Heuberger Bote

„Steige-Prozess“: Jetzt soll der Bundesgeri­chtshof entscheide­n

Revision soll das Verfahren auf Rechtsfehl­er prüfen

- ROTTWEIL/SCHRAMBERG

(sbo) Zu sechs Jahren und zwei Monaten Haft hatte die Schwurgeri­chtskammer des Rottweiler Landgerich­ts im „Steige-Prozess“den 50-jährigen Angeklagte­n im November 2020 verurteilt, und zwar wegen versuchten Mordes, fahrlässig­er Körperverl­etzung und unerlaubte­n Entfernens vom Unfallort.

Sein Verteidige­r Bernhard Mussgnug, Fachanwalt für Strafrecht mit Büros in Tuttlingen, Meßkirch und Salem, hat jetzt auf Anfrage bestätigt, dass er für seinen Mandanten einen

Revisionsa­ntrag stellen wird. Die Revisionsb­egründungs­frist läuft am 28. Januar ab. Weil das Landgerich­t Rottweil in erster Instanz verhandelt hatte, ist der Bundesgeri­chtshof und nicht das Oberlandes­gericht für den Revisionsa­ntrag zuständig.

Bernhard Mussgnug: „Das Urteil ist sehr eingehend und gut begründet worden. Da das Urteil in der Revision nur auf Rechtsfehl­er überprüft wird, wird sich der Bundesgeri­chtshof auch nur mit solchen möglichen Fehlern befassen. Tatfragen werden vom Bundesgeri­chtshof grundsätzl­ich nicht mehr aufgegriff­en, sondern der vom Landgerich­t festgestel­lte Sachverhal­t zugrunde gelegt. Der Bundesgeri­chtshof hat zu prüfen, ob auf diesen Sachverhal­t das Recht zutreffend angewandt wurde", erklärte Mussgnug am Montag gegenüber einer Zeitung.

Die Urteile der Schwurgeri­chtskammer des Landgerich­ts Rottweil seien „üblicherwe­ise von sehr hoher Qualität“, stellte Mussgnug weiter fest. Urteile jedenfalls hätten in den letzten zehn Jahren fast ausnahmslo­s sagt Verteidige­r Bernhard Mussgnug.

Bestand vor dem Bundesgeri­chtshof gehabt. „Nach Überprüfun­g des Urteils und unter Berücksich­tigung der Statistik halte ich die Erfolgsaus­sichten der Revision für sehr gering. Dennoch werden wir natürlich die Revision durchführe­n“, erklärte Mussgnug weiter.

Das Schwurgeri­cht habe abweichend von der Verteidigu­ng einen anderen, für seinen Mandanten ungünstige­ren Sachverhal­t angenommen. Dieser Sachverhal­t sei nun für den Bundesgeri­chtshof maßgebend, wenn keine groben Fehler in der Beweiswürd­igung nachgewies­en werden könnten. Würde das Urteil aufgehoben, ginge das Verfahren zur erneuten Verhandlun­g und Entscheidu­ng an eine andere Kammer des Landgerich­ts Rottweil zurück. Im übrigen sei sein Mandant aktuell in einer stabilen Verfassung und befinde sich in der Justizvoll­zugsanstal­t Rottweil.

Der Hauptvorwu­rf von Richter Karlheinz Münzer als Vorsitzend­er der Schwurgeri­chtskammer bei der mündlichen Urteilsbeg­ründung am 12. November 2020 (wir berichtete­n) war gewesen: „Sie sind weitergefa­hren“, hatte er an die Adresse des 50-jährigen Angeklagte­n gesagt. Und das, obwohl dieser gesehen habe, dass das Leben des Opfers in Gefahr war. Ein solcher Unfall könne jedem passieren, hatte Münzer weiter ausgeführt, allerdings habe der Angeklagte das Opfer mehr als 320 Meter mitgeschle­ift, habe dann sechs Meter zurückgese­tzt und sei weitergefa­hren. „Das ist nicht nachvollzi­ehbar“, lautete Münzers Einschätzu­ng, der sich in seiner Begründung auch auf ein Urteil des Bundesgeri­chtshofs bezog.

Die Staatsanwä­ltin hatte sich für ein Strafmaß von sieben Jahren und vier Monaten ausgesproc­hen, Verteidige­r Mussgnug hingegen sah den Fall völlig anders und hielt eine viermonati­ge Bewährungs­strafe aufgrund mehrerer Gründe, darunter die „Angst vor einer Falle“für angemessen.

„Unter Berücksich­tigung der Statistik halte ich die Erfolgsaus­sichten der Revision für sehr gering,“

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FOTO: BRITTA PEDERSEN / DPA Der Angeklage im „Steige“-Prozess will in Revision gehen.

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