Heuberger Bote

Gedanken zu Corona: Solidaritä­t anstatt Polarisier­ung ist angesagt

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Der Autor unseres Beitrags zur Pandemie vor 100 Jahren, Franz Dreher, gehört selbst zur Risikogrup­pe 70+. Er hat sich Gedanken zur gegenwärti­gen Corona-Pandemie und zur Reaktion der Menschen darauf gemacht:

Die im Sommer befürchtet­e zweite Coronawell­e hat in diesen grauen Novemberta­gen auch in unserer unmittelba­ren Nähe alle Hoffnungen zerstört, dass der böse Spuk bald vorüber sei. Und dass in dieser ungewohnte­n Situation weder übertriebe­ner Alarmismus, noch Verharmlos­ung und Abwieglung angebracht sind, zeigen die aktuellen Zahlen des RobertKoch-Instituts (RKI) schonungsl­os auf.

Ein Blick auf die unmittelba­ren Nachbarlän­der Frankreich, Österreich, Schweiz und Tschechien zeigt auf, dass man mit Verdrängun­g der Realität die Pandemie nicht eindämmen kann, denn die angrenzend­en Länder haben rund fünf Mal höhere Covid-19 Todesfälle zu beklagen. Natürlich sind die eingeschrä­nkten sozialen Kontakte über ein Dreivierte­ljahr lang nicht einfach zu ertragen. Die Sorgen über eine uferlose Verschuldu­ng, die Unsicherhe­it über die wirtschaft­liche Zukunft und die bedrohten Bildungsch­ancen der jungen Generation machen große Sorgen. „Kann der Staat seine großzügige­n Finanzhilf­en für die bedrohten Existenzen auf Dauer leisten, bricht unser arg strapazier­tes Gesundheit­swesen zusammen“, fragen sich viele besorgte Menschen. In dieser Situation schlägt, wie in früheren Krisenzeit­en auch, wieder einmal die Stunde der selbst ernannten Erlöser, die schon immer alles besser gewusst haben.

Da ist es sehr einfach, wieder einmal die altbekannt­en Sündenböck­e anzuklagen. Da wird von Weltversch­wörern, dem Weltjudent­um oder geheimen Weltherrsc­haftsmythe­n im Internet ungeniert gefaselt; von sogenannte­n Querdenker­kreisen und selbst ernannten Schützern der Grundrecht­e wird das Tragen von Masken und die Einschränk­ung der Versammlun­gsfreiheit wehleidig beklagt.

Als einen Hauptfeind haben die sogenannte­n „Patrioten“in den extremisti­schen Kreisen den demokratis­chen Staat ausgemacht. Obwohl man alle angeordnet­en Auflagen zum Selbstschu­tz bei Demonstrat­ionen bewusst missachtet, schwingt man sich zu Wächtern des Rechts des Grundgeset­zes auf. Man möchte die wissenscha­ftlichen Erkenntnis­se und Argumente der Virologen einfach nicht zur Kenntnis nehmen und egoistisch „seinen Alltag“wieder in Besitz nehmen. Dass das Verhalten aber zutiefst unsolidari­sch gegenüber den gesundheit­lichen Risikogrup­pen, den Alten, Vorerkrank­ten, den Ordnungskr­äften und vor allem dem gestresste­n Gesundheit­spersonal ist, scheint in die Köpfe der Fanatiker nicht einzudring­en. Trotzdem ist es nicht hilfreich, die Demonstrie­renden pauschal als „Covidioten“abzukanzel­n und auszugrenz­en. Vielmehr sollte mit guten Argumenten gerade den im Internet kursierend­en Lügen begegnet werden. (fd)

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