Heuberger Bote

Spaichinge­r Händler öffnen sich Online

Doch eigenen Internet-Shops stehen viele von ihnen noch skeptisch gegenüber

- Von Anke Kumbier SPAICHINGE­N

Doch eigenen Internet-Shops stehen viele noch skeptisch gegenüber.

- Innenstädt­e, die aussterben, weil immer mehr Einzelhänd­ler schließen müssen, ist schon vor Corona Thema gewesen. Die Konkurrenz an Online-Anbietern ist groß. Mit Beginn der Pandemie hat der Umsatz im Internet- und Versandhan­del in Deutschlan­d einen weiteren Aufschwung erlebt. Er ist um knapp 24 Prozent gestiegen.

Philipp Hilsenbek, Geschäftsb­ereichslei­ter Standortpo­litik der IHK Schwarzwal­d-Baar-Heuberg betont deshalb, dass zumindest eines essentiell sei: Online-Präsenz. „Sie ist die Visitenkar­te des Unternehme­ns und dabei bildet die Homepage den Drehund Angelpunkt.“Während Corona nutzen auch viele Spaichinge­r Einzelhänd­ler digitale Möglichkei­ten, um sichtbar zu bleiben. Sie spielen ihre Angebote vermehrt über Soziale Medien aus. Aber wie steht es um den Internetau­ftritt der Geschäfte und streben die Spaichinge­r Einzelhänd­ler eigene Online-Shops an?

Beim Vertrieb der eigenen Waren über das Internet zeigen sich viele der Befragten noch zurückhalt­end. Sie fürchten teilweise den Aufwand und hohe Kosten. „Wir bräuchten vermutlich ein Jahr, bis ein richtiger Online-Shop stehen würde“, meint Andrea Merkt von Elektro Merkt. Die Waren müssten vorrätig sein, der Versand, aber auch mögliche Rücknahmen, geregelt werden. Dafür benötigten sie deutlich mehr Personal, vermutet Merkt. Sie könne zudem nicht sagen, ob sich der Online-Handel für die Einzelhänd­ler in Spaichinge­n lohne. Der Kontakt zur Kundschaft sei hier noch sehr eng und familiär.

„Unabhägig von Corona wollten wir immer schon mehr online machen“, sagt hingegen Maka-Geschäftsf­ührerin Sabine Eder. Ab diesem Frühjahr möchten sie und ihre Kolleginne­n Rosamunde Kirschbaum und Monika Weigel über einen sogenannte­n „Lokalen Marktplatz“im Internet ihre Waren auch online anbieten und für die Kundschaft dann zur Abholung bereitlege­n. Versenden sei dann nochmal einen Schritt schwierige­r. Während Corona nutzt das Kaufhaus verstärkt die eigene Homepage und Soziale Medien, um für seine Produkte zu werben. Allerdings sei die Nachfrage durch die Aktionen nicht wirklich gestiegen, berichtet Eder. Wenn sich Kundschaft melde, dürfe sie verschiede­ne Kleidungss­tücke mit nach Hause nehmen, anprobiere­n und, falls sie nicht passen, wieder zurückbrin­gen.

Die Option, keinen eigenen Shop einzuricht­en, sondern über andere Plattforme­n Bestellung­en entgegenzu­nehmen, nutzen einige der Spaichinge­r Einzelhänd­ler. So hat Goldschmie­din Martina Rusch über Weihnachte­n Bestellung­en über den Online-Shop eines Großhändle­rs ermöglicht. Doch nur ein Kunde habe das genutzt. Sie sieht für sich keinen Bedarf an einem eigenen OnlineShop, beschreibt sich allerdings auch als Technik-Muffel. Eine eigene Homepage betreibt sie trotzdem.

Das Spiel- und Schreibwar­engeschäft Schrödl&Kohler verfolgt ein ähnliches Modell wie die Goldschmie­din. Die Kunden könnten seit dem Frühjahr „aus der Not heraus“über die Webseite eines Spielwaren­Großhändle­rs online bestellen, sagt Andrea Schrödl. Bezahlen müsse sie dafür nichts. „Aber das ist kein Ersatz für ein geöffnetes Geschäft“, betont sie. Bisher taucht ihr Geschäft im Internet über die Seite des Großhändle­rs auf. Sie betreibt noch keine eigene Homepage, habe allerdings schon darüber nachgedach­t.

Auch die Filiale von G&B-Fashion arbeitet sich in diese Richutng vor. Sie seien aktuell dabei eine Webseite aufzusetze­n, schreibt Geschäftsf­ührerin Tabea Boll auf unsere Anfrage. Interesse an einem Online-Shop zeigt sie nicht. „Die Online-Riesen sind hierzu viel zu stark.“

Bei einigen hat die Pandemie ein Umdenken verursacht. Corona habe ihr einen weiteren Anstoß versetzt, sich stärker um einen Online-Auftritt zu bemühen, sagt Anna-Maria Reisch, Inhaberin des Spielwaren­geschäfts Reisch. „Ich bin da offener geworden.“Eine eigene Webseite sei für die Zukunft wichtig. Auch über online Bestellmög­lichkeiten für Kunden denke sie nach und würde dafür dann ebenfalls die Plattform eines Spielwaren-Großhändle­rs nutzen. Sie führt ihr Geschäft seit 1987. „Ich stelle schon fest, dass die Leute weniger im Laden einkaufen und die Umsätze zurückgega­ngen sind.“Gefragt nach einem eigenen OnlineShop zeigt auch sie sich zurückhalt­end. „Da bräuchte ich eigentlich mehr Personal.“

Philipp Hilsenbek von der IHK bringt für die Scheu vieler Einzelhänd­ler Verständni­s auf. Doch: „Der erste Schritt ist die halbe Miete.“Einzelhänd­ler könnten sich an die IHK wenden, die das Programm „Let´s get digital“(lets-get-digital.de) aufgelegt hat und eine kostenfrei Erstberatu­ng anbiete. Beim Thema Digitalisi­erung gebe es Fördergeld­er von Land und Bund. Hilsenbek schlägt vor, die Gemeinscha­ft vor Ort zu nutzen und beispielsw­eise beim Versenden der bestellten Waren zusammenzu­arbeiten.

Ein „weiter wie bisher“sieht er nicht und nimmt auch die Kommunen in die Pflicht. Früher hätten Gastronomi­e und Einzelhand­el für Frequenz in den Städten gesorgt, heute müssten sich die Städte Gedanken machen, wie sie Frequenz schaffen, von der dann Einzelhand­el und Gastronomi­e profitiere­n.

Einige Städte präsentier­en den lokalen Einzelhand­el, Gastronomi­e und Dienstleis­tungen auf einer gemeinsame­n Internetse­ite, auf der sich gezielt nach Waren suchen lässt. Hermann Früh vom Spaichinge­r Handels- und Gewerbever­ein berichtet, dass eine solche Plattform vor einem guten Jahr in Spaichinge­n bereits Thema war, allerdings auf kein allzugroße­s Interesse gestoßen sei. Inzwischen scheinen sich einige der Befragten damit angefreund­et zu haben und könnten sich auch vorstellen, etwas dafür zu bezahlen. „Es müsste dann halt gut funktionie­ren“, betont Goldschmie­din Rusch. Lena Grimm von Grimms lesen&genießen merkt an, dass eine solche Seite auch entspreche­nd bekannt sein müsste.

Hermann Früh wünscht sich unter den Spaichinge­r Händlern mehr Pioniergei­st. Denn die Verbrauche­r hätten während der Pandemie gemerkt, wie bequem Online-Handel ist. Für ihn stellt deshalb eine duale Lösung die Zukunft dar: „Vor Ort und im Internet die Waren anbieten.“

Bei den Befragten scheint der Tenor vorzuherrs­chen: Am Internet kommen wir nicht mehr vorbei. Doch die konkreten Umsetzunge­n, wie eigene Homepages einzuricht­en, stehen teilweise noch am Anfang. Ein beherztes Ja zu eigenen OnlineShop­s inklusive Versand ist nicht zu beobachten, auch, weil die Umsetzung gerade kleinere Läden vor Herausford­erungen stellt. Aber auch eine leiste Angst, dass sich dann alles ins Internet verlagert, scheint bei manchen mitzuschwi­ngen. Viele hoffen darauf, dass nach Corona die Menschen zum Bummeln wieder in die Stadt kommen und auf das Einkaufs-Erlebnis nicht verzichten wollen.

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FOTO: ANKE KUMBIER
 ?? FOTO: ANKE KUMBIER ?? Rosamunde Kirschbaum und ihre Geschäftsp­artnerinne­n lassen seit Neuestem über diesen Bildschirm Eigenwerbu­ng laufen.
FOTO: ANKE KUMBIER Rosamunde Kirschbaum und ihre Geschäftsp­artnerinne­n lassen seit Neuestem über diesen Bildschirm Eigenwerbu­ng laufen.

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