Vogelgrippe: Kaum Fälle, keine Entwarnung
Seuchengeschehen wegen der Schneefälle schwer einschätzbar – Kreis beobachtet Situation
- Von einer grassierenden Krankheit zu sprechen, erscheint momentan übertrieben. Der Fund eines nun an der Vogelgrippe verstorbenen Schwans bei Konstanz zeigt aber, dass die Tierseuche weiterhin in der Region ist. „Es ist Vorsicht geboten“, betonen Dr. Karl Schwab und Dr. Berthold Laufer vom Veterinäramt des Landkreises Tuttlingen. Die Allgemeinverfügung bleibt deshalb bis mindestens 15. März in Kraft.
Das Geschehen sei aktuell schwer einzuschätzen, erklären die beiden Fachleute. Bei Wildvögeln könnten derzeit keine Auffälligkeiten beobachtet werden. Allerdings werde eine Einschätzung erschwert, weil durch den Schneefall der vergangenen Tage und Wochen mögliche Tierkadaver von einer weißen Schicht verdeckt werden. „Wir hatten aber ein Seuchengeschehen bei Wildvögeln“, schreiben die Leiter des Veterinäramts auf Anfrage unserer Zeitung. Bei einem schwer erkrankten Mäusebussard, der vor Weihnachten bei Donaueschingen aufgefunden worden war, hatte man das Hochpathogene Aviäre Influenza-Virus H5N8 festgestellt. Auch ein Höckerschwan im Landkreis Tuttlingen hatte „deutliche Anzeichen einer Gehirnstörung, wie Kreisbewegungen und Verdrehung von Kopf und Hals“gezeigt.
Um die Seuchenentwicklung beurteilen zu können und eine mögliche Ausbreitung der Vogelgrippe frühzeitig zu erkennen, führt der Landkreis aktuell ein Monitoring durch. Dem Veterinäramt sollen erkrankte oder tote Vögel gemeldet werden. Wasservögel werden als Hauptrisikogruppe eingeschätzt. Greifvögel, Eulen und Rabenvögel kommen als Raubtier und möglicher Aasfresser hinzu. In den vergangenen Wochen wurden neun tote Vögel aus dem Tuttlinger Kreisgebiet am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg auf die Vogelgrippe untersucht. Bei einem Mäusebussard steht das Ergebnis noch aus. Alle anderen Vögel waren nicht mit der Aviären Influenza infiziert.
Das Seuchengeschehen, schreiben Schwab und Laufer, sei bisher auf die Wildvögel beschränkt. Durch die Allgemeinverfügung des Landratsamtes von Ende Dezember – verbunden mit der Aufforderung an die Geflügelhalter, ihre Tiere in Ställen zu halten, habe bisher eine Übertragung auf Hausgeflügelbestände verhindert. Die Tötung von Tieren in Geflügelbetrieben sei nicht notwendig gewesen, berichten Schwab und Laufer. Nach dem Fund des toten Schwans bei Konstanz wird der Kreis die getroffenen Maßnahmen nicht reduzieren. „Die Allgemeinverfügung des Landratsamtes Tuttlingen gilt weiter und ist zunächst bis 15. März 2021 befristet“, teilen die Leiter des Veterinäramtes mit.
Von den Geflügelhaltern seien die Maßnahmen bisher gut angenommen worden. Verstöße gab es nicht. „Die Geflügelhalter im Landkreis Tuttlingen zeigen sich einsichtig und kommen ihrer Verantwortung zum Schutz der eigenen Tiere und der Tiere anderer Halter nach“, erklären Schwab und Laufer. Rainer Duttlinger vom Bioland-Geflügelhof in Hattingen betont. „ Wir nehmen die Vorsichtsmaßnahmen gegen die Geflügelpest sehr ernst. Die Folgen eines Ausbruchs der Geflügelpest sind nicht auszudenken“, sagt er. Fast 8000 Tiere leben auf seinem Hof.
Duttlinger sieht die verfügten Einschränkungen für seinen Betrieb gelassen. Die Hühner genießen zwar regelmäßigen Auslauf auf den großen Freiflächen des Geflügelhofes zum Gras und Körner picken oder ausgiebigen Staubbädern. Doch beim Bau des Hühnerstalles vor fünf Jahren habe er mit einem Wintergarten Vorsorge getroffen, da die Hühner Regen und Schnee nicht mögen. Damit haben die Tiere trotz Stallpflicht viel Auslauf. Zumal der Wintergarten größer bemessen wurde als vorgeschrieben. Auch der mobile Hühnerstall ist mit einem Wintergarten ausgestattet.
Wenn in den nächsten Monaten das Gras wieder wächst, dürfen die Hühner hoffentlich wieder raus, so Duttlinger, der sich der Initiative „Huhn und Hahn“angeschlossen hat und die Aufzucht männlicher Küken ermöglicht. Außerdem will der Geflügelhalter bald die zwei weiteren mobilen Hühnerställe für 1700 Legehennen in Betrieb nehmen.