Mehrheit befürchtet verödete Innenstädte
Südwesten in Sorge um die Einzelhändler – Branche kritisiert Corona-Hilfen des Bundes
- Die Wirtschaft ist der Stolz des Südwestens. Doch angesichts der CoronaPandemie sind die Bürger in BadenWürttemberg in Sorge. Nicht nur die Krise der Unternehmen und die eigene Situation bewerten viele kritisch, sie befürchten auch eine Verödung der Innenstädte, eine Pleitewelle der Einzelhändler. Im BaWüCheck, der repräsentativen monatlichen Umfrage der Tageszeitungen in Baden-Württemberg in Zusammenarbeit
mit dem renommierten Institut für Demoskopie Allensbach (IfD), äußerten 70 Prozent der Befragten diese Angst. Darunter sind sogar 40 Prozent davon überzeugt, dass die Entwicklung in Richtung Onlinehandel anhält und die Innenstädte dauerhaft an Attraktivität verlieren. Lediglich 15 Prozent halten diese Sorge für übertrieben, weitere 15 Prozent sind unentschieden.
Die Stimmung bei den Einzelhändlern gibt allen Anlass zu Beunruhigung. Ein großer Teil hat angesichts des anhaltenden Lockdowns Existenzängste. Auch die Hilfsangebote
des Staates seien nicht ausreichend. „Die Situation im Handel ist äußerst dramatisch“, sagte Hermann Hutter, der Präsident des Handelsverbandes Baden-Württemberg, am Mittwoch. Mehr als die Hälfte der Händler sehe spätestens in der zweiten Jahreshälfte ihre Geschäftsgrundlage gefährdet. Einer großen Mehrheit reichten die aktuellen Hilfsmaßnahmen nicht aus. So sagte der Ravensburger Mode- und Sportartikelhändler Roland Reischmann am Mittwoch: „Die Überbrückungshilfe III ist kompliziert, sie ist ungerecht und viel zu langsam. Reischmann hatte zuvor mit anderen Betroffenen die Initiative „Handel steht zusammen“ins Leben gerufen.
Zwar ist die Stimmung der Bevölkerung in Baden-Württemberg zu Beginn des neuen Jahres noch gedämpft: Die Mehrheit sieht, wie sich in der Umfrage der Tageszeitungen in BadenWürttemberg, dem BaWüCheck ergab, den nächsten zwölf Monaten skeptisch oder sogar mit ausgeprägten Befürchtungen entgegen: Das gilt für 52 Prozent, während 40 Prozent optimistisch sind.
Frauen sind zurzeit noch wesentlich skeptischer als Männer. Die mittlere Generation, die im Beruf steht, ist skeptischer als die junge und die ältere Generation.
Die Trendanalyse zeigt jedoch, dass der Optimismus seit Oktober wächst: Im Oktober sahen lediglich 30 Prozent den nächsten zwölf Monaten optimistisch entgegen, im November 37 Prozent, aktuell 40 Prozent.
Weiter zeigt sich: Trotz der ökonomischen Kollateralschäden der Krise und der großen Zahl der unmittelbar Betroffenen bewertet die Mehrheit der Bürger die wirtschaftliche Lage des Landes zurzeit gut. Insgesamt 57 Prozent schätzen die wirtschaftliche Lage des Landes positiv ein, 35 Prozent negativ.
Auch wenn die Mehrheit die wirtschaftliche Lage des Landes positiv sieht, fällt die Bilanz deutlich schlechter aus als in Vorkrisenzeiten. Vor allem ist die Bevölkerung jedoch überzeugt, dass die Wirtschaft noch nicht über den Berg ist. Die große Mehrheit erwartet, dass die Arbeitslosigkeit im Land in den nächsten Monaten steigt.
Nur eine Minderheit erwartet einen wirtschaftlichen Aufwärtstrend. 28 Prozent der Bürger in Baden-Württemberg gehen für 2021 von einem Aufschwung in der Wirtschaft aus, 37 Prozent dagegen von einem Abwärtstrend; 24 Prozent erwarten eine Seitwärtsbewegung, bei der sich an der aktuellen Situation auf absehbare Zeit nur wenig ändert.
Vor allem rechnet die Mehrheit mit zahlreichen Firmenpleiten. 56 Prozent der Bevölkerung sind überzeugt, dass viele Unternehmen bald aufgeben müssen.