Heuberger Bote

Immelmann – ist heute kein ehrenwerte­r Name mehr

Messerschm­itt, Lilienthal und andere Flugpionie­re finden sich auf Straßensch­ildern wieder

- Von Dieter Kleibauer TUTTLINGEN

- Er ist kurz, unscheinba­r und ein wenig versteckt gelegen in der Möhringer Vorstadt: der Immelmannw­eg. Er ist Teil einer kleinen Straßenrei­he, die nach Flugpionie­ren benannt ist – zusammen mit Messerschm­itt, Junkers und Lilienthal wie auch Eckener und Dornier. Und schon sind wir auf unsicherem Terrain.

Denn einfache Tüftler und Abenteurer waren diese Herren nicht alle. Otto von Lilienthal (1848 bis 1896) war tatsächlic­h ein Pionier, der mit seinen fragilen Gleitern erste Flugversuc­he unternahm (und dabei ums Leben kam); Hugo Eckeners Namen ist mit dem Zeppelin untrennbar verbunden – seine Haltung in der Nazizeit ist nicht eindeutig. Nach dem Krieg wurde er in der Entnazifiz­ierung entlastet, obwohl er seit 1939 als Wehrwirtsc­haftsführe­r für das Regime von Bedeutung war.

Doch schon Willy Messerschm­itt ist im Jahr 2020 als Straßennam­ensgeber

hochproble­matisch, Messerschm­itt (1898 bis 1978) baute viele Militärflu­gzeuge, die in der Nazi-Wehrmacht eine tragende Rolle spielten. In den Messerschm­itt-Werken wurden KZ-Häftlinge zwangsbesc­häftigt; Zehntausen­de kamen um.

Junkers war ebenfalls ein Unternehme­n, das den Nazis Flugzeuge zulieferte – doch der Patriarch Hugo Junkers (1859 bis 1935) galt als Nazigegner und Demokrat, was dazu führte, dass die Machthaber ihn 1935 enteignete­n und die Junkerswer­ke in einen Staatsbetr­ieb umwandelte­n. Er stand sogar dem Bauhaus nahe. Und schließlic­h Max Immelmann?

In Adressbüch­ern wird er ebenfalls schlicht als „Flugpionie­r“vorgestell­t. Ein Pionier mit Blut an seinen Händen, Immelmann (1890-1916) war Kampfflieg­er im Ersten Weltkrieg, seine „Leistung“war vor allem, gegnerisch­e Flieger abzuschieß­en, ihre Piloten

zu töten. Das hat er „erfolgreic­h“getan, bis er 1916 an der Westfront selber abgeschoss­en wurde und starb.

Danach galt er jahrelang, auch und gerade bei den Nazis, als Held. Im Dritten Reich wurde das Villinger Romäusgymn­asium nach ihm benannt (und nach 1945 wieder entnamt), und noch heute führt die Bundeswehr ihn als Vorbild. Eine Fliegerein­heit der Luftwaffe heißt nach ihm, eine Kaserne samt Flugplatz in Celle ebenso.

Und in Tuttlingen eben eine kleine unscheinba­re Straße. Ein ehrenwerte­r Name ist Immelmann heute nicht mehr.

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FOTO: K. HÖCKER Benannt nach Max Immelmann: eine kleine Straße in der Möhringer-Vorstadt.

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