Frauenhaus: Erhöhter Personalbedarf belastet Finanzen
Tuttlinger Einrichtung in Corona-Zeiten gut aufgestellt – Pandemie und mehr häusliche Gewalt als Herausforderung
(pm) Frauen sind häufiger häuslicher Gewalt ausgesetzt. Die Kriminalstatistik der Polizei weist für Baden-Württemberg im vergangenen Jahr 10 518 Fälle aus. Zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am Mittwoch, 25. November, fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband des Landes die Kommunen auf, in den Planungen wegen der Corona-Pandemie zusätzlichen Personalbedarf und kostenfreie Coronatests in Frauenhäusern zu berücksichtigen.
„Die Corona-Pandemie hat die Situation von Gewalt betroffenen Frauen verschärft. Die Suche nach einem Schutzplatz und die Fluchtplanung sind erheblich erschwert“, sagt Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. Dies liege zum einen daran, weil die Partner seltener das Haus verließen. Zum anderen würde die Sorge, sich in einer Einrichtung mit vielen Menschen mit dem Corona-Virus zu infizieren, die Frauen abhalten, sich Schutz und Hilfe zu holen. Nur so ließe sich erklären, warum aktuell häusliche Gewalt zunehme, die Nachfrage nach Schutz in einem Frauenhaus aber zurückgehe.
Generell seien die Frauenhäuser durch die finanziellen Corona-Soforthilfen des Landes gut gegen die Pandemie gerüstet. Die räumliche Dichte des Zusammenlebens in den Unterkünften sei durch Anmietung externer Quartiere aufgelockert und umfangreiche Hygienemaßnahmen in Form von Mundschutzmasken, Sichtschutz und Desinfektionsmitteln selbstverständlich. „Im Fall einer Quarantäneanordnung tun die Frauenhäuser alles, um für die Bewohnerinnen Ausweichquartiere zu finden“, sagt Wolfgramm. Allerdings sei der Personalaufwand erheblich gestiegen, die Finanzierung aber noch nicht geregelt. Wolfgramm fordert kostenfreie Tests im Bedarfsfall von Bewohnerinnen und Mitarbeiterinnen.
„Die Situation bedeutet für die Mitarbeiterinnen eine Vielzahl an zusätzlichen Aufgaben. Die Arbeitsund auch psychische Belastung ist extrem hoch“, bestätigt Juliane Schmieder, Leiterin des Frauen- und Kinderschutzhauses Tuttlingen. „Wir haben im April eine externe Wohnung angemietet, um eine Überbelegung des Frauenhauses zu vermeiden. Nach Möglichkeit werden dort neu aufgenommene Frauen und ihre Kinder zunächst für 14 Tage isoliert untergebracht, damit im Falle einer Corona-Infektion das Virus nicht ins Frauenhaus getragen wird. Wir sind aber auch im Falle einer Quarantäneanordnung gut und sicher aufgestellt: Durch die externe Wohnung haben wir die Möglichkeit, betroffene Frauen und Kinder dorthin zu verlegen“, sagt Schmieder.
Die Unterbringung gewaltbetroffener Frauen an zwei Standorten bedeute für die Mitarbeiterinnen faktisch aber mehr Arbeit, erklärt die Tuttlinger Frauenhaus-Leiterin weiter. Die Übernahme der Miete externer Quartiere durch das Land sei hilfreich. „Der Personalaufwand durch die Versorgung der Menschen in Quarantäne und in dem Außenquartier wird jedoch von keinem Kostenträger, weder vom Land noch vom Landkreis, getragen. Dieser Fakt ist für die Trägervereine auf Dauer katastrophal“, sagt sie.
Die Leiterin des Tuttlinger Frauenund Kinderschutzhauses Juliane Schmieder ist erreichbar unter der Telefonnummer 07461/ 2066 oder per Email an: