Neugestaltung der Donau wird teure Sache
Tuttlingen beauftragt zwei Planungsbüros – Stadt behält sich rechtliche Schritte vor
- Nach dem Abstau ist vor der Neugestaltung. Die Stadt bereitet sich intern schon auf die Zeiten vor, in denen die Wehrklappen am Scala dauerhaft gesenkt werden. Sie hat für erste Ideen zwei Planungsbüros beauftragt, die Grundlagen für den Einstieg in die Diskussion liefern sollen.
Details will Stadtsprecher Arno Specht noch nicht preisgeben, denn als erstes soll der Gemeinderat im Lauf des Frühjahrs informiert werden. Zudem behält sich das Rathaus noch vor, gegen ihre Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Freiburg (wir berichteten) vorzugehen; bislang liegt die schriftliche Begründung des Urteils noch nicht vor.
Allerdings dürften die Chancen der Kommune gering sein, gegen die Nicht-Zulassung der Revision zum
Verwaltungsgerichtshof Mannheim vorzugehen. Und deshalb richtet die Verwaltung schon den Blick nach vorn. Die Kernaufgabe lautet nun: Neugestaltung der Donau im Lauf durch die Stadt.
Da dieser Prozess ökologische und städtebauliche Aspekte hat, hat die Stadt auch zwei unterschiedlich ausgerichtete Planungsbüros beauftragt, die die jeweiligen Auswirkungen in den Fokus rücken sollen. Dabei geht es derzeit noch nicht um konkrete Planungen und Projekte, sondern um, wie Arno Specht sie nennt, „Gedankenstudien“.
Die Planer sollen Diskussionsgrundlagen für den Gemeinderat liefern – immerhin hat die Überplanung der Donau, wie immer sie einmal aussehen mag, erhebliche Auswirkungen auf die Stadt und das Stadtbild. Auch um eventuelle Kosten geht es derzeit – noch – nicht. Klar ist aber auch: Egal wie, auf lange Sicht wird die DonauNeugestaltung für die Stadt Tuttlingen eine teure Angelegenheit.
Fachlich wird die Stadt um einen Abstau nicht herum kommen – das sagt nicht nur das Verwaltungsgericht. Die Wissenschaft setzt sich europaweit verstärkt für frei fließende Gewässer sein; zuletzt hat das angesehene britische Fachmagazin „Nature“eine Studie veröffentlicht, die sich vehement für den Abbau von jeglichen Hindernissen in Flüssen einsetzt.
Die Studie ist ein Projekt der Universität Swansea (Wales), das eine Bestandsaufnahme in 36 Ländern eingeleitet hat. Auf deutscher Seite ist das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin eingebunden. Die Forscherteams haben sich zahlreiche Fließgewässer anschaut und sämtliche Barrieren – von der flachen Furt über kleine und große Wehre bis hin zum Staudamm – in eine Karte eingetragen.
Allein die Donau in ihrem Verlauf durch den Landkreis Tuttlingen weist 18 solcher Barrieren auf, dazu kommen zahllose weitere Sperren in Nebenflüssen und -bächen. Dabei ist die Donau in guter – oder: schlechter – Gesellschaft: Europaweit gibt es 1,2 Millionen solcher Hindernisse, die das freie Fließen verhindern – mit Auswirkungen auf Biodiversität und Wasserqualität. Martin Pusch vom Berliner Leibniz-Institut weist denn auch auf die seit langem „,mäßige“Wasserqualität der oberen Donau hin, die in seiner Karte bis kurz vor Ulm gelb eingezeichnet ist und nicht grün oder gar dunkelgrün.
Auch Pusch, Koautor der Studie, empfiehlt der Stadt Tuttlingen die Umgestaltung und Öffnung des Flussbetts „zu den Menschen hin“, wie er sagt – es gebe gute Chancen, den Fluss „erlebbar“zu machen und gleichzeitig den ökologischen Standard anzuheben.