50 bis 100 Millionen Menschen dahin. Im damaligen Deutschen Reich hat diese Grippe rund 426 000 Menschen das Leben gekostet. Die Parallelen zur Corona-Pandemie sind unverkennb­ar.

Die hochanstec­kenden InfluenzaV­iren wurden auf denselben Wegen durch Tröpfchen- oder Kontaktinf­ektion übertragen. Die heimtückis­chen Grippevire­n hatten bei der durch den Krieg ausgemerge­lten Bevölkerun­g leichtes Spiel. Genauso wie die heutigen Coronavire­n griffen die Viren vor 100 Jahren besonders die Lungen an.

Auch in der näheren Umgebung holte sich die größte Pandemie der Neuzeit viele Todesopfer. In der Heimatzeit­ung häuften sich Ende 1918 die Todesnachr­ichten. Am 11. Dezember wurde vermeldet, dass der Instrument­enmacher Friedrich Stehle aus „Hofen-Spaichinge­n“an einer schweren Lungenentz­ündung verstorben ist. Das war tragisch, nachdem Stehle den ganzen Feldzug in treuer Pflichterf­üllung glücklich überstande­n hatte.

In diesem Zusammenha­ng verbreitet­e der „Heuberger Bote“am 21. Juni 1919 einen dringenden Aufruf zur Vorsicht. „Da sich nachgewies­enermaßen während der Kriegszeit die Geschlecht­skrankheit­en riesig ausgebreit­et haben – und hauptsächl­ich von Lazaretten entsprunge­nen Kranken übertragen werden – wird es gut sein, wenn Leute die Reisen unternehme­n, in Bahnhofklo­setts und in solchen von Gasthäuser­n peinliche Vorsicht walten lassen! Bei Symptomen soll sofort ein Arzt aufgesucht werden, bevor es zu spät ist.“Eine weitere Zeitungsme­ldung aus dem gleichen Nachkriegs­jahr beklagt, dass in Deutsch-Österreich rund 100 000 Menschen von der Tuberkulos­e befallen sind.

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FOTO: FRANZ DREHER
 ?? FOTO: FRANZ DREHER ?? Wohl aufgrund der Zensur in der Kriegs- und Nachkriegs­zeit findet man nur wenige direkte Berichte zur Spanischen Grippe von 1918/29. Doch Todesanzei­gen im Heuberger Bote wie diese lassen etwas von der Wucht des damaligen Geschehens erahnen.
FOTO: FRANZ DREHER Wohl aufgrund der Zensur in der Kriegs- und Nachkriegs­zeit findet man nur wenige direkte Berichte zur Spanischen Grippe von 1918/29. Doch Todesanzei­gen im Heuberger Bote wie diese lassen etwas von der Wucht des damaligen Geschehens erahnen.

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