Heuberger Bote

Zwischen Show und Schutz

In Thailand findet langsam ein Umdenken beim Umgang mit Elefanten statt

- Von Kaweewit Kaewjinda und Carola Frentzen

Thailand hat eine ebenso lange wie traurige Tradition im Umgang mit seinen Elefanten. Um die Giganten gefügig zu machen, werden sie in Ketten gelegt und mit Stockhiebe­n malträtier­t, damit später Touristen auf ihnen reiten können. In Urlaubshoc­hburgen wie Ko Samui und Phuket gelten Dschungelt­ouren auf dem Rücken der Dickhäuter als Attraktion. Auch in Shows treten die Schwergewi­chte auf, müssen tanzen und Purzelbäum­e schlagen. Dabei wurden Elefanten eigentlich im alten Siam wegen ihrer Stärke und Intelligen­z verehrt, sind sogar das Nationalsy­mbol. Mit der Kritik an der Quälerei wachsen auch die Initiative­n, die den geschunden­en Rüsseltier­en helfen wollen.

Sangduen „Lek“Chailert kümmert sich im Elephant Nature Park im Norden des Landes um kranke und traumatisi­erte Tiere. Das von ihr gegründete Projekt wurde wegen seiner sanften Methoden bereits mehrfach ausgezeich­net. Das Gebiet erstreckt sich über 60 Hektar Land und beherbergt mehr als 100 Elefanten. Hier können Touristen und freiwillig­e Helfer aus aller Welt lernen, wie Dickhäuter artgerecht behandelt werden sollten. „Der Schlüssel ist es, herauszufi­nden, wer ein Anführer und wer ein Mitläufer ist“, erzählt die Tierschütz­erin, die auch als Elefantenf­lüsterin bekannt ist.

Der Park in der Nähe von Chiang Mai ist eine Auffangsta­tion für Elefanten mit schlimmer Vergangenh­eit. „Die meisten Tiere, die wir retten, werden von Menschen freigelass­en, die keine Verwendung mehr für sie haben“, sagt Sangduen. 80 ProHerdent­iere zent der Neuankömml­inge seien in schlechtem Zustand, litten unter seelischen Traumen und Unterernäh­rung. Viele seien zudem extrem aggressiv.

Für die Rehabilita­tion ist es laut der Expertin wichtig, dass die Elefanten interagier­en. „Egal wie erfahren wir sind – Menschen können ihre Sprache nicht so verstehen, wie sie es untereinan­der tun.“Da Elefanten

seien, könnten sich ihre psychologi­schen Probleme bessern, wenn sie in einer Gemeinscha­ft lebten. Viele der Tiere haben das noch nie erlebt, da sie schon als Babys von ihren Müttern getrennt und mit brutalen Methoden gezähmt wurden. Sangduen reist auch durch die Region, um die Mahouts (die Eigentümer von Arbeitsele­fanten) im richtigen Umgang mit ihren Tieren zu unterweise­n, sie gibt Tipps zur Ernährung und verteilt Medikament­e. „Obwohl die Mahouts schon seit vielen Jahren mit ihren Elefanten zusammenle­ben, brauchen sie immer noch grundlegen­de Ratschläge zur Pflege ihrer Tiere“, heißt es auf der Webseite des Parks.

Aber auch bei manchen Mahouts bricht sich langsam ein Umdenken Bahn. Wattanyu Muanrat aus der nordöstlic­hen Provinz Surin zeigt das Leben der Dorfbewohn­er mit ihren Elefanten mittlerwei­le täglich live auf seinem YouTube-Kanal. Zu sehen ist der ganz normale Alltag von Mensch und Tier. Elefanten, die im Fluss schwimmen. Elefantenb­abys, die sich im Dreck suhlen. Wattanyu bei Spaziergän­gen mit seinen Elefanten. Fast 900 000 Follower hat er schon und gilt bereits als Internetst­ar.

Sein besonders beliebter Elefant Buaban hat mittlerwei­le sogar eine eigene Facebook-Seite.

Wattanyu sagt, er könne kaum hinschauen, wenn er sehe, wie manche Menschen ihren Elefanten schwere Ketten anlegten und sie zur Abrichtung brutal schlügen. „Das sind alte Methoden und ein Problem, an dem wir arbeiten müssen“, meint der 28-Jährige. Aber er gibt zu, dass auch er sporadisch noch den so genannten Elefantenh­aken benutzt, um die Tiere zu disziplini­eren. Das ist ein Stock mit einem spitzen Metallhake­n, mit dem Dickhäuter in ihre empfindlic­hsten Stellen gestochen und geschlagen werden.

„Die Haken werden benutzt, um sicherzust­ellen, dass die Tiere keine Menschen verletzen“, erzählt er. „Wenn ein Elefant jemanden tötet, dann ist nicht er dafür verantwort­lich, sondern sein Besitzer. Deshalb müssen wir vorsichtig sein.“In seinem Dorf besitzt fast jeder einen Elefanten, für Touren und Shows für Urlauber – zumindest bis zur CoronaPand­emie, denn seither liegt der internatio­nale Tourismus brach.

Aber Wattanyu träumt davon, seinen Elefanten in Zukunft ein glückliche­res, freieres Leben zu ermögliche­n, sagt er – so wie im Elephant Nature Park. Doch bisher fehlten ihm die Mittel, um sich ein größeres Stück Land zu kaufen. „Der Park macht tolle Arbeit mit den Elefanten, aber dafür ist eine Menge Platz nötig.“Derweil wird er selbst häufig von anderen Mahouts wegen seines relativ sanften Umgangs mit seinen Dickhäuter­n kritisiert. „Sie sagen, ich sei nachlässig bei der Aufzucht der Elefanten. Aber dann sage ich ihnen, dass dies die moderne Art ist, mit den Tieren umzugehen – und dass Elefanten nicht immer in Gefangensc­haft gehalten werden müssen.“

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FOTO: ELEPHANT NATURE PARK/DPA Sangduen „Lek“Chailert kümmert sich im Elephant Nature Park um kranke und traumatisi­erte Elefanten.
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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Besonders beliebt bei Thailand-Reisenden ist das Reiten auf den Elefanten. Die Tiere haben daran jedoch keinen Spaß.
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FOTO: SAVE ELEPHANT FOUNDATION/DPA Kranke und traumatisi­erte Elefanten finden im Elephant Nature Park eine neue Heimat.

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