Katastrophe bleibt bisher aus in sächsischer Partnerstadt
Regis-Breitingen kämpft mit Corona, hat in den vergangenen zehn Jahren aber eine positive Entwicklung
- Die Nachricht von Verstorbenen, die in einer Halle „zwischengelagert“werden müssen, weil sie das Zittauer Krematorium wegen doppelt hoher Sterbezahlen als sonst nicht mehr fassen kann, hat Zittaus Partnerstadt Villingen-Schwenningen aufgeschreckt. In Spaichingens sächsischer Partnerkommune Regis-Breitingen ist die Lage zum Glück nicht so dramatisch. Auch wenn es seit mindestens 15 Jahren sehr ruhig geworden ist um die Partnerschaft: Der Blick zur Entwicklung der kleinen Stadt, die aus zwei Ortsteilen mit mehreren Dörfern besteht, lohnt sich. Denn vor allem seit dem Anschluss an die S-Bahn nach Leipzig befindet sich die Gemeinde auf dem aufsteigenden Ast. Wir haben mit der langjährigen Hauptamtsleiterin Annett Steiniger gesprochen. Sie ist seit 1994 im Amt.
Knapp 4000 Einwohner hat RegisBreitingen
und gehört zum Kreis Leipzig Land. die Kreisstadt ist Borna.
Dort werden auch die Coronazahlen im Gesundheitsamt erhoben. Allerdings scheint dort die Informationspolitik deutlich weniger transparent zu sein, denn tages- oder gemeindescharf werden die Zahlen nicht herausgegeben. In der ersten Welle gab es in Regis-Breitingen nur einen einzigen Coronafall. Jetzt sind es seit Anfang November 70. Es habe auch Todesfälle in der Stadt gegeben, wie sie aus dem privaten Umfeld weiß, so Steiniger. Offiziell werde das aber nicht mitgeteilt, sondern alles nur auf Kreisebene.
Die Gemeinde schätze sich aber glücklich. Der Landkreis Leipzig Land habe derzeit zwar einen Inzidenzwert von 250. Damit sei man aber weit von den Gebieten Sachsens entfernt, die mit 700 oder noch mehr Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner in sieben Tagen kämpfen. Sachsen ist derzeit mit am schlimmsten gebeutelt.
Die Bürger ihrer Gemeinde halten sich an die Auflagen, beobachtet die Hauptamtsleiterin: „Regis ist sehr diszipliniert.“Am Anfang hätten zwar einzelne Jugendliche gemeint Parties feiern zu müssen, das habe sich jetzt aber gelegt. Die Gemeinde verzeichne wenig Verstöße, etwa wenn auf dem Supermarktparkplatz keine Maske getragen werde. Aber meist reiche ein kleiner Hinweis. Sorge bereitete vor allem, dass Regis sehr viele ältere Bürger habe. Zum Glück habe es im Pflegeheim noch keine Ausbrüche gegeben.
Sie persönlich fürchtet, dass die zu frühe Öffnung der Kindertagesstätten jetzt zur großen sächsischen Welle beigetragen haben könnte.
Die Stimmung sei gedrückt – auch weil jetzt die dunkle Jahreszeit sei. Die Leute sehnten sich danach rauszukommen. Bei Quarantäne aber funktioniere die Nachbarschaftsund Verwandschaftshilfe zur Versorgung, die Gemeinde habe noch nicht unterstützen brauchen, so Steiniger. Ansonsten sind die Themen überall dieselben: Im Rahmen des Digitalpakts habe die Gemeinde Laptops für die Grund- und Oberschüler (was der Realschule entspricht) angeschafft, die aber noch nicht alle abgerufen werden mussten. Auch weil die Grundschüler
sehr viel auf Papier arbeiteten.
Dass Regis-Breitingen außer Handwerks- und Handelsbetrieben sowie einer Spedition nicht viel Gewerbe hat, lassen sich nun auch keine Einbrüche spüren. Die Menschen arbeiten im Homeoffice, in Leipzig oder auch noch im Tagebau in der Region, für den vor Jahren eine der Teilgemeinden, Heuersdorf, komplett verschwunden ist.
Das Baugebiet, das für die ehemaligen Heuersdorfer zur Umsiedlung vorbereitet war, wurde nicht in dem Maße gebraucht und so siedelten sich zahlreiche junge Familien aus Leipzig an. Zumal vor einigen Jahren die Stadt an die S-Bahn angeschlossen wurde. In 35 Minuten sei man in Leipzig auf dem Markt. „Besser geht es nicht“, so die Hauptamtsleiterin. Die Bevölkerung wächst wieder und vor allem ist die totale Überalterung gestoppt. Noch vor zehn Jahren standen die Kinderbetreuungseinrichtungen oder die Oberschule vor der Schließung, das ist jetzt vom Tisch. Im Gegenteil, es wurde ein ganz neuer zusätzlicher Kindergarten gebaut, der jetzt schon wieder erweitert werden muss, und die Grundschule wurde vergrößert.
Auch sonst sei die Infrastruktur, die auch von umliegende Gemeinden genutzt werde - bis auf die sanierungsbedürftige Oberschule - jetzt im Schuss, Halle, Bibliothek und Freibad saniert. „Wenn jetzt noch Gewerbe käme, wäre alles perfekt“, so Steiniger.
Politisch sei Regis-Breitingen sehr schwankend, im Stadtrat seien sechs Fraktionen - keine AfD - und die Bürgermeister seit der Wende gehörten der CDU, der SPD, der CDU, der Linken und derzeit aktuell der Freien Wähler an.
Einzelne private Kontakte zwischen den beiden Partnerstädten gebe es noch, aber seit
Mitte der 2000er sei der offizielle
Kontakt nach Spaichingen ganz eingeschlafen.
Übrigens: Wer sich wundert, beim Anklicken der Homepage www.regis-breitingen.de auf der
Seite einer Firma zu landen: Diese hatte die städtische Homepage betrieben. Nun ist eine neue mit einem modernen System im Aufbau. Sie wird www.stadt-regis-breitingen.de lauten, weil die frühere Firma die Domain nicht übergeben hat.