Ausbreitung des Bibers gefällt nicht jedem
Unbekannte wollen den Tieren mit Gift und Scherben schaden – Strafverfolgung schwierig
- Vergiftete Brötchenreste, so in der Natur gestreut, dass sie eigentlich nur einem gelten konnten: dem Biber. Vor etwa zwei Wochen ist der Vorfall passiert, in einem entlegenen Gebiet in Seitingen-Oberflacht. Nicht zum ersten Mal waren Biber Ziel einer Attacke, denn sie breiten sich mehr und mehr aus – und das gefällt nicht jedem.
Über den Vergiftungsversuch will Bettina Sättele, Biberbeauftragte im Regierungspräsidium Freiburg, eigentlich gar nicht gerne sprechen. Für sie, deren Auftrag es ist, Biber und Menschen ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen, ist er ärgerlich – und traurig. „Die Aggressivität hat zugenommen“, sagt Sättele. Immer mal wieder kämen solche Attacken gegen Biber vor. Sie kann sich an einen ähnlichen Fall im Landkreis Waldshut vor einigen Jahren erinnern. Oder an Schlingen und andere Fallenstellerei im Landkreis Rottweil. Und ein zweiter Fall aus dem Landkreis Tuttlingen liegt noch gar nicht lange zurück: Im Oktober legten Unbekannte Scherben auf einem Biberdamm zwischen Durchhausen und Seitingen-Oberflacht aus.
Wer hinter diesen Taten steckt, bleibt oft ein Rätsel. Auch im aktuellen Vergiftungsfall hat die Polizei bislang keine brauchbaren Hinweise bekommen – was wohl auch daran liegt, dass der Schnee den Tatort schnell bedeckt hat. „Wir sammeln trotzdem weiterhin Hinweise. Wem etwas aufgefallen ist, der soll sich lieber einmal zu viel melden als zu wenig“, sagt Sandra Kratzer aus der Pressestelle des Polizeipräsidiums Konstanz.
Was die Strafverfolgung noch schwierig macht: das Gift überhaupt nachzuweisen. „Wir haben nur wenig Material, das wir überhaupt untersuchen können“, sagt Berthold Laufer, stellvertretender Leiter des Veterinäramts. Dieses Material – Weizenkörner aus dem Brötchen, das Hunde versehentlich gefressen, aber wieder erbrochen hatten – wird nun in einem Labor toxikologisch auseinandergenommen. „Man kann aber nicht einfach auf Gift untersuchen, da gibt es verschiedene Giftgruppen, die man suchen muss“, erläutert Laufer.
Noch liegt der Befund nicht vor. Selbst wenn, bleibt diese Information aber unter Verschluss, weil sie in die Kategorie „Täterwissen“falle, sagt Polizeisprecherin Kratzer. Sollte man den oder die Täter erwischen, droht ein Strafverfahren. Weil Biber als besonders geschützte Tiere gelten, fallen sie unter das Bundesnaturschutzgesetz. Darin wird das Nachstellen, Töten oder Verletzen solcher Tiere als Straftat angesehen. Vor Gericht kann je nach Schwere der Tat eine Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren verhängt werden. Allerdings: „Einen toten Biber zu finden, ist schwierig“, sagt Laufer. „Wenn ein Biber verletzt oder krank ist, zieht er sich in seine Burg zurück und stirbt dort.“
Die Motivation für solche Taten können sich die Beteiligten nur schwer erklären. „Natürlich verstehe ich, dass es ärgerlich ist, wenn Ländereien wegen eines Biberdamms überflutet werden“, sagt Sättele, „aber wir schlafen nicht.“Das Bibermanagement des Landes sehe viele Zugeständnisse für Landwirte und andere Beteiligte vor, sagt Sättele, in 90 Prozent der Fälle würden Biberdämme abgesenkt oder ganz abgebaut. „Aber man muss natürlich immer sehen, dass das auch ein Eingriff für andere Lebewesen und in das Gewässer ist“, sagt Sättele. In Konflikten stehe sie als Ansprechpartnerin immer zur Verfügung und suche in Absprache mit den Kommunen nach Lösungen. Auch Ehrenamtliche unterstützen sie.
Insgesamt hat sich der Biber im Landkreis Tuttlingen laut Sättele inzwischen flächendeckend ausgebreitet. An der Donau, der Prim, der Elta, dem Faulenbach und vielen anderen Gewässern seien die Tiere heimisch. Die Reviere dehnen sich über ein bis zwei Kilometer entlang der Flüsse aus. Aktuell sei von den Bibern aber wenig zu sehen, sagt Sättele. „Sie ziehen sich im Winter in ihre Baue zurück.“