Schulen im Südwesten bleiben geschlossen
Kretschmann für verschärfte Maßnahmen – Merkel soll an „Mega-Lockdown“denken
(dpa/AFP/ kab) - Die Debatte über eine weitere Verschärfung des Lockdowns nimmt Fahrt auf. Lothar Wieler, der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), kritisierte die aktuellen Einschränkungen am Donnerstag als nicht ausreichend. „Diese Maßnahmen, die wir jetzt machen – für mich ist das kein vollständiger Lockdown, es gibt immer noch zu viele Ausnahmen.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will schon kommende Woche und nicht erst wie geplant am 25. Januar mit den Ministerpräsidenten der Länder über das weitere Vorgehen
in der Corona-Pandemie beraten. Das machte Merkel am Donnerstagabend bei einer CDU-Präsidiumssitzung nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur von mehreren Teilnehmern deutlich. Hintergrund ist die Ausbreitung einer mutierten Variante des Coronavirus.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte indes in Stuttgart: „Wir müssen davon ausgehen, dass wir den Lockdown verlängern müssen.“Die zunächst im Südwesten angedachte Wiederöffnung von Grundschulen und Kitas komme deshalb vorerst nicht infrage. Das heißt: Die Kitas bleiben zu, die Grundschulen auch – und der verpflichtende Fernunterricht im Südwesten geht weiter. Die Entscheidung löste Unmut in der grünschwarzen Koalition aus. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), die sich massiv für eine Öffnung ab dem 18. Januar eingesetzt hatte, äußerte sich kritisch: „Kinder brauchen andere Kinder.“Kretschmann hatte zuvor schon einen früheren Termin als den 25. Januar für die nächsten Beratungen befürwortet. „Wir befinden uns noch nicht in einem Abwärtstrend“, sagte er zu den aktuellen Infektionszahlen. Auch im Südwesten seien erste Fälle der mutierten Viren aufgetreten. Einen Bericht der „Bild“-Zeitung, wonach im Kanzleramt über die Einstellung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs nachgedacht werde, wies Merkel zurück. RKI-Chef Wieler erneuerte derweil seinen dringenden Appell, sich an die Abstands- und Hygieneregeln und regelmäßiges Lüften zu halten. „Die konsequente Umsetzung der Maßnahmen ist wichtiger denn je“, sagte er.
- Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) war angesichts weiterhin hoher CoronaNeuinfektionen vorgeprescht: Ab kommenden Montag gilt für den Freistaat eine FFP2-Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr sowie für den Einkauf in Geschäften. In Baden-Württemberg macht sich die FDP für eine solche Pflicht stark. Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) hatte sich dafür ausgesprochen, die Masken etwa in Pflegeheimen oder öffentlichen Verkehrsmitteln zum Muss zu machen.
Kann der bayerische Weg ein Vorbild für andere Bundesländer sein? Eine knappe Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger würde eine solche Pflicht befürworten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit dem Online-Meinungsforschungsinstitut Civey. Auf die Frage „Sollte in allen Bundesländern eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken im öffentlichen Nahverkehr und in Geschäften eingeführt werden?“antworteten 48,8 Prozent aller Befragten entweder mit „Ja, auf jeden Fall“oder „Eher ja“. 43,8 Prozent reagierten dagegen ablehnend.
Menschen in Baden-Württemberg und Bayern sind sich in der Frage nach einer FFP2-Maskenpflicht im öffentlichen Raum relativ einig. Auch hier gilt: Eine knappe Mehrheit ist dafür. Im Südwesten befürworten 49,9 Prozent einen solchen Schritt, 43,2 Prozent lehnen ihn ab. Im Freistaat, wo die Maßnahme bereits beschlossen ist, wird sie von 49,2 Prozent aller Befragten begrüßt und von 45 Prozent abgelehnt.
Bei FFP-Masken handelt es sich um partikelfiltrierende Halbmasken.
Die Bezeichnung FFP stammt aus dem Englischen (Filtering Face Piece). FFP-Masken werden in drei Kategorien eingeteilt, je nachdem, wie viele Aerosole die Masken filtern können. Kategorie 1 ist am schwächsten, Kategorie 3 am stärksten.
Die Debatte über das verpflichtende Tragen einer solchen Maske offenbart laut der Civey-Umfrage ein deutliches Ost-West-Gefälle.
Während sich die Menschen in den alten Bundesländern ausnahmslos mehrheitlich offen für einen solchen Schritt zeigen, stimmten die Bürger der neuen Bundesländer mit Ausnahme Mecklenburg-Vorpommerns mehrheitlich dagegen. Die größte Ablehnung erfährt die FFP2Maskenpflicht in Sachsen, wo sich rund 57 Prozent der Befragten gegen die Maßnahme aussprachen und nur 35 Prozent dafür.
In der Frage nach einer FFP2Maskenpflicht zeigt sich in der Civey-Umfrage eine GenerationenKontroverse. Mit rund 70 Prozent Zustimmung befürworten Menschen über 65 Jahren eine FFP2-Maskenpflicht. Bei Bürgerinnen und Bürgern zwischen 50 und 64 Jahren sind es nur noch knapp 51 Prozent.
Die Zustimmung sinkt weiter mit dem Alter der Befragten. Unter den 40- bis 49-Jährigen finden nur noch 40 Prozent die Maßnahme gut, bei den 30- bis 39-Jährigen schwindet die Zustimmung gar auf 32 Prozent. Schlusslicht ist die jüngste Gruppe der Befragten zwischen 18 und 29 Jahren. Hier würden nur noch 30 Prozent eine FFP2-Maskenpflicht mittragen, über 61 Prozent lehnen diese aber ab.
An der repräsentativen OnlineBefragung nahmen in der Zeit vom 13. Januar bis zum 14. Januar 2021 insgesamt 32 521 Menschen teil.