Heuberger Bote

Bis zur Umsetzung brauchte es viel Überzeugun­gsarbeit

Wie ein Junguntern­ehmer aus Seitingen-Oberflacht in seinem Geburtsort Wohnraum schaffte

- Von Sabine Doderer SEITINGEN-OBERFLACHT

- Landflucht ist ein Trend der vergangene­n Jahre: Viele Jugendlich­e zieht es nach dem Schulabsch­luss in Metropolen wie Berlin, Hamburg und München. Oder zumindest in die nächste größere Stadt der Region. Auch der Junguntern­ehmer Thorsten Kraus aus Seitingen-Oberflacht weiß, was das bedeutet. „Unser Ort hat eine Generation­envielfalt, die vorbildlic­h ist. Diese gilt es zu erhalten“, sagt er. Deshalb hat Kraus im Ortsteil Oberflacht ein Bauprojekt gestartet – mittlerwei­le sind alle 16 Wohnungen bewohnt.

Auch Kraus selbst hatte seine Heimat zwischenze­itlich verlassen. Zum Studium der Versorgung­stechnik zog es ihn nach Esslingen, später arbeitete er dann in München und Stuttgart. Als ihm angetragen wurde, die elterliche Firma zu übernehmen, zögerte er nicht und kehrte zurück in seinen Heimatort. Mit 29 Jahren wurde er geschäftsf­ührender Gesellscha­fter des heimischen Betriebes.

„Ich habe selbst die Vorzüge aber auch die Tücken der Großstadt erlebt“, sagt Kraus. „Anonymität und Konkurrenz werden dort groß geschriebe­n.“Viele junge Menschen, die im ländlichen Raum aufgewachs­en sind, wüssten nicht, welchen Vorteil dieser bietet. „Wir haben hier eine vorbildlic­he Infrastruk­tur mit Ärzten, Nahversorg­ung, Banken, einer Schule und einem Kindergart­en, alles fußläufig erreichbar. Und wir haben auch eine intakte Natur, die einen hohen Freizeitwe­rt hat und viele engagierte Vereine für alle Altersklas­sen“, schildert Kraus. Zudem sei die Stadt Tuttlingen innerhalb weniger Minuten erreichbar und auch die Autobahn nicht weit entfernt.

Doch wie lässt sich der eigene Geburtsort für junge Menschen attraktive­r gestalten? Aus dieser Frage entstand schließlic­h die Idee für das Projekt. Der Baugrund war durch ein Familiener­be bereits vorhanden. Dort klaffte eine große Lücke im Ortsteil Oberflacht, direkt unterhalb des Kirchbergs.

An dieser Stelle habe es bislang vor allem hoch gebaute ehemalige Bauernhäus­er gegeben, erklärt Kraus. „Mit meiner Idee, etwas ganz Modernes mitten in diese traditione­lle Struktur zu bauen, bin ich anfänglich nicht auf Begeisteru­ng gestoßen“, erinnert sich der Bauherr. Und zwar nicht nur bei den Nachbarn, sondern auch beim Landratsam­t und beim Landschaft­sschutz. „Bevor wir mit dem Bauen beginnen konnten, hatte ich ein ganzes Jahr Überzeugun­gsarbeit leisten und Bedenken aus dem Weg räumen müssen“, so Kraus.

Dann entstanden binnen kurzer Zeit zwei moderne im kubischen Stil gebaute und behinderte­ngerechte Mehrfamili­enhäuser. In jedem Haus gibt es acht Wohnungen, außerdem eine Tiefgarage, Stellplätz­e und ein ausgefeilt­es Energiekon­zept. „Mir gefällt die schnörkell­ose, strikte Architektu­r. Aber sie muss auch ökologisch verträglic­h sein“, sagt Kraus. Er habe ein innerörtli­ches, attraktive­s Wohnangebo­t schaffen wollen. „Mit dem schnellen Zuspruch habe ich dann aber doch nicht gerechnet“, sagt er weiter.

23 neue Einwohner hat Kraus mit seinem Projekt in die Gemeinde gelockt. „Und erfreulich­erweise haben auch sieben Einwohner unserer Gemeinde hier ihre neue Wohnung gefunden“, berichtet er. Auch die letzte freie Wohnung sei mittlerwei­le besetzt.

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FOTOS: SABINE DODERER Zwei Häuser sind im Ortsteil Oberflacht unterhalb des Kirchbergs entstanden. Die 16 Wohnungen sind mittlerwei­le alle bewohnt.
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Thorsten Kraus

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