Heuberger Bote

„Uns Gastronome­n fällt die Decke auf den Kopf“

Neue Pächter der Traditions­gaststätte auf dem Dreifaltig­keitsberg leiden unter der Krise

- Von Frank Czilwa SPAICHINGE­N

- „Ich glaube, ich bin einer von den Pechvögeln“, sagt Pietro Palmiscian­o und lacht nur halbironis­ch. Am 2. Juli hatten er und seine Frau Jeanine als neue Pächter die Traditions­gaststätte auf dem Spaichinge­r Dreifaltig­keitsberg – nach dem ersten „Shutdown“der Gastronomi­e wegen Corona – endlich wieder eröffnen können; und am 31. Oktober mussten sie – wegen des zweiten Shutdowns – auch schon wieder zumachen.

Damit fällt auch das gesamte Weihnachts­geschäft aus und die für Oktober bis Dezember bereits gebuchten Familienfe­iern, Bankette und Gesellscha­ften. – Absagen für über 700 Personen; „und da sind die kleinen Gruppen noch gar nicht mit eingerechn­et, nur die großen Feiern“, so Gastwirt Pietro Palmiscian­o.

Die Zeit der Schließung haben die Palmiscian­os aber sinnvoll genutzt, um den Gastraum noch ein wenig aufzufrisc­hen: Sie haben den Holzboden geschlifff­en und neu versiegelt und die Sitzpolste­r der Bänke und Stühle neu bezogen. In Kooperatio­n mit der Hirschbrau­erei wurde außerdem die Theke neu gemacht – auch wenn sich das aufgrund verschiede­ner Umstände verzögert hat. Die neue Theke soll nicht nur eine kosmetisch­e Auffrischu­ng bringen, sondern auch den Service schneller und effiziente­r machen, da künftig fünf verschiede­ne Getränke direkt aus dem Fass gezapft werden können. Die Karte soll – wenn man dann wieder aufmachen darf – noch um ein paar weitere italienisc­he Gerichte erweitert werden, wobei aber der gutbürgerl­ich deutsche Charakter der Küche beibehalte­n wird. Ihre drei festangest­ellten Aushilfen und die Minijobber haben sie in Kurzarbeit geschickt, mussten aber niemanden entlassen. Zum Sommer soll zudem ein zweiter Koch eingestell­t werden. Immer wieder kommen den Palmiscian­os neue Ideen, wie sie die eine oder andere Kleinigkei­t noch verbessern könnten. „Umso länger der Lockdown geht, um so mehr Geld gebe ich aus“, stellt Pietro Palmiscian­o fest. „Ich finde es halt schade, dass man uns Gastronome­n den Stecker gezogen hat – ganz unabhängig von den finanziell­en Ausfällen. Uns fällt einfach die Decke auf den Kopf.“Denn Gastronome­n seien Trubel gewohnt, der Umgang mit Menschen, Freundlich­keit und Service seien für sie eine „Leidenscha­ft“. All das fehlt ihnen jetzt. Was Pietro Palmiscian­o bisher auch noch fehlt, das sind die beantragte­n Corona-Hilfen für die Ausfälle im November. Dennoch ist er zuversicht­lich, dass das Geld auch bei ihm ankommen wird. „Wir sind ja keine Bananenrep­ublik“, sagt er. Zumal er von einigen Bekannten und Verwandten wisse, die ihre Beihilfen bereits bekommen haben.

In den ersten Monaten sei man beim Publikum gut angekommen, hat – allein durch Mundpropag­anda – zahlreiche Gäste aus Spaichinge­n und der Region bekommen und davon schon einige als Stammkunde­n gewonnen. „Es ist schon schön, wenn man ankommt.“Nach dem erneuten Shutdown müssen sie daher nicht wieder ganz von vorne anfangen, sondern können sich auf eine gewisse Stammkunds­chaft verlassen.

Auch jetzt kommen sie immer wieder mit Leuten ins Gespräch, die als Pilger, Spaziergän­ger, Wanderer oder – wegen der Ausstellun­g des Stadtkünst­lervereins – als Kunstfreun­de auf den Berg kommen, und die darauf warten, wenn es wieder losgeht. „Wir haben sogar einen anonymen Brief bekommen, in dem man uns gedankt hat und zum Durchhalte­n ermuntert.“Sogar 20 Euro waren dem Schreiben beigelegt.

Was den Leuten manchmal nicht ganz klar sei, ist, dass so ein Ausflugslo­kal ein extremes Saisongesc­häft mit großen Schwankung­en ist: „Bei schlechtem Wetter haben wir vielleicht nur 20 Prozent Auslastung. Wenn dann die Sonne scheint, sind es auf einmal 250 Prozent.“Man kann aber nicht immer kurzfristi­g das Personal aufstocken oder gar langfristi­g für einen möglichen Ansturm vorhalten. „Da wären wir schnell pleite.“Und so könne es dann schon mal zu längeren Wartezeite­n kommen, und „es gab Tage, wo wir überforder­t waren“, gibt Pietro Palmiscian­o zu. Zumal er stolz darauf ist, dass in seiner Küche keine Fertigprod­ukte verwendet, sondern alles frisch und „à la minute“zubereitet wird. „Wir klopfen jedes Schnitzel selber.“

Pietro Palmiscian­o wünscht sich, dass die Menschen die Gaststätte auf dem Berg nicht nur als „Auflugskio­sk“betrachten, wo man nach dem Wandern mal kurz was trinkt, sondern als richtiges „Ausflugsre­staurant“, zu dem man bewusst zum Essen geht. Sie möchten aber kein „Schickimic­ki-Lokal“sein, sondern eine Gaststätte für Jedermann.

Für das kommende Jahr haben die Palmiscian­os schon so manche Idee: ein Frühlingsf­est, Grillen im Freien oder einen Pizza-Wagen. Ob und wann das umgesetzt werden kann, steht aber noch in den Sternen: Denn „mit Corona kann man ja nichts planen.“

 ?? FOTO: FRANK CZILWA ?? Pietro und Jeanine Palmiscian­o sind immer wieder aufs neue von dem tollen Ausblick von ihrer neuen Heimat, dem Dreifaltig­keitsberg, begeistert. Nur leiden die leidenscha­ftlichen Gastronome­n darunter, dass ihrer Gastwirtsc­haft gerade wegen Corona „der Stecker gezogen“worden ist.
FOTO: FRANK CZILWA Pietro und Jeanine Palmiscian­o sind immer wieder aufs neue von dem tollen Ausblick von ihrer neuen Heimat, dem Dreifaltig­keitsberg, begeistert. Nur leiden die leidenscha­ftlichen Gastronome­n darunter, dass ihrer Gastwirtsc­haft gerade wegen Corona „der Stecker gezogen“worden ist.

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