Keine Lieder im Freien
Michael Kasprzak, Sprecher der Gregorianikschola, zur Absage des geplanten Singens an Dreikönig
Auch ihr geplantes „Lightprogramm“mussten die Sternsinger nochmal ändern.
- Dem Virus jede Gelegenheit nehmen, von einem zum anderen Menschen überzuspringen ist der Sinn der derzeitigen Kontaktbeschränkungen. Dem gegenüber steht die Sehnsucht, dass vertraute Traditionen Rahmen und Halt geben. Dazu gehört auch die alljährliche Sternsingeraktion samt dem Segen für die Häuser fürs neue Jahr. Doch diesmal ist alles anderes. Regina Braungart hat sich mit dem Sprecher der Spaichinger Gregorianikschola, Michael Kasprzak, unterhalten.
Herr Kasprzak, die Gregorianikschola ist ja ein fester Bestandteil der Sternsingeraktion in Spaichingen und vor allem auf dem Dreifaltigkeitsberg, wenn der Albvereinsgau sein Wanderjahr beginnt. Diesmal nicht. Was hatten Sie stattdessen geplant?
Wir hatten den Tag geplant, mit den beiden Gottesdiensten in der Stadtpfarrkirche zu beginnen, was ja bleibt. Anschließend wollten wir in Balgheim in der Kirche oder bei gutem Wetter im Freien singen und dort für die Balgheimer sammeln. Danach in Dürbheim und dort auch für die Dürbheimer Aktion sammeln. Nach dem Mittagessen wollten wir auf dem Marktplatz singen, alles in enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung, aber da kam vor rund zwei Wochen die Absage. Am Nachmittag wollten wir auf dem Dreifaltigkeitsberg singen. Der Grundgedanke war: Wenn die Sternsinger nicht zu den Leuten kommen können, dann laden wir die Leute in die Kirche ein, weil wir zu Acht ja singen dürfen. Und wir wollten im Vorhof des Altenzentrums singen, dem Platz, wo dies am meisten wetterabhängig gewesen wäre. Um 16.45 Uhr hatten wir geplant, die Leute aus Hofen in die Kirche St. Josef einzuladen. Und schließlich zum Abschluss wollten wir nochmal in der Stadtpfarrkirche singen.
Ein Programm für einen ganzen Tag! Und jetzt geht es nicht. Warum eigentlich?
Nein, es geht nicht. Dass die Stadt die Außentermine untersagt hat, dafür habe ich größtes Verständnis.
Sinn ist ja, Menschenansammlungen zu vermeiden...
Aber in der Kirche wäre es nur möglich gewesen, wenn man jeweils einen Gottesdienst daraus macht. Dazu bräuchte es dann Voranmeldung, Ordner und all die Maßnahmen. Der Aufwand wäre hoch gewesen, wenn man jeweils einen zusätzlichen Gottesdienst gemacht hätte. Wir hatten gedacht, dass wir ein Angebot in den Kirchenräumen machen, damit die Menschen wie gewohnt die Gesänge hören können. Aber in der Verfügung des Bistums vom 15. Dezember, sie trägt die Nummer 39, steht, dass die Sternsingergruppen nicht unterwegs sein dürfen und dass die Gesänge in Gottesdienste eingebettet sein müssen. Das wird um 8.30 Uhr und um 10.30 Uhr sein. (Beim zweiten Gottesdienst mit Platzkarte, immer mit Kontaktdaten, Anm. d. Red.).
Aber warum wurden dann am Sonntag die Flyer ausgetragen, auf denen das längst inaktuelle Programm steht?
Das ist leicht zu erklären. An diesem Flyer ist der Überweisungsträger dran mit allen Infos zu der diesjährigen Sternsingeraktion, wie sie funktioniert und die Kontaktdaten des Pfarrbüros. Nur einer von acht Abschnitten hat das ursprüngliche Programm und den Abschnitt kann man nicht raustrennen. Man hätte die Seite dann mehrere tausend Mal durchstreichen müssen und das war nicht zu machen.
Kinder sind diesmal nicht im Einsatz .... ?
Doch, sie sind im Einsatz, indem sie die Flyer verteilt haben. Das weiß ich, weil meine auch dabei waren. Die ehemaligen Sternsinger sind gefragt worden, ob sie mitmachen. Dann wurden Gebiete verteilt, die Kinder haben die Flyer mitgenommen und auch ein bisschen was Süßes bekommen und sind dann am Sonntag losgezogen.
Aber warum können die Sternsinger nicht vor der Tür und mit Abstand singen?
Es wird ja auch sonst häufig vor der Tür gesungen. Aber das Bistum schreibt ja: „Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen bis zum 10. Januar 2021 dürfen an Dreikönig und an den Tagen davor keine Sternsingergruppen unterwegs sein, um Menschen zu Hause oder in Heimen und Einrichtungen zu besuchen. Auch das Singen auf öffentlichen oder kirchlichen Plätzen ist nicht möglich. Ich bitte Sie, den Segen und die Spendensammlung an Epiphanie in die Gottesdienste einzubetten.“Sie und ich können sagen: Aber da passiert doch nichts, wenn die Kinder draußen singen. Aber dann hätten wir uns gegen die Vorgaben des Bistums gestellt.
Die Tradition hat ja vor allem auch eine inhaltliche Bedeutung – ohne den Dreikönigssegen wollen die Gläubigen sicher nicht in dieses Jahr gehen. Was können sie tun?
Die Kinder haben den Flyer verteilt. Die Leute können per Überweisung spenden oder ein Spendentütchen im Pfarrbüro einwerfen. Man darf den Segensaufkleber im Pfarrbüro oder in der Kirche abholen.
Gibt es in der Kirche auch eine Kasse dafür? Wenn jemand unter der Woche in die Kirche gehen möchte?
Nein, im Kirchengebäude gibt es nur das Krippenkässle. Man kann ja die paar Schritte zum Pfarrbüro machen. Denn der Briefkasten wird oft geleert. Das ist sicherer.
Wem kommt die diesjährige Spende zugute?
Schwester Angela Lipp in Zimbabwe. Die Spaichinger Ordensschwester arbeitet in einem Orden mit, der in Zimbabwe ein Childrens Home betreibt und dort dringende Arbeit zu leisten hat. Ich habe Schwester Angela einmal gesprochen und sie hat eindrucksvoll berichtet über die Arbeit dort.
Und die anderen Spaichinger Missionare?
Die kommen turnusmäßig dran, Pater Otmar, Schwester Theresia, die Claretiner und Schwester Angela im Wechsel.
Die Schola gibt es ja schon lange. Und nicht nur als Sternsinger, oder? Wie verstehen Sie sich selbst?
Ja, seit 26 Jahren. Unser Hauptschwerpunkt
ist das Gestalten der Liturgie, also normale Gottesdienste. Hauptsächlich an Dreikönig, in der Fastenzeit, die Gründonnerstagsmesse und die Karmette an Karfreitag, in der Osternacht, das Abendgebet an Pfingsten, die Pfingstvesper, eine Vesper in Hofen, rund um die Kirchweihe, an Allerseelen in der Adventszeit beim Rotaregottesdienst um sechs Uhr morgens - das sind typische Termine. Aber wir singen nicht nur gregorianische, sondern auch deutsche Gesänge bis zu vierstimmig. Wir hatten vor Jahren den Sternsinger angeboten, sie zu unterstützen, wenn es für Kinder emotional oder auch räumlich schwierig wird. Zum Beispiel im Hospiz zu singen oder auf dem Dreifaltigkeitsberg.
Wie proben Sie?
Normalerweise jeden Freitag um 19 Uhr. Während der Pandemiezeit hat unser Leiter, Kirchenmusikdirektor Fehrenbacher, die Proben etwas auseinander gezogen. Seit Dezember dürfen wir nur noch Einsingproben vor den Gottesdiensten machen. Wir wissen nicht, wann wir wieder regulär proben dürfen.
Digital machen Sie nichts?
Nein, wir hatten bis Dezember ja den Luxus, mit bis zu acht Leuten proben zu dürfen.